EM im Zeichen der Krawalle Kroatien zittert - Uefa in der Kritik
Die Krawalle beim Spiel Kroatien gegen Tschechien werden heute die Disziplinarkommission der Uefa beschäftigen - die Kroaten müssen mit einem harten Urteil rechnen. Doch auch die Uefa selbst sieht sich immer mehr Vorwürfen ausgesetzt. Von Ulrich Möller-Arnsberg
Für die umherfliegenden Böller gewaltbereiter Hooligans im Stadion von Saint-Etienne vorgestern droht Kroatien eine heftige Strafe. Der kroatische Fußballverband zittert vor einem EM-Ausschluss und wäscht seine Hände deshalb in Unschuld.
Zu wenig Ordnungskräfte
Festgenommen
Sechs ungarische Fußball-Rowdys, die vor dem Spiel zwischen ihrem Heimatland gegen Island (1:1) randaliert hatten, sind festgenommen worden. Nach Behördenangaben sollen sie am Montag vor ein Schnellgericht gestellt werden. Drei Männern wird Widerstand gegen die Staatsgewalt zur Last gelegt, den anderen das Mitführen von pyrotechnischem Material.
Die französischen Sicherheitskräfte und die Uefa seien verantwortlich, heißt es aus informierten Kreisen der kroatischen Fußballbosse. Recht gibt ihnen der Präfekt des Départements Loire, Evence Richard. Der sagt der Sportzeitung "L’Équipe", es hätten zwischen 150 und 200 Ordnungs- und Sicherheitskräfte der Uefa gefehlt. Außerdem habe der Einlass mit dreißigminütiger Verspätung begonnen.
Ordner leicht verletzt
Dadurch, so Richard, seien 2.000 bis 3.000 Zuschauer zu Beginn der Partie Kroatien gegen Tschechien noch nicht im Stadion gewesen. Wegen der Krawalle von Fans musste das Spiel zehn Minuten vor dem Ende unterbrochen werden. Zuschauer aus dem kroatischen Fan-Block hatten Feuerwerkskörper auf das Spielfeld geworfen.
Ein Ordner wurde durch die umherfliegenden Böller leicht verletzt. Kroatische Spieler waren an die Bande vor dem Block gelaufen, um die Fans zu beruhigen. Am Tag danach vermeldeten Funktionäre vom kroatischen Fussballverband:
"Wir haben alles getan, um Zwischenfälle zu vermeiden. Vor den gewaltbereiten Hooligans, die in den sozialen Netzwerken großspurig sogar einen Spielabbruch angekündigt hatten, ist gewarnt worden."
Mitteilung des kroatischen Fußballverbands
Im Vorfeld der Entscheidung im Disziplinarausschuss der Uefa ist nun für die Kroaten alles möglich - von einer hohen Geldstrafe bis zum EM-Aus auf Bewährung wie bei den Russen. Und damit nicht genug der Probleme, die sogenannte Fans ihren Teams und den Organisatoren bereiten. Ungarn und Belgien müssen mit Geldstrafen rechnen, weil ihre Anhänger bei Partien gestern Feuerwerkskörper gezündet und Gegenstände geworfen hatten.
Kritik an der Uefa nimmt zu
Ein Disziplinarverfahren hat die Uefa auch gegen Portugal eingeleitet, weil ein Anhänger bei der Partie der Portugiesen aufs Feld gelaufen war und ein Selfie mit Christiano Ronaldo geschossen hatte.
Derweil gerät die Uefa auch anderer Seite immer stärker in die Kritik. Der frühere Sicherheitschef des DFB, Helmut Spahn, bemängelte in der "Bild am Sonntag" zu laxe und zu kurze Kontrollen. Er empfiehlt, künftig auch vor der Haupt- und der Gegentribüne des jeweiligen Stadions normal zu kontrollieren - vor den Fankurven aber die doppelte Menge an Ordnern einzusetzen, "die dann ganz konzentriert und auch mal eine Minute lang durchsuchen".
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Franz, Sonntag, 19.Juni 2016, 18:00 Uhr
1. Stadionerlebnis
Solange auch hier bei uns noch Ultras glauben, Pyrotechnik würde zum Stadionerlebnis gehören, wird sich da wohl wenig ändern. Leider werden diese Gruppen auch noch von diversen Vereinsvorständen unterstützt.
In diesem Fall jetzt Kroatien Punkte abzuziehen oder gar auszuschließen würde zwar ein Exempel statuieren. Aber die wirklich Schuldigen trifft man damit nicht. Die gehen beim nächsten Spiel wieder mit Bengalos oder Böllern ins Stadion. Ohne Hirn aber mit Überzeugung.