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Oktoberfest-Attentat SPD und Grüne fordern Zusammenführung der Akten

SPD und Grüne im Bayerischen Landtag haben erneut eine Wiederaufnahme der Ermittlungen zum Oktoberfestattentat gefordert. Darüber hinaus wollen sie, dass alle Akten der Justiz und der Sicherheitsbehörden zusammengeführt werden.

Stand: 25.11.2011 | Archiv

Oktoberfest während der Trauerfeierlichkeiten 1980 für 24 Stunden unterbrochen | Bild: picture-alliance/dpa

In einem Brief der beiden Abgeordneten Florian Ritter (SPD) und Sepp Dürr (Grüne) an Bayerns Innenminister Joachim Herrmann heißt es, in den vergangenen Jahrzehnten seien von Opferanwälten und Journalisten immer wieder neue Erkenntnisse zutage gefördert worden. Deswegen sei es sinnvoll, dass die Akten von Justiz und Sicherheitsbehörden zusammengeführt würden, damit auch die Opferanwälte uneingeschränkten Zugriff darauf haben.

In dem Schreiben, das auch von den SPD- und Grünen-Fraktionsvorsitzenden unterschrieben ist, verweisen Ritter und Dürr darauf, dass für die Beurteilung des Oktoberfestattentats möglicherweise auch Stasi-Akten sowie Informationen des Verfassungsschutzes und des Militärischen Abschirmdienstes hilfreich wären. Deswegen fordern die beiden Abgeordneten, das LKA solle diese Sicherheitsakten und Informationen anfordern und zu den Ermittlungen hinzuziehen. Zeitgleich wandten sich Ritter und Dürr mit entsprechenden Bitten an Generalbundesanwalt Harald Range sowie an Roland Jahn, den Bundesbeauftragten für die Unterlagen der Staatssicherheitsbehörden der ehemaligen DDR.

Stadtrat fordert: Rechtsextremismus beleuchten

Der Münchner Stadtrat hatte Anfang der Woche einen Antrag einstimmig verabschiedet, der eine Wiederaufnahme der Ermittlungen fordert. Die Vollversammlung stimmte einem entsprechenden Antrag der Fraktion Die Grünen/Rosa Liste zu, entsprechende Forderungen an die Bundesanwaltschaft zu stellen. Ein rechtsextremer Hintergrund sei bislang nicht beleuchtet worden, kritisierte der Fraktionsvorsitzende Siegfried Benker. Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) pflichtete ihm bei: Die aktuelle Entwicklung werfe die Frage auf, ob es nicht auch bei dem Attentat in München schwerwiegende Versäumnisse durch die Behörden gegeben habe.

Zuvor hatte bereits die CSU-Fraktion im Münchner Stadtrat die Bundesanwaltschaft in einem Brief aufgefordert, eine Wiederaufnahme der Ermittlungen zu prüfen. "Möglicherweise liegen in dem Archiv des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR Unterlagen oder andere Indizien vor, die neue Erkenntnisse bringen könnten. Sollte nur der geringste Zweifel an der Theorie der Einzeltäterschaft noch im Raum stehen, so sind weitere Ermittlungen durch die Generalbundesanwältin anzustreben", schrieb der Fraktionsvorsitzende Josef Schmid.

Generalbundesanwalt: Kein Anlass für neue Ermittlungen

Man verstehe natürlich, dass die aktuelle Diskussion Erinnerungen an den Wiesn-Anschlag wachrufe, hieß es von Seiten der Bundesgeneralanwaltschaft. Sie ermittelt seit der Explosion eines Hauses in Zwickau gegen die Täter der getöteten Polizistin aus Heilbronn und der NSU-Morde. "Beim Oktoberfest-Attentat herrscht allerdings der Status quo", sagte ein Sprecher zu BR.de: "Wir sehen derzeit keinen Anlass für neue Ermittlungen."

Offizielle Version ist immer noch, dass am 26. September 1980 der Rechtsextremist Gundolf Köhler als Einzeltäter die Bombe zündete. Dabei kam er selbst um und riss zwölf Menschen mit in den Tod. Mehr als 200 Personen wurden verletzt - der schwerste Terrorakt der deutschen Nachkriegsgeschichte. Inzwischen tauchten aber Berichte über Stasi-Unterlagen auf, die ein neues Bild ergeben könnten.

DDR-Spione beobachteten die rechte Szene in der BRD

Die Stasi-Akten hatte zuvor auch schon Tobias von Heymann gewälzt. Daraus entstand sein 2008 veröffentlichtes Buch "Die Oktoberfest-Bombe". Der Autor will dabei herausgefunden haben, wie intensiv DDR-Spione die rechte Szene der Bundesrepublik observierten und sogar Geheimdienstaktivitäten beobachteten. Bezüge zwischen Neonazis und dem Wiesn-Attentat werden in dem Buch nahegelegt, Beweise fehlen allerdings.

Viele Ungereimtheiten

Mitglieder der Wehrsportgruppe Hoffmann 1978 auf dem Grundstück von Karl-Heinz Hoffmann in Ermreuth bei Nürnberg

Dass Beweise fehlen, könnte auch damit zusammenhängen, dass die Bundesanwaltschaft 1997 die in amtliche Verwahrung genommenen 501 Asservate (Verwahrstücke) vernichtete - und das trotz widersprüchlicher Zeugenaussagen und ungeklärter Fragen. Der SPD-Politiker Klaus Hahnzog bezeichnete das als "besonders unverständlich, einen Skandal. Das widerspricht den Normalabläufen".

Die Ermittlungen zum Attentat hatte die Bundesanwaltschaft damals nach zwei Jahren eingestellt: Köhler sei ein von einer Persönlichkeitskrise und Unzufriedenheit mit dem System getriebener Einzeltäter, lautete die Begründung. Bis heute herrschen jedoch Zweifel, ob Köhler den Anschlag allein geplant und begangen haben kann. Manche vermuten, dass auch hier Rechtsterroristen hinter dem Terrorakt standen. Köhler war einst Sympathisant der später verbotenen rechtsextremistischen "Wehrsportgruppe Hoffmann".


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