Zur VW-Hauptversammlung Was droht in den USA?
Eigentlich hatte VW gehofft in dieser Woche in den USA in Punkto Abgasaffäre ein wichtiges Stück weiter zu kommen. Es sollten die Details zur Einigung vor einem Gericht in San Francisco vorgestellt werden. Doch der zuständige Richter hat das ganze um eine Woche aufgeschoben. Die Dieselaffäre zieht sich nun weiter in die Länge und dürfte bei VW für einigen Missmut sorgen.
Braungebrannt, grauer Seitenscheitel und stets eine Fliege tragend – Charles Breyer, Richter in der VW Sammelklage sieht auf den ersten Blick harmlos aus. Doch mit dem 74-jährigen sollte es sich Volkswagen nicht verscherzen – er ist so etwas wie die Schlüsselfigur in der Sammelklage gegen den Konzern. Breyer gilt als resolut, er hat unter anderem als Richter Verfahren gegen die chinesische Mafia oder den Technikkonzern Hewlett Packard geleitet hat.
Die Rolle seines Lebens
Die New York Times beschrieb seinen derzeitigen Job als die Rolle seines Lebens, in früheren Verfahren habe er bewiesen, dass er sich nicht vor komplexen Sachverhalten scheue. Und genau das ist die Dieselaffäre auch. Das Verfahren fasst unter anderem mehr als 600 Klagen von VW Kunden und auch eine Milliardenklage des Justizministeriums zusammen. Außerdem muss sich VW auch mit der Bundesumweltbehörde EPA und der kalifornischen Umweltbehörde CARB einigen. Die ersten Eckpunkte dazu wurden im April vorgelegt, erklärt Autoexpertin Susan Carpenter.
"Betroffene können ihr Auto zurückkaufen oder reparieren lassen. VW muss einen Entschädigungsfond anlegen und einen weiteren zur Förderungen grüner Automobiltechniken"
Susan Carpenter
Aktionärsvertreterin: Entlastung des Vorstandes könnte knapp werden
Bei der heutigen VW-Hauptversammlung in Hannover könnten nach Einschätzung der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) viele Aktionäre von einer Entlastung des Vorstandes Abstand nehmen. "Das wird eng werden. Nach dem, was ich höre, sind auch viele Fonds inzwischen abgerückt", sagte DSW-Vertreterin Daniela Bergdolt im Bayerischen Rundfunk.
Auch wenn die Aktionäre in der Hauptversammlung nicht die Mehrheit hätten, so Bergdolt in der radioWelt am Morgen, könne die vorherige Festlegung des Aufsichtsrates, eine Entlastung zu empfehlen, "jetzt zu einem Debakel führen". Die Vertagung der Entlastung wäre für die Aktionärsvertreterin die bessere Lösung gewesen. "Das wäre auch von Seiten von VW ein eleganter Weg gewesen. Den hat man jetzt nicht gewählt und das kann jetzt zu einem Debakel führen."
Nach den bekannt gewordenen Ermittlungen gegen Ex-VW-Chef Winterkorn und der Anzeige der BaFin gegen den gesamten Vorstand könne man von einer neuen Qualität der Entwicklungen sprechen, bestätigte Bergdolt. "Jetzt ist klar, dass man sich wirklich etwas hat zuschulden kommen lassen. Es trifft den Konzern sicherlich sehr." Man könne jetzt nicht mehr mit Fug und Recht sagen, dass dem Vorstand kein Fehlverhalten vorzuwerfen sei.
16 Milliarden Euro für Entschädigungen
Wie hoch die Entschädigungen ausfallen, ist noch unklar. Außerdem gilt die Regelung nur für etwa 500.000 Diesel-Fahrzeuge mit einem 2-Liter-Motor. Für 90.000 weitere manipulierte Autos mit 3-Liter-Motoren gilt sie nicht. Absehbar ist bereits, dass es um einen dicken Batzen Geld für VW geht. Bisher hat der VW-Konzern gut 16 Milliarden Euro zurückgestellt. Und ob diese Summe reichen wird ist kaum abzusehen, denn die Schadensersatzklagen von Investoren, die sich durch den Kursverfall der VW-Aktie durch den Dieselskandal geschädigt sehen, sind mit dem Vergleich nicht vom Tisch.
Ein Imageproblem
Und da wäre noch ein weiteres Problem: galten deutsche Autos von Volkswagen jahrelang als zuverlässig und begehrenswert für viele Amerikaner, ist das gute Image mit dem Skandal erst mal dahin. Vor allem, dass der Konzern offensichtlich gelogen und vertuscht hat, hat das Vertrauen der Kunden erschüttert. Das zeigte sich dementsprechend auch in den Verkäufen, die einbrachen, nachdem der Skandal bekannt wurde.
Druck aus Hollywood
Und dann droht auch noch Hollywood: der erklärte Umweltaktivist Leonardo DiCaprio hat sich die Rechte an einem Drehbuch zum Dieselgate erkauft. Wer die Rolle des charismatischen Richters Charles Breyer spielen wird, ist allerdings noch unklar.
Für Volkswagen ist jedenfalls ein Ende der Affäre in den USA erste einmal nicht in Sicht.