Wiesn-Pfarrer Schießler: Wenn ich volle Teller in den Müll kippe, tut es mir im Herzen weh
Seit zehn Jahren kellnert der Münchner Pfarrer Rainer Maria Schießler auf der Wiesn. Seinen Verdienst spendet er Christian Springers Syrien-Hilfe. Und er lernt viel über das wahre Leben auf der Wiesn. Pfarrer Schießler im Gespräch mit BR-Moderator Michael Weberpals.
BR: Der vierte Tag Oktoberfest in München. Endlich kein Dauerregen mehr. Und Pfarrer Rainer Maria Schießler, 55 Jahre, aus St. Maximilian in München, kellnert auf der Wiesn. Wie läuft das 183. Oktoberfest bis jetzt?
Schießler: Ich bin im Reservierungsbereich. Wir haben unsere Kunden, die vorbestellt haben. Da ändert sich nichts. Aber der Regen geht aufs Gemüt. Du kommst nass in der Arbeit an und musst wieder in die Nässe rein, wenn du heim willst. Ins Zelt hat es reingetropft, drei Tage Regen hält keine Zeltplane aus. Aber trotzdem: Gefeiert wird, die Stimmung ist gut und von Angst ist keine Rede.
War es bereits anstrengend?
Nein, eigentlich nicht. Ich habe das Glück, dass ich in einem tollen Team bin, lauter Profis. Die heißen Tage stehen uns noch bevor.
Warum machen Sie das überhaupt?
Weil ich damisch bin!? Nein, es ist etwas Besonderes. Ich habe vor zehn Jahren angefangen, es ist ja für ein karitatives Projekt, den Verein Orienthelfer von Christian Springer. Es geht mir aber auch um Öffentlichkeitswirkung. Ich bin Teil der Kirche, und die triffst du auf der Wiesn sonst nicht. Es ist ein kleines Ausrufezeichen, dass allen gut tut.
Hintergrund ist ja auch, dass viele Leute aus der Kirche ausgetreten sind. Und Sie sagen: Wenn die Leute nicht zu mir kommen, komme ich zu ihnen und laufe ihnen mit einer Mass Bier hinterher.
Ob Gäste oder Bedienungen - ich treffe viele Leute. Gestern bin ich mit einer netten Kollegin dagestanden. Sie schaute mich an, und fragte: Du bist echt Pfarrer? Dieses Erstaunen bestätigt mich immer wieder. Ich wollte auch wissen, was ist das für eine Welt, wer arbeitet da draußen auf der Wiesn? Ich habe die herzlichsten, liebsten und fleißigsten Menschen auf der Wiesn getroffen.
An welche schwierigen Situationen erinnern sie sich? Es ist ja viel Alkohol im Spiel.
Ja, das ist bei jedem Fest so. Der Mensch ist dann nicht mehr zurechnungsfähig. Manchmal genügt schon die Tracht. Sobald manche Männer in den Lederhosen stecken, denken sie, sie sind der Hulk Hogan für Arme, und fühlen sich wahnsinnig stark. Und ich denk mir so: Mensch, bleib doch Mensch. Ich glaube, es ist eine Übung, für jeden einzelnen. Der Alkohol macht nicht stärker.
Harte Arbeit, und trotzdem spenden Sie ihre Einnahmen. Wieso?
Was mich am Meisten stört: Wir werfen sehr viel weg auf der Wiesn. Viele Speisen gehen zurück oder werden nicht aufgegessen. Wenn ich ein Vorspeisen-Brettl in den Müll werfe, kommen mir Aleppo und Homs in den Sinn, wo die Hilfslieferungen heute noch nicht eingegangen sind. Das tut mir im Herzen weh. Dann weiß ich aber auch, dass es richtig ist, dass ich da bin, weil ich einen Beitrag leisten kann, dass die Menschen dort Hilfe bekommen.
Sie predigen von der Kanzel Nächstenliebe. Wir haben viele Geflüchtete im Land. Was sagen Sie zum CSU-Generalsekretär Scheuer und seiner Aussage "Das Schlimmste ist ein ministrierender Senegalese, den kriegen wir nie wieder los."
Ich mag mich nicht in den Chor derer einreihen, die jetzt auf ihn einprügeln. Er hat einen Job als Generalsekretär, er muss ein Wadlbeißer sein. Ich nehme ihm als Mensch ab, dass es so gemeint war, dass es schwierige Situationen gibt, je länger die Asylsituationen dauern. Ich glaube nicht, dass er den ehrenamtlichen Helfern auf die Füße treten will. Sagen wir mal zur Schadensminderung: saublöd ausgedrückt. Ich kann es nachempfinden: Das passiert immer wieder, wenn man vor der Kamera steht, und dann kannst du es nicht mehr zurücknehmen. Ich würde sagen, die Wogen glätten, aufeinander zugehen (...) Er soll sich mit dem Generalvikar von Regensburg zusammentun und ich glaube, sie kommen zu einer Meinung.
Pfarrer Rainer Maria Schießler, danke für das Gespräch.
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Heinz, Mittwoch, 21.September 2016, 10:10 Uhr
2. Find ich gut.........!!!!!
Herr Pfarrer Schießler ist offensichtlich auch ein Mann der Tat, der nicht nur Wasser predigt und Wein säuft. Das finde ich bemerkenswert und wirklich toll.
Ich kann mit den geistigen Ergüssen der meisten Kirchenvertreter,die ich kenne nicht besonders viel anfangen, genauso wie mit der Organisation Kirche im allgemeinen. Diese Herren sind finanziell alle sehr gut versorgt und müssen keine Existenzängste haben. Da ist es leicht gute Ratschläge zu geben,meisten noch von Dingen , von denen man selbst gar keine Ahnung hat.
Ich finde es wirklich gut, dass er so etwas macht!!!
Mit so einem Pfarrer würde ich mich auch gerne mal unterhalten. Ich glaube der weiß von was er spricht!
Barbara, Dienstag, 20.September 2016, 19:59 Uhr
1. Was will Pfr. Schießler mit dem Kellnern auf der Wies`n bezwecken?
Es wäre wohl besser, wenn er sich um seine Kirche kümmern würde! Was hat er im Marienmonat Mai der Hammerthaler Muttergottes in der Hl. Geist-Kirche "serviert"? Den ganzen Monat Mai über standen in der Hl. Geist-Kirche bei der Marienstatue nur sauere Zitronenbäumchen! Macht man so etwas als Pfarrer? Auch sein "Garten-Eden-Projekt" in der Hl. Geist-Kirche war eine Verwahrlosung dieser schönen Kirche! Mit Seelsorge hat das alles nichts zu tun, sondern allenfalls mit "Effekthascherei" in der Öffentlichkeit! Wer Pfarrer bzw. Seelsorger sein will, der muß mehr können als kellnern!
Antwort von Anna, Dienstag, 20.September, 22:52 Uhr
Also i denk, am Herrgott gfallt's besser, wann ma was Guats tut als wann ma de Kirch schee herricht. S oane is für'n Menschn und für Gott und sei Schöpfung, s'anderne is was für's Aug. Wann Sie des Christsein so verstehn, dass es mehr was für's Aug sei soll, dann pfiadigott, so a oberflächlicher Scheinchrist wia Sie mechti nia sei! An Schema Gruaß und i bet dass der Herrgott mit soichene Heuchler Erbarmen ham mecht, Die wo moana, sie wissen besser was sich gehört als die Bibel.