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Kundenakquise bei Schornsteinfegern Monopol statt Wettbewerb

Der Wettbewerb auf dem Schornsteinfeger-Markt kommt nicht in Gang – sehr zu Lasten der Verbraucher. Und das, obwohl bereits vor über vier Jahren das Kehrmonopol gefallen ist und Hausbesitzer nun frei wählen können, wen sie mit dem Kehren beauftragen.

Von: Martina Schuster und Johannes Thürmer

Stand: 16.03.2017

Schornsteinfeger bei der Arbeit | Bild: picture-alliance/dpa

Doch die Realität sieht ganz anders aus: Kaum ein Schornsteinfeger kehrt außerhalb seines Bezirkes. Dem Verbraucher bleibt oft keine Wahl: er muss weiterhin seinen Bezirksschornsteinfeger nehmen. Und nicht nur das: Mit fragwürdigen Methoden versucht so mancher Bezirksschornsteinfeger, zusätzlich Geschäfte zu machen.

Lange Suche ohne Erfolg

Adorf Bloß aus dem Raum Nürnberg wollte eigentlich nur einen anderen Schornsteinfeger mit den Kehrarbeiten beauftragen. Seit der Liberalisierung eigentlich kein Problem. Doch die Praxis sieht – zumindest bei ihm in Franken – anders aus: "Keiner war bereit zu kommen. Reihum Absagen. Das Hauptargument war: Ich gehe in keinen anderen Bezirk."

Kein Einzelfall: So geht es vielen, die sich auf die Suche nach freien Schornsteinfegern machen. Und ähnliche Erfahrungen hat man auch beim Bund der  Energieverbraucher gemacht. Die Verbraucher-Organisation wollte eine Plattform aufbauen, die Schornsteinfeger-Leistungen vermittelt. Allerdings ohne Erfolg: "Obwohl das für die Schornsteinfeger umsonst gewesen wäre, haben die Schornsteinfeger gar nicht teilgenommen,", so der Vorsitzende Dr. Aribert Peters, "sie haben sich dieser Ausschreibung und diesen Angeboten verweigert.“ 

Monopol statt Wettbewerb

Beim Landeskartellamt Nordrhein-Westfalen beobachtet man die Schornsteinfeger schon länger. Gegenüber mehr/wert wird die Behörde deutlich:

"Die Vermutung liegt nahe, dass Schornsteinfeger aus benachbarten Kreisen sich absprechen."

Landeskartellamt Nordrhein-Westfalen

Auch Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher vermutet Absprachen: "Keiner macht dem anderen den Kunden streitig und der Kunde hat einen Nachteil dadurch, dass der Wettbewerb einfach nicht stattfindet. Der Schornsteinfeger hat faktisch sein Monopol behalten."

Knallharte Konkurrenz

Und es geht nicht nur um die Kehrarbeiten. Wir sind in Schleswig-Holstein. Andreas Döring betreibt hier ein Ofenstudio. Seine Erfahrung: Immer mehr Schornsteinfeger haben inzwischen neben ihrer Schornsteinfeger-Tätigkeit andere Gewerbe gegründet – unter anderem auch Ofenstudios. Für den Händler steht fest: Einige Schornsteinfeger nutzen die noch bei ihnen verbliebenen sogenannten "hoheitlichen Tätigkeiten", um ihr privates Gewerbe anzukurbeln.

Im Klartext: Bei Feuerstättenschau oder Abnahme von Heizanlagen werden gleich noch Kunden akquiriert.

Illegale Praktiken

Doch diese Vermischung von hoheitlichen Tätigkeiten und privatwirtschaftlichen Interessen ist so nicht erlaubt. Darauf weist auch der Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks in Sankt Augustin ausdrücklich hin.

"Es gibt schon das Gesetz zum Schutz gegen den unlauteren Wettbewerb. Und da dürfen Sie bei hoheitlichen Tätigkeiten keine Werbung für Ihre privatrechtlichen Tätigkeiten machen. Ich dürfte noch nicht einmal Werbung machen, dass ich als Schornsteinfeger Schornsteine fege. Selbst das ist verboten."

Stephan Langer, Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks

Abwiegelnde Behörden

Doch wenn ein Bürger Verstöße an die zuständigen Aufsichtsbehörden meldet, passiert meist nichts, so die Erfahrung von Ofenhändler Andreas Döring: "Ich habe in den letzten Jahren diverse Fälle – wir reden hier nicht über Einzelfälle, sondern über eine große Fallsammlung verschiedenster Kundenhinweise, wo Bezirksschornsteinfeger entsprechend sich nicht korrekt verhalten haben – gesammelt, diese aufgearbeitet und an die Behörden gegeben. Mit dem Ergebnis, dass die Behörden abwiegeln. Es passiert nichts!"

Dabei sagen auch die Schornsteinfeger, man solle Missstände den Behörden melden. Stephan Langer vom Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks rät den Verbrauchern: "Da gibt es sicherlich in Einzelfällen schon irgendwelche Vorkommnisse wie überall in allen Berufssparten, die dann vielleicht nicht ganz mit dem Gesetz konform sind oder sogar gegen das Gesetz verstoßen. Und da steht es jedem frei, das entsprechend zur Anzeige zu bringen."

Kein Unrechtsbewusstsein

Das probieren wir von mehr/wert aus. In München konfrontieren wir die zuständige Behörde mit einem konkreten Fall. Wir erzählen dem Mitarbeiter am Telefon von einem Bezirksschornsteinfeger, der seinen Kunden während der hoheitlichen Tätigkeit eine Heizungswartung anbietet. Künftige Messungen oder Abnahmen seien dann kein Problem mehr. Erstaunliche Antwort des Mitarbeiters: "Wir haben denen schon öfter gesagt, sie sollen das nicht so offensichtlich machen."

Auf Nachfrage teilt uns sogar die Leitung der Behörde mit, es gebe dafür gar keine gesetzliche Regelung. Falsch! Denn ein solches Verhalten des Bezirksschornsteinfegers kann sogar eine Straftat sein, wie uns Prof. Dr. Bernd Heinrich vom Lehrstuhl für Strafrecht an der Universität Tübingen erläutert:

"Er darf nicht den Anschein erwecken, dass sich die Prüfung, die Abnahme der Feuerstätte, die hoheitliche Tätigkeit in irgendeiner Art und Weise danach richtet, was privatwirtschaftlich abgeschlossen wird. Das heißt: Sobald der Bürger sich unter Druck gesetzt fühlt – es muss gar nicht wirklicher Druck sein – sobald er sich unter Druck gesetzt fühlt, mit ihm oder einem Bekannten einen Vertrag abzuschließen, damit er eine ordnungsgemäße Prüfung kriegt, dann haben wir die Grauzone überschritten und sind im Bereich strafrechtlicher Korruption."

Prof. Dr. Bernd Heinrich

Verbotene Praktiken

Und es geht noch weiter. Wir treffen Ralf Milz, der in einem Ofenstudio arbeitet. Er zeigt uns einen Schornstein, der gegen geltendes Recht errichtet wurde. Die Fenster des Hauses daneben sind dafür zu nahe am Schornstein – oder: Der Schornstein ist nicht hoch genug. Seit 2010 darf ein Schornstein so nicht mehr gebaut werden. Theoretisch zumindest. Denn Ofenbauer Milz hat anderes erlebt: "Ich habe das vor einem halben Jahr angeboten. Da war ich mal hier. Ich habe aber dann gesagt, ich kann es nicht bauen, weil wir die Ableitvorschriften nicht einhalten können. Darauf hat die Kundin zu mir gesagt, der Schornsteinfeger hätte aber jemanden, der es bauen könnte oder wie auch immer. Und damit waren wir raus aus dem Geschäft."

Der Schornstein wird schließlich von der anderen Firma errichtet – entgegen den gesetzlichen Bestimmungen. Und die Abnahme erfolgt durch den zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger. Ohne Probleme, wie uns auch die Eigentümerin bestätigt. Ein klarer Gesetzesverstoß des Schornsteinfegers.

Für Strafrechtler Prof. Dr. Bernd Heinrich von der Universität Tübingen ist klar: Es besteht Handlungsbedarf: "Es wird eine Sache der Praxis sein, dass man hier durch intensive Maßnahmen sowohl der Aufsichtsbehörde als auch durch strafrechtliche Maßnahmen das Bewusstsein schärft, dass die Schornsteinfeger die Finger davon lassen."

Doch solange die Aufsichtsbehörden weiterhin wegsehen und Gesetzesverstöße nicht ahnden, wird sich an solchen Missständen nichts ändern.


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Schornsteinfeger, Sonntag, 19.März 2017, 11:08 Uhr

5. Inländerdiskriminierung

Da die Bundes- und Landesregierungen kein Interesse daran haben, dass ihren Haushalten höhere Ausgaben aufgrund von mehUnd damit die finanzielle Ausstattung der Schornsteinfegerbetrieb erhalten bleibt, versucht die Bundesregierung durch Maßnahmen wie die Einführung einer Lehrlingskostenausgleichskasse, für die jeder Betrieb erst einmal mit ca. 800 Euro in Vorleistung gehen muss, den Wettbewerb einzuschränken.

Ähnliche Inländerdiskriminierungen kennen wir bereits in anderen Berufen. Bei den Bierbrauern hat es mit der Beibehaltung des Reinheitsgebotes angefangen. Die Bilanzbuchhalter werden beruflich durch das Steuerberatungsgesetz in der Ausübung ihres Berufes beschränkt. Handwerksbetreibe unterliegen auch heute noch dem Meisterzwang.

Und wenn jetzt das Bundeskartellamt die Gebietsabsprache, welche die Bundesregierung eingeführt bzw. beibehalten und gefördert hat in Frage stellt, dann frage ich mich schon manches Mal wie schizophren unsere Politik heutzutage doch geworden ist

Schornsteinfeger, Sonntag, 19.März 2017, 11:04 Uhr

4. Scheinheilige Debatte

Aufgrund solch schlecht recherchierter Berichte hat die AFD den Begriff „Lügenpresse“ geprägt.

Wie ist das jetzige System eigentlich entstanden? Nach meinen Recherchen, die allerdings unbestätigt sind, hat ein damaliger Bezirksschornsteinfeger im Familienkreis eines süddeutschen Politikers wohl über die Strenge geschlagen. Da dieser Politiker in Deutschland nichts erreichen konnte aber über gute Beziehungen nach Brüssel verfügte, hat er mal ebenso ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten lassen. Die Folge war, dass das jetzige System unter der fadenscheinlichen Begründung entstanden ist, dass EU-Schornsteinfeger keine Möglichkeit hätten in Deutschland Schornsteinfegerarbeiten durchführen zu können. (Verletzung der Freizügigkeit)

Da die Bundes- und Landesregierungen kein Interesse daran haben, dass ihren Haushalten höhere Ausgaben aufgrund von mehr Feuerwehreinsätzen entstehen wurden die Bezirke beibehalten.

Wildbarren, Samstag, 18.März 2017, 01:17 Uhr

3. Kartell der Schornsteinfeger

der Artikel trifft voll zu, hierzu m.M
2008 wurde das neue Schornsteinfegerhandwerksgesetz durch das BMWi erlassen und durch die Politik abgenickt, die Federführung zum Gesetz hatte die Lobby der Schornsteinfeger. Anstatt das Schornsteinfegerhandwerksgesetz zu liberalisieren wurde es gefestigt.
Es wurde in einer Person der Beamte "Bevollmächtigter Schornsteinfegermeister" geschaffen der auch der Handwerksbetrieb "Schornsteinfegermeister Schwarz" ist. Der Beamte verwaltet die hoheitlichen Daten und erläst zum Beispiel den Feuerstättenbescheid. Dieser ist so ausgelegt wie der Arbeitsablauf in seinem Handwerksbetrieb. Die "amtlichen Daten" der Behörde Kehrbezirk dürften nicht durch den Handwerksbetrieb verwendet werden....werden aber munter in seinem Betrieb verwendet. Wird der Schornstein.. aber durch einen "Freien" gereinigt, geht das Formblatt an den Amtlichen, der sieht dann wer in seinem "Hoheitsgebiet" gewildert hat, da kommt dann die amtliche Härte für den Kehrpflichtigen

Alberter Johann , Donnerstag, 16.März 2017, 18:15 Uhr

2. Freie Wahl des Schornsteinfegers

das Hausbesitzer den Bezirks-Schornsteinfeger nicht gerne wechseln, liegt auch daran, dass dieser alle 4-5 Jahre die Feuerbeschau macht; der Hausbesitzer befürchtet, dass diese Beschau , wenn er zum Kehren einen fremden nimmt, dann strenger ausfällt!
MfG
Alberter

vielfahrer, Donnerstag, 16.März 2017, 10:06 Uhr

1. MONOPOL "jein"

Wechseln, - evtl. was Sparen (viell.. 5 € p .a. ?)
Auch noch keine Werbung von xy bekommen.
Habe kl. Einfamilienhaus mit 2 Kaminen. (Öl, Kachelofen) seit 33 Jahren.
Schornsteinfeger (sind pers. bekannt). - Er hat sogar meinen Haustürschlüssel.
- da Beruflich Tagsüber außer Haus.
Die Rechnung geht best. nur bei Groß Imo. Besitzern auf!