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Afghanische Asylbewerber ausgeflogen Innenminister verteidigt Abschiebung

In der Nacht sind 15 abgelehnte afghanische Asylbewerber vom Münchner Flughafen nach Kabul geflogen worden. Mehr als 200 Menschen demonstrierten gegen die Sammelabschiebung. Das bayerische Innenministerium verteidigt die Abschiebung.

Von: Birgit Grundner, Hans Häuser, Christine Kerler, Lorenz Storch

Stand: 28.03.2017

München, 27. März 2017: Protest am Flughafen gegen geplante Abschiebung von Afghanen | Bild: BR / Birgit Grundner

Für Bayerns Innenminister Joachim Herrmann gibt es keinen Anlass, die Abschiebungen nach Afghanistan in Frage zu stellen. Es gebe dort gesicherte Provinzen, in die abgelehnte Asylbewerber zurückgeführt werden könnten, so laute die korrekte Bewertung der Lage durch den Bund. Bedrohungen durch radikale Kräfte seien nicht allein ein Problem Afghanistans, sondern in vielen Teilen der Welt, sagte Herrmann.

"Bei den Abgeschobenen handelte es sich ausnahmslos um allein stehende Männer. Einige von ihnen waren in ihrem Gastland auch straffällig geworden", teilte das bayerische Innenministerium mit.

Protest von Demonstranten und den Grünen

Der Bayerische Flüchtlingsrat hatte zuvor zu einer Protestaktion am Flughafen aufgerufen. Etliche Demonstranten waren ins MAC-Forum zwischen den beiden Terminals gekommen. Sie bildeten eine Menschenkette, verteilten Flyer und brachten mit Transparenten und Redebeiträgen ihren Unmut gegen die Abschiebungen zum Ausdruck.

Unterdessen hat auch die Fraktionsvorsitzende der bayerischen Landtags-Grünen, Katharina Schulze, gegen die Abschiebung protestiert:

"Afghanistan ist kein sicheres Land. Wir fordern Ministerpräsident Seehofer auf, einen Stopp einzureichen, dass keine geflüchteten mehr nach Afghanistan abgeschoben werden, und darüber hinaus muss endlich der SPD-Außenminister eine Neubewertung der Sachlage in Afghanistan vornehmen."

Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der bayerischen Landtags-Grünen

Mahnwache vor Mühldorfer Abschiebegefängnis

Protest am Sonntag in Mühldorf

Bereits am Sonntag hatten in Mühldorf am Inn über 400 Menschen vor dem Abschiebegefängnis demonstriert - eine Zahl, die so nicht erwartet worden war. Nach dem Ende dieser Aktion hielten Protestanten vor der Haftanstalt in der Nacht eine Mahnwache ab.

Thomas Nowotny von der Bayerischen Ärzteinitiative für Flüchtlingsrechte sagte, die Veranstaltung sei ein eindrucksvoller Beweis gewesen, dass man sich hinter die Schutzsuchenden stelle. Ein von der Abschiebung bedrohter afghanischer Flüchtling habe gerade einen Selbstmordversuch hinter sich. Wenigstens seine Abschiebung müsse sich doch verhindern lassen, so Nowotny. Außerdem seien Rückführungen in Kriegs- und Krisengebiete generell illegal.

Grünen-Landeschefin Hagl fordert dreimonatigen Abschiebestopp

Rund 400 Menschen protestierten vor dem Mühldorfer Abschiebegefängnis

Mehrere Redner forderten einen sofortigen Abschiebestopp, unter anderem die Grünen-Landeschefin Sigi Hagl. Sie verlangte von der Bundesregierung, die Lage neu zu bewerten. In Afghanistan sei es nirgends sicher. Die Bayerische Staatsregierung müsse Abschiebungen nach Afghanistan für drei Monate aussetzen. Dies sei rechtlich möglich, so Hagl.

Wie sicher ist Afghanistan?

Die Bundesregierung sieht die Lage in Afghanistan anders, ebenso die bayerische Staatsregierung. Vor "normalen" Reisen nach Afghanistan warnt das Auswärtige Amt allerdings eindringlich. Aus Sicht der Abschiebungsgegner ist das ein Widerspruch.

Trotz deren Kritik sowie lautstark geäußerter Einwände von Sozialverbänden, NGOs, Grünen und Linken sowie einiger Kirchenvertreter wollen Bayern und Bund bei Abschiebungen und auch bei Sammelabschiebungen die Schlagzahl deutlich erhöhen. Bereits vor einem Monat wurden 18 abgelehnte Asylbewerber von München nach Kabul geflogen.

Der Organisator der Kundgebung, Thomas Nowotny, will auf eine Online-Petition gegen Afghanistan-Abschiebungen aufmerksam machen: Bisher unterstützen gut 66.000 Menschen die Petition - Nowotny fordert nun alle auf, Protestbriefe an Joachim Herrmann zu schreiben.


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