Folge der EU-Kreditrichtlinie Weniger Kredite für Häuslebauer
Banken müssen bei der Kreditvergabe stärker darauf achten, ob sich der Käufer den Kredit leisten kann. Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie sorgt in Deutschland für Ärger und Verunsicherung.
Die Idee, Immobilienkäufer besser zu schützen, ist richtig. Schließlich soll die teuerste Lebensentscheidung nicht mit Zwangsversteigerung und Privatinsolvenz enden. Bei der Umsetzung der EU-Richtlinie hat Deutschland aber die schärfste Variante gewählt: Deutsche Banken dürfen, anders als die österreichischen, bei der Kreditvergabe nicht mehr den Wert der Immobilie berücksichtigen. Entscheidend ist nur, ob der Kreditnehmer genügend Einkommen und freies Vermögen hat. Das neue Gesetz sorgt damit für jede Menge Rechtsunsicherheit, so die Verbraucherzentrale Bayern.
"Das ist durchaus ein Thema, wo der Gesetzgeber noch klar definieren muss, wo der Schutzbereich ist. Dass eben die Banken nicht gezwungen werden aufgrund des Haftungsrisikos komplett auf die Finanzierungsbremse zu drücken. Das ist nicht Sinn und Zweck der Sache."
Sascha Straub, Verbraucherzentrale Bayern.
Neue Problem entstehen
Die neuen Vorschriften werden bei vielen Darlehensverhandlungen zu einem Thema, wenn nicht sogar zu einem Problem, beobachtet der Chef der Raiffeisenbank München Süd, Werner Nottensteiner "Also beim tatsächlichen Problem sind wir bei 10 Prozent, aber Thema ist es in einem Bereich von 30 bis 40 Prozent.“ Betroffen sind in erster Linie Kunden, die sich den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen wollen, und nur über normale Einkommen verfügen.
"Das Problematische ist, dass Menschen, die das erste Mal in ihrem Leben eine Immobilie erwerben wollen, für sich selber zur Nutzung, ganz ganz große Schwierigkeiten haben. Während Menschen, ich sage mal gut verdienende Ärzte, die die dritte oder vierte Wohnung für den Vermietungsbestand erwerben, keine Probleme haben. Das ist sehr schade."
Werner Nottensteiner, Raiffeisenbank München Süd
Ein Beispiel: Junge Familie mit zwei Kindern
Zum Beispiel eine junge Familie mit zwei kleinen Kindern: im Moment verdient nur der Mann, sie betreut die Kinder. Ihre Kreditwürdigkeit ist gering, auch wenn die Lebensplanung vorsieht, dass die Frau in ein paar Jahren wieder arbeitet und mit einem zweiten Einkommen zur Rückzahlung beiträgt. In einem solchen Fall gibt es, so Nottensteiner, nur zwei Möglichkeiten: "Entweder er kauft eine Klasse günstiger ein. Mit entsprechend weniger Wohnfläche. Oder die Alternative: Man löst das Thema mit mehr Eigenkapital. Das vielleicht, wenn es im Familienverbund möglich ist durch Eltern oder Großeltern, dass die Eigenkapitalquote so aufgestockt wird, dass unter dem Strich die Rate wieder erbringbar ist."
Und wer mit 50 kaufen will...
Probleme bekommen auch ältere Kunden, die eine Immobilie besitzen und sie altersgerecht umbauen möchten. Sie sind zwar in Anführungsstrichen "reich", haben aber haben nichts davon, weil der Wert ihres Hauses oder Wohnung nicht mehr berücksichtigt werden darf. Wer mit 50 neu kaufen will, muss nachweisen, dass er die Raten später mit einer geringeren Rente tragen kann. Die Überlegung, beim Renteneintritt die vermutlich wertvollere Immobilie zu verkaufen oder zu vermieten, weil die Kinder aus dem Haus sind, ist unerheblich. Früher, bedauert der Präsident des Bayerischen Genossenschaftsverbandes, Jürgen Gros, wurden solche Kunden problemlos finanziert, jetzt nicht mehr. Die Kreditwirtschaft fordert Änderungen, doch sei das Thema in Berlin nicht so recht angekommen.
"Der Bundesfinanzminister hat ja dieser Tage deutlich geäußert, man müsse sich das Ganze noch einmal anschauen. Nun ist der Verbraucherminister Herr Maas zuständig. Hier haben wir leider das Gefühl, dass das Bewusstsein noch nicht so ganz ausgeprägt ist, dass er die Finanzierung von Eigentum mehr behindert als es notwendig ist."
Jürgen Gros, Präsident des Bayerischen Genossenschaftverbandes