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Tim Kaine Hillary Clintons Nummer 2

In der Tagespolitik spielt der Vizepräsident meist keine große Rolle. Im Wahlkampf ist das anders: Die Nummer zwei im Kandidatenteam soll Zeichen setzen, Wähler mitbringen und Schwachstellen der Nummer 1 ausgleichen. Hillary Clinton hat sich für Tim Kaine entschieden.

Von: Martina Buttler und Michael Kubitza

Stand: 03.08.2016

Der demokratische Vize-Präsidentschaftskandidat Tim Kaine | Bild: picture-alliance/dpa

Bis zum Abend des 21. Juli um kurz vor neun schmückten ein Landschaftsbild und ein privates Porträt Tim Kaines Twitteraccount. Dann kam von Hillary Clinton die Nachricht: der Senator aus Virginia wird ihre Nummer 2. Sie will ihn als Vize. Wenige Minuten später dann ein neues Bild über seinem Account: der 58-Jährige und Hillary Clinton gemeinsam auf einer Bühne bei einem Wahlkampfevent. Die Nachricht dazu:

"Ich habe gerade das Telefon aufgelegt, habe mit Hillary geredet. Ich fühle mich geehrt, Vizepräsidentschaftskandidat zu sein. Ich kann’s kaum erwarten, morgen in Miami in den Wahlkampf zu starten."

Tim Kaine

Tim Kaine war Gouverneur von Virginia - nicht zu verwechseln mit dem kleineren, ärmeren und konservativeren West Virginia, das sich im Sezessionskrieg von Virginia trennte. Der wirtschaftlich prosperierende Acht-Millionen-Einwohner-Staat an der Ostküste zählt zum knappen Dutzend der heftig umkämpften Swingstates. Virginias Beiname: "Mother of Presidents" - von hier stammen George Washington und Thomas Jefferson, insgesamt nicht weniger als acht amerikanische Staatsoberhäupter. Und hier wurde 1960 der erste schwarze Gouverneur gewählt.

Wandbild an einer Straßenkreuzung in Welch, Viginia

Wichtiger für Clinton: Kaine spricht fließend spanisch und soll die Latino-Wähler erreichen. Eine führende Latino-Gruppe lobte, er sei kein Fremder für sie und habe sich immer um ihre Anliegen gekümmert. Clinton selbst begründet ihre Wahl damit, daß sie jemanden gesucht habe, der ihr geradeheraus die Meinung sagen würde und dem sie zutraut, im Notfall auch das Amt des Präsidenten zu übernehmen.

Lob von Frauen, Gewerkschaften - und der Konkurrenz

Schnell gab es positive Reaktionen. Die National Organization for Women begrüßte ihn als Vorkämpfer für Frauen. Auch Gewerkschaften lobten, daß die Wahl auf ihn gefallen ist, weil er jemand sei, der sich um hart arbeitende Familien kümmere. David Axelrod, Obamas Wahlkampfmanager 2008, findet Hillary Clintons Entscheidung für Tim Kaine logisch.

"Er ist beständig, verlässlich, jemand, der keine Fehler machen wird und qualifiziert ist für den Job. Was Hillary gerade klar machen will ist, wie gefestigt und verlässlich sie im Vergleich zu Donald Trump ist."

David Axelrod

Das sieht wohl auch mancher im gegnerischen Lager so. Republikaner respektieren Kaine - sagt Amy Klobuchar, demokratische Senatorin aus Minnesota . Kaines republikanischer Senatskollege Jeff Flake twittert, ihm fiele nichts ein, "was ich an ihm kritisieren könnte. Glückwunsch an einen guten Mann und guten Freund."

Ein Mann des Establishments

Doch es gibt auch kritische Töne, zum Beispiel aus dem Lager der Bernie Sanders Anhänger. Ihnen gefällt unter anderem nicht, dass Kaine für Handelsabkommen ist. Manche bezweifeln, dass er gegenüber der Wall Street entschlossen durchgreifen würde. Abtreibungsgegner wiederum schimpfen, Kaines Politik sei ihnen viel zu abtreibungsfreundlich.

In einem anderen Swingstate, in Florida, sind Clinton und Kaine zum ersten Mal als Team aufgetreten. Und daß er seine Chefin ins rechte Licht rücken kann, hat Tim Kaine bereits bewiesen:

"Hillary ist bereit uns anzuführen. Sie ist bereit, Geschichte zu schreiben."

Tim Kaine

Ein bißchen möchte Tim Kaine an dieser Geschichte mitschreiben.


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