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Rechtsextreme Partei FNS und Dritter Weg – braune Kontinuitäten

Flugblattverteilungen in Würzburg und Karlshuld, Demonstrationen in München und Wunsiedel, Kontakte zu Kameraden in ganz Europa von Tschechien über Ungarn bis Griechenland – die Partei „Der Dritte Weg“ ist erst anderthalb Jahre alt, doch in Bayern ist sie längst die wichtigste Neonaziorganisation. Sie versammelt sich vor allem ehemalige Aktivisten des verbotenen „Freien Netz Süd“. Mit dabei: Verurteilte Volksverhetzer, Schläger und Terroristen.

Stand: 20.03.2015 | Archiv

Im vergangenen Sommer verkündete das bayerische Innenministerium auf einer eigens anberaumten Pressekonferenz mit großer Geste das Verbot des „Freien Netz Süd“ (FNS), des bis dato größten und aktivsten Neonazinetzwerks in Bayern. Eine Großrazzia gegen das FNS lag da schon bald ein Jahr zurück. Die Neonazis waren also längst gewarnt und hatten genug Zeit, sich auf das Verbot vorzubereiten. Sie nutzten die Zeit: Bereits im September 2013 formierte sich die neue Partei der „Dritte Weg“, deren Fahnen und Transparente schon wenige Wochen später den alljährlichen Neonazi-Aufmarsch in Wunsiedel dominierten. Seit Jahresbeginn 2014 zeigte die Partei auch außerhalb Deutschlands Präsenz: Aktivisten reisten nach Athen, um sich mit den Gesinnungsgenossen von der Neonazipartei „Goldene Morgenröte“ zu treffen und an deren Aufmärschen teilzunehmen. Und sie veranstalteten mit Unterstützung tschechischer Kameraden einen „Trauermarsch“ in Karlovy Vary (Karlsbad).

Als das bayerische Innenministerium ein knappes halbes Jahr später das Freie Netz Süd verbot, spielte das für die Neonaziszene im Freistaat keine Rolle mehr. Das FNS war nur noch eine leere Hülle, seine Homepage wurde seit Monaten nicht mehr aktualisiert, die Aktivisten hatten sich längst im Dritten Weg neu organisiert. Zwar macht sich, wer eine verbotene Organisation fortführt, grundsätzlich strafbar – und die bayerischen Sicherheitsbehörden haben in der Vergangenheit z.B. im Zusammenhang mit dem PKK-Verbot bewiesen, dass sie bei so etwas durchaus hart durchgreifen können, wenn sie denn wollen. Doch im Fall des „Dritten Weges“ wollen sie ganz offensichtlich nicht.

Schon bei der Verkündung des FNS-Verbots im vergangenen Jahr ließ Verfassungsschutz-Chef Körner die erstaunten Journalisten wissen, dass es durchaus sein könne, dass der Dritte Weg eine Nachfolgeorganisation des FNS sei. Das werde man dann halt in ein paar Jahren überprüfen. Und überhaupt sei der Freistaat streng genommen nicht zuständig, weil der „Dritte Weg“ ja auch in anderen Bundesländern aktiv sei. Da müsse sich der Bund drum kümmern. Die Neonazis dürften sich über diesen Freibrief gefreut haben.

So tritt der „Dritte Weg“ denn auch immer unverhohlener auf. Inzwischen hat er sechs sogenannte „Stützpunkte“ in allen bayerischen Regionen. Zwar ist die Zahl der Mitglieder gering, doch diese sind derart fanatisch und ideologisch geschult, dass sie dennoch im ganzen Freistaat Aktivitäten entfalten können. Eine kleine Auswahl aus den vergangenen drei Monaten:

- Bei den Bagida-Aufmärschen in München sind Aktivisten des „Dritten Wegs“ von Anfang an dabei, darunter der verurteilte Rechtsterrorist Karl-Heinz Statzberger und der frühere NPD-Kader Roland Wuttke, die beide schon maßgeblich beim Freien Netz Süd mitmischten.

- Als der SPD-Ortsverein von Karlshuld bei Neuburg an der Donau im Februar auf seiner Homepage und in sozialen Netzwerken über Flüchtlinge informiert, hagelt es erst Hassmails aus Neonazikreisen bis hin zu Morddrohungen, kurz darauf finden Bürger rassistische „Dritte Weg“-Flugblätter in ihren Briefkästen.

- Bei einem Aufmarsch des „Dritten Wegs“ im Münchner Stadtteil Giesing Mitte März treten zwei einstmals führende FNS-Aktivisten als Redner auf: Roy Asmuß, der für die FNS-Homepage presserechtlich verantwortlich war, und Neonazi-Terrorist Statzberger. Angemeldet wird die Veranstaltung von Norman Kempken aus Mittelfranken, der beim FNS im Hintergrund die Fäden zog.

- Beim Gedenken an die Bombardierung Würzburgs am 16. März verteilen

Anhänger der Partei „Der Dritte Weg“ revanchistische Hochglanz-Flugblätter gespickt mit Neonazivokabular wie „Bombenholocaust“ „gleichgeschaltete Lügenpresse“ und „Volksfeinde“.

- Zum sogenannten „Tag der Ehre“ in Budapest, einer Neonaziveranstaltung aus dem Umfeld des verbotenen Musik- und Terror-Netzwerks „Blood and Honour“, reisen alljährlich Aktivisten aus ganz Europa Anfang Februar nach Ungarn. Bislang war stets ein Redner aus den Reihen des FNS fest gebucht. So trat dort etwa regelmäßig der fränkische Kader Matthias Fischer auf. In seiner Nachfolge darf heuer der „Dritte-Weg“-Vorsitzende Klaus Armstroff in Budapest sprechen.

Kein Zweifel: Der „Dritte Weg“ ist eine Nachfolge-Organisation des Freien Netz Süd - die gleichen Personen, die gleichen Strukturen, die gleichen braunen Inhalte sowieso. Umso verstörender, dass die bayerischen Sicherheitsbehörden diesem Treiben weitgehend tatenlos zuschauen und die Verantwortung auf den Bund abwälzen wollen. Die Neonazis werden so geradezu ermutigt, immer dreister und immer radikaler aufzutreten.


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