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Stalking-Mord von München-Giesing Hinweise nach Fernsehsendung "Aktenzeichen XY"

Der Mord an der 45 Jahre alten Tsin-ieh L. war am Donnerstagabend Thema in der ZDF-Fahndungssendung Aktenzeichen XY. Laut Polizei gab es einige Hinweise zu dem mutmaßlichen Mörder, der noch immer auf der Flucht ist.

Von: Henning Pfeifer, Gerhard Brack

Stand: 10.11.2016

München: Eine Frau ist am Nachmittag im Stadtteil Obergiesing einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen. Anwohner des Mehrfamilienhauses, in dem das Opfer wohnte, alarmierten die Polizei. Sie hatten die Frau blutüberströmt im Eingangsbereich des Wohnhauses entdeckt, ein Notarzt konnte ihr nicht mehr helfen. Die Polizei fahndet nach einem jungen Mann, von dem es aber keine genaue Beschreibung gibt. Um den Weg des Täters zu erfahren, setzte die Polizei einen Spürhund ein, der sie zu einem U-Bahnhof führte. Dort endete offenbar die Spur. Spezialisten der Spurensicherung waren bis zum Abend am Tatort, wo das Messer sichergestellt wurde.  | Bild: BR/ Henning Peifer

Bereits während der ZDF-Fahndungssendung "Aktenzeichen XY... ungelöst" sind Anrufe zu dem mutmaßlichen Stalking-Mord von München eingegangen. "Wir haben eine zweistellige Zahl an Hinweisen erhalten", sagte ein Sprecher des Münchner Polizeipräsidiums. Ob eine heiße Spur dabei sei, werde derzeit überprüft. Verschiedene Menschen haben sich gemeldet, die glauben, den 45 Jahre alten Tatverdächtigen in den vergangenen Tagen gesehen zu haben.

Schon sehr bald nach dem Mord vom 16. August hatte die Polizei die Suche nach dem mutmaßlichen Täter auch auf die Alpen ausgeweitet. Mit Fahndungsplakaten in bayerischen Berghütten sollen Wanderer und Mountainbiker in die Suche einbezogen werden. "Es ist bekannt geworden, dass der Tatverdächtige eine gewisse Affinität zu den Bergen hat", sagte Gottfried Schlicht vom Polizeipräsidium München zur Begründung. Darum sei nicht auszuschließen, dass er sich dort aufhalte.

Der 45-Jährige soll seine gleichaltrige Ex-Partnerin vor deren Haustür im Münchner Stadtteil Obergiesing erstochen haben. Er hatte der Frau jahrelang nachgestellt. Anwohner des Mehrfamilienhauses in der Bayrischzeller Straße 5, in dem das Opfer wohnte, alarmierten am Tattag um 15.35 Uhr die Polizei. Sie hatten Schreie gehört, die Frau blutüberströmt im Eingangsbereich des Wohnhauses entdeckt, ein Notarzt brachte sie noch nach draußen, um dort besser reanimieren zu können, konnte ihr aber nicht mehr helfen. Als die Polizei eintraf, war die Frau noch bei Bewusstsein gewesen, "wenn auch kaum noch ansprechbar", so der Leiter der Mordkommission, Markus Kraus.

Dieser Mann wird gesucht:

Die Polizei fahndet nun nach dem 45 Jahre alten Roland B.. Er ist dringend tatverdächtig, seine gleichaltrige ehemalige Lebensgefährtin getötet zu haben.

Es besteht die Möglichkeit, dass der Tatverdächtige einen kurz geschnittenen Oberlippen-Kinnbart trägt.

Wer Angaben zum Aufenthaltsort des Tatverdächtigen oder sonstige Angaben zu seiner Person machen kann, wird gebeten sich mit dem Polizeipräsidium München unter 089 / 29 10 - 0 oder jeder anderen Polizeidienststelle in Verbindung zu setzen.

Um den Weg des Täters zu erfahren, setzte die Polizei einen Spürhund ein, der sie zum U-Bahnhof Untersbergstraße führte. Dort verlor sich die Spur. Spezialisten der Spurensicherung waren bis zum Abend am Tatort, wo das Messer sichergestellt wurde, 20 bis 25 Zentimeter lang.

Trennung als mögliches Motiv

Anwohner berichteten Journalisten, dass die Frau zuletzt Angst vor ihrem früheren Lebensgefährten gehabt haben soll. Dieser hätte ihr massiv nachgestellt. Mitunter soll sich die 45-Jährige nur in Begleitung nach Hause getraut haben. Die Beziehung lag allerdings schon sechs Jahre zurück und hatte auch nicht lange gedauert, berichtete die Polizei auf einer Pressekonferenz. Sie hält den Mann für den Täter.

"Er ist nach wie vor flüchtig. Das Motiv für die Tat dürfte trotz der lange zurückliegenden Trennungszeit immer noch in der Trennung liegen, so dass wir davon ausgehen, dass er die Trennung nicht verkraftet hat und auch immer wieder Kontakt gesucht hat."

Kriminaloberrat Markus Kraus, Leiter Mordkommission

Strafanzeigen, Verurteilung, aber kein Schutz

Die Frau erstattete immer wieder Anzeige bei der Polizei, weil ihr ehemaliger Freund ihr nachstellte - zunächst noch am früheren Wohnort Wolfratshausen. Der jetzt Tatverdächtige wurde 2014 schon einmal wegen Nachstellung zu einer Geldstrafe verurteilt, es gab Kontaktverbote. Auch aktuell wurde noch eine weitere Anklage gegen ihn vorbereitet, für Donnerstag (18.08.16) war eine Verhandlung angesetzt.

Es habe aber keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass es schon zu Gewaltanwendung gekommen sei, so Staatsanwalt Florian Weinzierl. Daher habe es auch keine Möglichkeit für einen Haftbefehl gegeben.

"Wenn nichts passiert, ist es halt oftmals auch schwierig, was zu machen."

Markus Kraus, Leiter Mordkommission

Reifen zerstochen, Türschloss verklebt

Die Polizei sah in dem mutmaßlichen Täter auch vor der Tat schon einen Gefährder und führte - leider erfolgos - sogenannte Gefährderansprachen mit ihm durch. Trotzdem suchte der Täter weiter die Nähe der Frau, so die Polizei.

"Die Probleme in der Beziehung, soweit sie aktenkundig wurden, fingen 2012 an."

Staatsanwalt Florian Weinzierl

Im April 2016 hatte die Frau in ihrem Umfeld schon Zettel verteilt, in denen sie darüber berichtete, dass sie bedrängt wurde und darum bat, die Haustür geschlossen zu halten und ihr Bescheid zu sagen, wenn sich fremde Personen im Haus aufhielten.

Es wurden zwar Reifen zerstochen, auch das Türschloss wurde einmal verklebt, doch es ist unklar, ob der Tatverdächtige dahinter steckte, so die Polizei. Phasenweise habe sich der Mann jedenfalls an die gerichtlichen Vorgaben gehalten, so Staatsanwalt Florian Weinzierl.

Der Mann soll ursprünglich aus Norddeutschland stammen, lebte seit 2013 in München und war hier als Architekt beschäftigt. Geflohen sei er eher überhastet als geplant, so die Polizei.

Die Frau, die aus Thailand stammen soll, lebte seit mehreren Jahren in dem Haus und hatte ebenfalls als Architektin gearbeitet. Laut Polizei besaß sie einen deutschen Pass.


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Hans Holtz, Donnerstag, 01.September 2016, 21:00 Uhr

1. Es muss leider erst das Kind in den Brunnen gefallen sein...

Es ist leider so, dass es erst zu einem Verbrechen kommen muss, ehe die Polizei reagieren kann. Das Stalken wird in Deutschland genauso lässig abgetan, wie ähnlich absurde Aktionen, die in anderen Ländern bereits geahndet werden.

  • Antwort von M.Mustermann, Samstag, 03.September, 23:39 Uhr

    Ja, es muss erst zum Äußersten kommen bei uns in Deutschland, bevor das Gesetz das Opfer wirksam schützt! ... ist aber doch nicht so schlimm - handelt es sich doch meist 'nur' um Frauen!