Mutmaßlicher Dschihad-Rekrutierer verhaftet Umfeld: Verdächtiger kein Gefährder
Beamte des Landeskriminalamtes in Neustadt an der Waldnaab haben heute Früh (gegen 6 Uhr) einen mutmaßlichen Rekrutierer einer dschihadistischen Gruppe verhaftet. Das Umfeld des Verdächtigen legt auf BR-Anfrage großen Wert darauf, dass es sich nicht um einen IS-Terroristen handelt.
Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft München hat sich der Verdächtige zweimal bei der Terror-Gruppe "Junud al-Sham" in Syrien aufgehalten und soll auch in Kampfhandlungen verstrickt gewesen sein. Der Mann pflegte den Ermittlern zufolge auch Kontakte nach Österreich. Bei der Aktion wurden in der Oberpfalz zwei Wohnobjekte durchsucht, sowie drei weitere im Raum Linz und bei Innsbruck. Rund 70 Beamte des bayerischen Landeskriminalamtes und 30 österreichische Beamte waren beteiligt.
Die Münchner Generalstaatsanwaltschaft legt dem Beschuldigten die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland zur Last. Er sei in den Jahren 2013 und 2014 nach Syrien ausgereist. Dort, so der Vorwurf, wurde er an Kriegswaffen trainiert und hätte an Kampfhandlungen der Organisation in Nordsyrien teilgenommen. Bis spätestens morgen wird er dem Haftrichter vorgeführt, der über eine U-Haft entscheidet. Laut deutscher Sicherheitsbehörden gilt "Junud al-Sham" als Al-Kaida-nahe Terrororganisation, die einen Gottesstaat errichten will.
Umfeld verteidigt Verdächtigen
Der Bayerische Rundfunk hat auch mit dem Umfeld des Verdächtigen gesprochen. Eine Person, die ihn gut kennt, berichtet, gegen den Mann werde bereits länger ermittelt. Allerdings sei es zunächst zu keinem Ergebnis gekommen.
"Dann haben die Behörden offenbar versucht über Leute, die jetzt im Gefängnis sitzen, Informationen zu bekommen", sagt die Person. Aus ihrer Sicht gefährdet die Junud al-Sham "nicht die Stabiltät in Deutschland", wolle keine Anschläge verüben.
Die Gruppe kämpfe in Syrien - und zwar gegen das Regime von Machthaber Assad sowie die Terrormiliz IS. Die Person betont auf Anfrage zudem, dass sie die "Junud al-Sham nicht unterstützt". Es sei ihr aber wichtig zu differenzieren. Gefährlich seien die IS-Sympathisanten. Diese würden wirklich terroristische Gedanken in sich tragen, aber trotzdem frei herumlaufen - auch im Raum Weiden. Dies sei nicht nachvollziehbar. Zuletzt war nach einem BR-Bericht bekannt geworden, dass auch IS-Sympathisanten aus Weiden Vorträge des inzwischen inhaftierten mutmaßlichen IS-Rekrutierers Abu Walaa außerhalb Bayerns besucht hatten.
Innenminister lobt die Aktion
In Neustadt an der Waldnaab sind die Bürger von der Festnahme geschockt. Bürgermeister Rupert Troppmann wusste nicht, dass ein sogenannter Gefährder in seiner Stadt lebt. "Wahnsinn", sagt er am Telefon dem BR Niederbayern/Oberpfalz. Hier habe es bislang keinerlei Auffälligkeiten gegeben, weder Koranverteilungen noch Info-Stände oder Ähnliches.
Nachbarn erzählen, der Türke sei nicht oft draußen zu sehen gewesen. Seine Frau mit den vier Kinder hätte öfter den Spielplatz besucht und freundlich gegrüßt. Unter den vier Kindern sei ein wenige Wochen altes Baby. Der 37-Jährige wurde offenbar seit Längerem vom LKA observiert. Lob für die Aktion kam von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann.
Der föderale Aufbau der Sicherheitsarchitektur in Deutschland habe sich bewährt, stellte der bayerische Innenminister fest. Das zeige auch der vorliegende Fall. Entscheidend sei die enge Zusammenarbeit der Verfassungsschutzbehörden mit den weiteren Sicherheitsbehörden sowie wirksame Eingriffsbefugnisse, die den aktuellen Erfordernissen gerecht werden. Positiv äußerte sich zudem der Generalsekretär der BayernSPD Uli Grötsch.
"Zunächst einmal will ich den Sicherheitsbehörden, dem bayerischen Landeskriminalamt, zu dieser erfolgreichen Aktion gratulieren. Dass das eine gemeinsame Aktion offenbar mit den österreichischen Kollegen war, zeigt mir, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Europa sehr gut funktioniert."
Uli Grötsch, BayernSPD
Laut Grötsch macht das aber auch deutlich, "dass Hinterhof-Moscheen in Deutschland und eben auch in Bayern konsequent geschlossen werden müssen". Hassprediger und Dschihadisten müssten "auch in Bayern den starken Arm des Staates spüren. Und immer dann, wenn das rechtlich möglich ist, festgesetzt werden".
Wer ist Junud al-Sham?
In den Jahren 2013 und 2014 schlossen sich mehr als 30 Kämpfer Junud al-Sham (Soldaten Syriens) an, einer tschetschenischen Dschihadisten-Gruppe in Nordsyrien. Die meisten kamen von Dschihad-Hotspots wie Berlin, Bonn und Frankfurt am Main, die einer deutschen Gruppe namens Milatu Ibrahim angehörten. Nach dem Auftauchen des sogenannten Islamischen Staates verließen die meisten Deutschen Junud al-Sham. Quelle: "Combating Terrorism Center"