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NPD In der Krise, aber nicht ungefährlich

Extremer Wählerschwund und leere Kassen: Die NPD erlebte schon bessere Zeiten. Dazu kommen noch interne Konflikte der Partei. In Bayern versucht es die NPD mit dem neuen Landesvorsitzenden Karl Richter. Der strebt offenbar wieder verstärkt die Zusammenarbeit mit den gewaltbereiten Neonazis der sogenannten Freien Kameradschaften an.

Von: Ernst Eisenbichler

Stand: 03.02.2014 | Archiv

Parteilogo "NPD" | Bild: Montage: BR

Durch die rechtsextreme Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) geht schon seit Jahren ein Riss. Die einen wollen raus aus der martialischen Springerstiefel- und Glatzenecke. Sie bevorzugen ein Auftreten in bürgerlichem Gewande mit Schlips und Kragen, um die gesellschaftliche Mitte nicht zu verschrecken und aus ihr Wählerstimmen zu fischen. Die anderen "finden das gegenwärtige Erscheinungsbild nicht radikal genug", beobachtet der Politikwissenschaftler Hajo Funke.

Aus der NPD ausgetreten: Ex-Bundesvorsitzender Holger Apfel

Holger Apfel trat für ein moderates Auftreten der NPD in der Öffentlichkeit ein - und erntete dafür aus einem Teil der Partei harte Kritik. Nach langen Querelen in der NPD legte Apfel im Dezember 2013 zunächst sein Amt als Bundesvorsitzender nieder - aus "gesundheitlichen Gründen", wie es hieß. Kurze Zeit später trat er aus der Partei aus. Partei und rechte Szene hätten ihn "mit ihren fortwährenden politischen Grabenkämpfen und persönlichen Hasskampagnen zunehmend müde und krank werden lassen", schrieb Apfel.

Neuer Landeschef will mit Kameradschaften kooperieren

Karl Richter, neuer Chef der bayerischen NPD und BIA-Stadtrat in München

Auch in Bayern bietet die NPD ein uneinheitliches Bild: Einst hatte es eine strategische Allianz zwischen freien Radikalen und den Rechtsextremen innerhalb der NPD gegeben. Doch deren langjähriger Landesvorsitzender Ralf Ollert verfolgte für viele Jungnazis und rechte Skinheads einen "Wischi-Waschi-Kurs".

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Beitrag vom 6. April 1989 Die NPD - steiler Aufstieg in den 60er Jahren

Radikale Parteimitglieder, auch auf der Führungsebene, traten in der Folge aus der NPD aus und orientierten sich nach Erkenntnissen des bayerischen Verfassungsschutzes in sogenannten "kameradschaftsübergreifenden Netzwerken", etwa im "Freien Netz Süd". Ralf Ollert kandidierte beim letzten Landesparteitag im November 2012 nicht mehr. Sein Nachfolger ist Karl Richter, stellvertretender NPD-Bundesvorsitzender, der seit der bayerischen Kommunalwahl 2008 als Spitzenkandidat der NPD-Tarnliste Bürgerinitiative Ausländerstopp (BIA) im Münchner Stadtrat sitzt.

Nürnberg, 2007: gemeinsamer Aufmarsch von NPD und Mitgliedern einer Freien Kameradschaft

Nach Erkenntnissen des bayerischen Verfassungsschutzes setzt Richter verstärkt auf die Zusammenarbeit mit Neonazi-Kameradschaften im Großraum München - ein Signal an die gewaltbereite Fraktion der rechtsextremen Szene. Ob diese das Angebot annimmt, bleibt abzuwarten.

Maue Ergebnisse, finanzielle Nöte

Ob mit oder ohne Symbiose mit den freien Hardcore-Neonazis: Die NPD dümpelt seit Jahrzehnten bei Landtagswahlen in Bayern bei Werten unter zwei Prozent. 2008 sprangen 1,2 Prozent heraus, 2013 waren es sogar nur 0,6 Prozent. In Oberbayern und Unterfranken konnte die NPD 2013 erst gar nicht antreten. In beiden Regierungsbezirken scheiterte sie daran, die nötige Zahl von Unterstützerunterschriften zu sammeln. Nur einmal - 1966, also kurz nach ihrer Gründung - schaffte es die NPD mit 7,4 Prozent in den Bayerischen Landtag. Derzeit sitzt die Partei in den Parlamenten von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern.

Neben mauen Wahlergebnissen plagt die Bundes-NPD aber schon seit geraumer Zeit ein massives finanzielles Problem, das sich 2013 noch verschärfte. Der Bundestag stoppte die Auszahlung der Mittel aus der staatlichen Parteienfinanzierung, weil die NPD eine Strafe von 1,27 Millionen Euro wegen eines fehlerhaften Rechenschaftsberichts bislang nicht beglichen hat. Die Bayern-NPD steht jedoch finanziell im Vergleich zu anderen Landesverbänden wohl besser da.

Innenminister Herrmann fordert NPD-Verbot

Innenminister Herrmann: "Die NPD ist eine gefährliche Partei."

Laut Verfassungsschutz hat die Partei derzeit 850 Mitglieder im Freistaat und ist damit einer der stärksten Landesverbände in Deutschland. Dementsprechend warnt der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) vor ihr: "Insgesamt meine ich, die NPD ist verfassungsfeindlich. Sie ist eine gefährliche Partei." Herrmann setzt sich nachdrücklich für ein NPD-Verbot ein. Seit dem Bekanntwerden der Mordserie gegen Migranten, die der Rechtsterrorgruppe NSU angelastet wird, wird wieder intensiv über ein Verbot der Partei nachgedacht. 2003 war ein Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert, Grund war der massenhafte Einsatz von V-Männern.

Gegen "Islamisierung" und Euro - Positionen der NPD

"Systemüberwindung", "Volksgemeinschaft", "Überfremdung", "Deutschland den Deutschen", "Integration ist gleichbedeutend mit Völkermord" - mit solchen und ähnlichen Schlagworten agiert die NPD. Ihre Grundausrichtung ist völkisch-nationalistisch und rassistisch. Im Hinblick auf die Bundestags- und bayerischer Landtagswahl 2013 erklärte die NPD die Debatte über die angebliche "Islamisierung" Deutschlands zu einem Schwerpunktthema.

"Auch in Bayern geht es seit 2013 darum, klares Profil gegen die voranschreitende Islamisierung und Überfremdung zu zeigen."

Holger Apfel, NPD-Bundesvorsitzender bis Dezember 2013 vor der Landtagswahl

Finanzpolitisch lehnt die NPD staatliche Garantien für Privatbanken ab, außerdem fordert sie die Rückkehr zur D-Mark. Rechtsradikale Anschauungen versucht die Partei oft, verbrämt über bürgerliche Themen wie Naturschutz oder soziales Engagement zu verbreiten: etwa Kindergartenplätze vorrangig an deutsche Kinder zu vergeben. Der bayerische Verfassungsschutz stuft die NPD als rechtextremistisch ein, ihre Kernaussagen stünden "im Widerspruch zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes".


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