OECD-Bildungsbericht Gute Chancen - aber nicht für alle
In kaum einem anderen Industrieland gehen so viele junge Leute zur Schule, sind in Ausbildung oder haben einen Job wie in Deutschland. Trotzdem gibt es weiterhin viele Jugendliche mit schlechten Chancen: Der Anteil von Menschen ohne qualifizierten Abschluss stagniert seit Jahren.
Die Stärke des deutschen Bildungssystems ist der reibungslose Übergang von der Ausbildung in den Beruf. Laut der jüngsten OECD-Studie "Bildung auf einen Blick" ist der Anteil der Jugendlichen, die entweder eine Ausbildung machen oder erwerbstätig sind, in kaum einem anderen OECD-Land höher als in Deutschland; nur in Island, der Schweiz, Luxemburg und den Niederlanden sind es mehr.
OECD lobt "vorbildliche berufliche Bildung"
Das könne nicht nur auf die gute wirtschaftliche Lage zurückgeführt werden, sagte der Direktor für Bildung bei der OECD, Andreas Schleicher, sondern sei auch Ergebnis der beruflichen Bildung, die international als vorbildlich gelte. Immer mehr junge Menschen streben auch einen höheren beruflichen oder akademischen Abschluss an: Zwischen 2005 und 2015 stieg der Anteil von 22 auf 30 Prozent.
Bei der Bildung wird gespart
Gleichzeitig aber gibt der Staat gerade für diesen Sektor immer weniger Geld aus, weniger noch als 2008. Zwar seien die Ausgaben gestiegen, erläutert Schleicher, aber nicht so stark wie die Zahl der Studien- und Ausbildungsplätze. Die Ausgaben pro Studierendem sanken in der Folge in vergleichbarem Umfang wie in Spanien während der Finanzkrise, so der Vorwurf Schleichers.
Und auch im Vergleich zur wirtschaftlichen Stärke Deutschlands sind die Bildungsausgaben unterdurchschnittlich: So gaben die 35 OECD-Länder im Durchschnitt 4,8 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für die Bildung aus. Deutschland liegt mit 4,2 Prozent deutlich darunter - ebenso wie die Krisenstaaten Spanien und Italien mit 3,7 Prozent. Schlusslicht im Vergleich ist Ungarn mit 3,3 Prozent, an der Spitze liegt Norwegen mit 7,3 Prozent.
Der Anteil der Nicht-Ausgebildeten bleibt konstant
Schlechter schneidet Deutschland ab, wenn man anschaut, wie der Anteil der Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung oder Abitur sich entwickelt hat: Er beträgt bei den heute 25- bis 34-Jährigen 13 Prozent – und liegt damit fast ebenso hoch wie bei den 55- bis 64-Jährigen. In dieser Generation sind 14 Prozent ohne Ausbildung.
In anderen Ländern konnte der Anteil dieser Geringqualifizierten deutlich verringert werden: in Österreich etwa von 23 auf 10 Prozent, in der Schweiz von 16 auf 8 Prozent.
Disput um die Forschung
Etwas höher fällt der Betrag aus, wenn man die in Deutschland recht hohen Forschungsaufwendungen mit einbezieht - die aber nach Ansicht der OECD den Studierenden nicht direkt zugutekommen. Eine Argumentation, die Bundesbildungsministerin Wanka so nicht gelten lassen will:
"Man kann in Deutschland nicht sagen – das wäre völlig verquer: Wir rechnen die Forschungsleistungen raus. Weil das ist die Stärke unseres akademischen Systems!"
Johanna Wanka
Für Kritik der OECD sorgt auch der nach wie vor hohe Anteil jener, die gar keinen qualifizierten Abschluss haben. Dieser Anteil habe sich in den vergangenen Jahrzehnten kaum verändert, sagt Schleicher: Bei den heute 25- bis 34-Jährigen liege er bei 13 Prozent – exakt der gleich Werte wie bei den 55- bis 64-Jährigen.
Bedeutung der frühkindlichen Bildung
Auch deswegen spiele die frühkindliche Bildung eine so große Rolle, sagt Schleicher, aber die, die von vorschulischer Bildung profitieren könnten, bekämen davon zu wenig. Der private Finanzierungsanteil liege in diesem Bereich bei einem Viertel - mehr als in anderen untersuchten Ländern. Doch während die meisten Staaten von gut verdienenden Bildungsgewinnern erwarten würden, dass diese sich an den Kosten ihres Studiums beteiligen, bitte man in Deutschland die Jüngsten zur Kasse. Auch bei den Grundschulen seien die Ausgaben pro Schüler unterdurchschnittlich.
Bildungsministerin Wanka sieht hier die Länder in der Pflicht.
"In meinem Etat von den 1,2 Milliarden Bafög-Mitteln: die können für Schule eingesetzt werden. Es ist eine Entscheidung der Länder, sie einzusetzen oder nicht, die stehen in meinem Etat und die sind – weil sie nicht von den Ländern eingebracht werden müssen – verfügbar. Und ich denke, was wir – auch was wir im Bereich des Kita-Ausbaus jetzt gemacht haben, die 400 Millionen – dass wir sehr wohl als Bundesregierung auch diese Bereiche unterstützen."
Johanna Wanka
Wanka spricht insgesamt von positiven Entwicklungen, Deutschland habe ein stabiles, leistungsfähiges Bildungssystem, sagt sie, fügt allerdings hinzu:
"Aber diese positiven Entwicklungen müssen auch in der Zukunft Bestand haben – und in manchen Punkten, wie Bildungsgerechtigkeit, haben wir noch eine ganze Menge Luft nach oben. Aber ich glaube, darum bemühen sich der Bund mit seinen Möglichkeiten und vor allem die Länder mit ihrer Schulhoheit."
Johanna Wanka
Kommentieren
Lutz Schnelle, Samstag, 17.September 2016, 16:27 Uhr
3. Glauben heißt das Schaf
Bildung wird zwar wertfrei eingesetzt, bezieht sich aber ausschließlich auf das Schleifen der Kinder und Jugendlichen zur Integration in die europäische Wirtschaftsmaschine. Die gibt vor, was Bildung zu sein hat. Die Kinder werden systematisch verarmt, unkreativ, süchtig nach Digitalmedien, emotional verdummt und fremdbestimmt!
Die Chefredakteuere der ÖRR dürfen ihre Journalisten übrigens nicht zur Vorlage ihrer Arbeiten zwingen. Für Journalisten gilt: eine Zensur findet nicht statt!
Fangt mal selber an zu denken, statt nur den Quark korrumpierter Minister und habsüchtiger Bosse breitzutreten. Ihr habt das Recht dazu!
Fangt auch endlich an zu lesen, z.B. Adoux Huxleys Schöne neue Welt! Der beschreibt genau das EU-Wirtschaftsreich, Gentechnik, Menschenzucht, Unterdrückung und Ideologisierung mit Science Fiction! Es gab schon Bemühungen, Huxlex zu verbieten! Warum hört man nichts mehr von dem?
Das Gute, auch Wissenschaft ist Aberglaube, hier entkommt keiner!
Motzki, Donnerstag, 15.September 2016, 18:01 Uhr
2. Bildungsgerechtigkeit??
Da ist es wieder, dieses unsägliche Wort "Bildungsgerechtigkeit".
Was soll uns diese Worthülse sagen?
Bildung steht jedem zur Verfügung. Wir haben ein Schulsystem, das von jedem genutzt werden kann. Jeder hat die Chance, in einer Schule, die seinen Fähigkeiten und Neigungen entspricht, gefördert und gefordert zu werden. Chancengleichheit besteht also. Das System ist offen - es gibt den zweiten Bildungsweg; niemand endet in einer Sackgasse.
Was ist daran ungerecht?
Man muß sich aber auch einbringen. Bildung wird nicht auf dem Silbertablett serviert, Bildung wird erworben. Das ist aber nicht ungerecht, das ist einfach so.
Antwort von Truderinger, Donnerstag, 15.September, 21:34 Uhr
Richtig, und wer seine Chance nicht nutzt, sollte später nicht über Altersarmut jammern und die Schuld auf Schwächere schieben!
Antwort von N. Schöttl, Freitag, 16.September, 06:47 Uhr
@Motzki und @Truderinger
Da muss ich Ihnen leider widersprechen. Die Schulen stehen zwar allen Kindern gleichermaßen zur Verfügung, doch die Voraussetzungen an einen guten Schulabschluss zu kommen, die sind durchaus durchwachsen. Während das eine Kind zu Hause ein eigenes Lernzimmer hat, so müssen andere Kinder oft ihre Zimmer teilen und können so nicht ungestört lernen. Auch spielt die Psyche der Kinder eine große Rolle. Es hat ja nicht ein jedes Kind ein dickes Fell. Da spielen einfach viele Dinge eine Rolle: das Essen, die Kleidung, die Lehrbücher, die Jahreszeit etc. pp. Natürlich hängt es auch stark vom Lehrer ab, ob ein Kind motiviert ist oder nicht. Im Prinzip gebe ich Ihnen aber Recht: Bildung wird erworben.
N. Schöttl, Donnerstag, 15.September 2016, 17:26 Uhr
1. Man nehme ...
... eine Brise Salz, Milch und nen Kochlöffel aus Holz. Hübsches Bild und gute Teamarbeit!