Zum Tod von Roman Herzog Eine Zeitreise
Roman Herzog, Vollblutjurist aus Landshut, war erst Deutschlands oberster Richter und dann Deutschlands siebter Bundespräsident. Ein strenger, mahnender, aber auch einer mit viel Humor und niederbayerischem Mutterwitz. Ein Rückblick auf sein Leben.
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1934
Die Altstadt von Landshut in den 1930er-Jahren
1934
Niederbayerische Wurzeln
Roman Herzog kommt am 5. April 1934 im niederbayerischen Landshut zur Welt. Der Vater ist Archivar und Museumsdirektor in Landshut. Roman wird evangelisch getauft. Nach dem Abitur studiert Herzog Jura in München. 1958 promoviert er mit dem Thema "Grundrechtsbeschränkung nach dem Grundgesetz und Europäische Menschenrechtskonvention". 1964 folgt die Habilitation.
Quelle: Stadtarchiv Landshut Postkarten- und Fotosammlung
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1964
Die Ludwig-Maximilians-Universität in München heute
1964
Karrierebeginn als Wissenschaftler
In der Zeit zwischen Promotion und Habilitation arbeitet Herzog als wissenschaftlicher Assistent an der Uni München. 1964 wird er unter Staatsrechtlern allgemein bekannt als Mitherausgeber der bis heute als Standardwerk verwendeten Kommentarsammlung zum Grundgesetz, dem "Maunz-Dürig".
Quelle: picture-alliance/ dpa
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1965
An der Hochschule in Speyer unterrichtet Herzog als Professor.
1965
Ruf nach Berlin und Speyer
1965 zieht es den Niederbayern zum ersten Mal beruflich nach Berlin. 1965 wird Herzog auf einen Lehrstuhl für Staatsrecht und Politik an der Freien Universität (FU) berufen. 1969 wechselt er als Professor für Staatslehre und Politik an die Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer und ist dort 1971/1972 auch Rektor. Im weiteren Verlauf seiner Karriere wird er Studenten in Speyer, Tübingen und Karlsruhe nur noch als Honorar- oder Gastprofessor unterrichten.
Quelle: Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer
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1978
Roman Herzog wird 1978 als Kultusminister vereidigt.
1978
Karriere in der Politik
1973 geht Herzog - seit 1970 CDU-Mitglied - in die Politik. 1973 bis 1978 leitet er im Rang eines Staatssekretärs die rheinland-pfälzische Landesvertretung in Bonn. Im Mai 1978 wird er im baden-württembergischen Kabinett unter Ministerpräsident Hans Filbinger (CDU) Kultusminister.
Quelle: picture-alliance / dpa
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1980
Herzog freiwillig zurück auf der Schulbank - aber nur für Latein
1980
Latein-Ass
Herzog hat Humor. Und er macht erstmals durch eine unkonventionelle Aktion auf sich aufmerksam. Um die Bedeutung des Schulfachs Latein zu unterstreichen, schreibt er 27 Jahre nach dem eigenen Abitur an einem Stuttgarter Gymnasium die Latein-Abiturprüfung mit. Der begeisterte Altphilologe übersetzt einen Text von Seneca und besteht das Latein-Abi mit glänzendem Ergebnis.
Quelle: picture-alliance / dpa
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1980
Herzog als Kultusminister in einer Schule
1980
Späths Innenminister
Bei der baden-württembergischen Landtagswahl 1980 zieht Herzog für den Wahlkreis Göppingen in den Landtag ein und wechselt unter Ministerpräsident Lothar Späth (CDU) vom Kultus- auf den Innenminister-Sessel. Er führt "Demonstrationsgebühren" ein, wonach Teilnehmer an ungenehmigten Demos den Polizeieinsatz bezahlen müssen, und plädiert für die Ausrüstung der Polizei mit Gummigeschossen - gemäß seinem Vorhaben, rechtsstaatliche Grundsätze "mit der nötigen Härte" durchzusetzen.
Quelle: picture-alliance/ dpa
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1983
Herzog (4.v.l.) als Präsident des Ersten Senats am Bundesverfassungsgericht
1983
In roter Robe
Ende 1983 legt Herzog sein Ministeramt nieder und geht als Vizepräsident ans Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe. 1987 wird er auch dessen Präsident. Unter seine Ägide fallen wichtige Grundsatzentscheidungen des obersten deutschen Gerichts: etwa zur Aufhebung eines Demonstrationsverbots gegen das Kernkraftwerk Brokdorf, zu Eigentumsfragen und zum Umgang mit ehemaligen DDR-Staatsangestellten im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung sowie zur Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten für die Altersversorgung von Frauen.
Quelle: Bundesarchiv, F083310-0005, Foto: Lothar Schaack, CC-BY-SA
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1987
Roman Herzog (r.), Wolfgang Zeidler (l.) und Richard von Weizsäcker
1987
Politischer Richter
Ungeachtet von selbst auferlegter Zurückhaltung äußert sich Herzog auch als Präsident des Bundesverfassungsgerichts immer wieder zu politischen Fragen: zu zunehmender "Pulverisierung" des Verfassungsrechts, zur "realistischen Gefahr der Auflösung des bisherigen Parteiensystems", zur Anerkennung der polnischen Westgrenze, zur Notwendigkeit einer Überarbeitung des Grundgesetzes infolge der Wiedervereinigung, zum Einwanderungsrecht oder zur zunehmenden Tendenz, politische Streitthemen auf das Bundesverfassungsgericht abzuschieben
Quelle: picture-alliance / dpa
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1994
Herzog am Tag der Bundespräsidentenwahl
1994
Weizsäckers Nachfolger
Als ein Nachfolger für Bundespräsident Richard von Weizsäcker gesucht wird, bringt die CSU Herzog ins Spiel. Zum Zug kommt er aber erst, nachdem der sächsische Justizminister Steffen Heitmann wegen umstrittener Äußerungen verzichtet. Am 23. Mai 1994 wird Herzog im dritten Wahlgang gegen Johannes Rau gewählt. "Ich will Deutschland so repräsentieren in den nächsten fünf Jahren, wie es wirklich ist: friedliebend, freiheitsliebend, leistungsstark (...) und was mir fast das Wichtigste erscheint: unverkrampft." Mit diesen Worten an die Bundesversammlung tritt er sein Amt an.
Quelle: picture-alliance/ dpa
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1997
Ruck-Rede im neueröffneten Nobelhotel Adlon in Berlin
1997
Die Ruck-Rede
Als er seine bis heute bekannteste Grundsatzrede hält, gehört Herzog laut Umfragen zu den beliebtesten Persönlichkeiten im Land. Zur Neueröffnung des Berliner Hotels Adlon im April 1997 prägt er den Begriff vom "Ruck", der durch Deutschland gehen müsse - ein pointiertes Plädoyer gegen Larmoyanz und Lähmung und eine prägnante Aufforderung "verkrusteten Strukturen" zu überwinden. Im selben Jahr wird ihm auch der Karlspreis der Stadt Aachen verliehen. Mehr Veränderungsbereitschaft ist auch das Thema von Herzogs letzter großer Rede als Staatschef zum 50. Geburtstag des Grundgesetzes im Mai 1999.
Quelle: picture-alliance/ dpa
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1999
Johannes Rau wird Herzogs Nachfolger als Bundespräsident.
1999
Übergabe an Johannes Rau
Herzog hatte stets betont, dass eine Amtszeit als Bundespräsident für ihn genug sei und er nur im Notfall weitermachen wolle. Am 1. Juli 1999 übergibt er das Amt an seinen Nachfolger Johannes Rau von der SPD und kann in den Medien äußerst wohlwollende Bilanzen über seine Amtszeit lesen. Von einem "Reformpräsidenten" ist dort beispielsweise die Rede, der ein "Glücksfall" für Deutschland gewesen sei. Von einem "Bürgerpräsidenten", der im Rückblick den Vergleich mit Theodor Heuß und Richard von Weizsäcker nicht zu scheuen brauche.
Quelle: picture-alliance/ dpa
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2000
Altbundeskanzler Helmut Schmidt in der Sendung von Roman Herzog im Bayerischen Fernsehen
2000
Spätberufener Talkmaster
Als Altbundespräsident widmet sich Herzog vorwiegend wissenschaftlichen Tätigkeiten, schreibt Bücher und meldet sich in Interviews und Kommentaren zu Wort. Im Jahr 2000 unternimmt er einen Sechs-Folgen-Ausflug als Talkmaster ins Bayerische Fernsehen ("Herzog spricht mit ...").
Quelle: BR
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2000
Roman und Christiane Herzog 1998 in Brügge
2000
Tod der Ehefrau
Mehr als 40 Jahre lang war Roman Herzog mit seiner Frau Christiane verheiratet, einer ehemaligen Hauswirtschaftslehrerin. Das Paar hat zwei Söhne, Markus (geboren 1959) und Hans Georg (geboren 1964). Als "First Lady" engagiert sich Christiane Herzog vor allem mit einer Stiftung für Mukoviszidose-Kranke. An diese Stiftung floss auch ein Teil der Verkaufserlöse für ihr Kochbuch. Im Juni 2000 stirbt Christiane Herzog an Krebs.
Quelle: picture-alliance/ dpa
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2003
Roman Herzog und Angela Merkel
2003
Chef zweier Kommissionen
Aus Herzogs Sachverstand will die CDU auch weiter Nutzen für das Tagesgeschäft ziehen. So gibt der Altbundespräsident zwei Kommissionen als Vorsitzender seinen Namen: Die erste "Herzog-Kommission" macht Vorschläge für eine Reform der Parteienfinanzierung. Die zweite "Herzog-Kommission" beschäftigt sich 2003 mit der Zukunft der Sozialsysteme. Die Experten empfehlen etwa eine Kopfpauschale in der Krankenversicherung und die Anhebung des Rentenalters auf 67. Obwohl heftig umstritten, werden die Ideen vom Leipziger CDU-Parteitag 2003 gebilligt - als sich Merkel noch besonders reformeifrig gab.
Quelle: picture-alliance / dpa
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2008
Polit-Rentner Herzog
2008
Bewusst provokant
Herzog, der nie vor prägnanten und unbequemen Äußerungen zurückschreckte, eckte 2008 in einem Interview mit dem Stichwort "Rentnerdemokratie" zuletzt so richtig an. Er zielte damit auf die zunehmende Zahl älterer Menschen, auf die von allen Parteien "überproportional" Rücksicht genommen werde. "Das könnte am Ende in die Richtung gehen, dass die Älteren die Jüngeren ausplündern", so der Altbundespräsident. Anlass für die Interview-Äußerung war eine außerplanmäßige Rentenerhöhung der großen Koalition.
Quelle: picture-alliance / dpa
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2011
Roman Herzog und Alexandra von Berlichingen
2011
Familie Götz von Berlichingens
Rund ein Jahr nach dem Tod seiner Frau Christiane heiratet der Altbundespräsident wieder. Seine zweite Ehefrau ist Alexandra Freifrau von Berlichingen. Sie leitet die Burgfestspiele Jagsthausen, deren Schirmherr Herzog bis 2001 war. Das Ehepaar lebt auf der Burg des berühmten Götz von Berlichingen - wie Herzog bekanntermaßen ein Freund klarer, volksnaher Worte.
Quelle: picture-alliance / dpa
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2011
Petra Gester und Roman Herzog auf dem Semperopernball in Dresden
2011
Mit Auszeichnungen überhäuft
Wer als Veranstalter einer Gala gerne einen Altbundespräsidenten zu Gast haben will, der zeichne den Begehrten mit einem Preis aus. Inzwischen darf auch Roman Herzog zahlreiche Ehrungen sein Eigen nennen. Zuletzt erhielt er beim SemperOpernball in Dresden den St. Georgs-Orden.
Quelle: picture alliance / dpa
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2017
2017
Tod mit 82
Am 10. Januar 2017 stirbt Roman Herzog. Sein Nachfolger im Bundespräsidentenamt, Joachim Gauck, würdigt ihn in einer Mitteilung als "markante Persönlichkeit, die das Selbstverständnis Deutschlands und das Miteinander in unserer Gesellschaft geprägt und gestaltet hat".