Syrien-Rückkehrer aus der Oberpfalz Zwei mutmaßliche Terrorhelfer einer Islamisten-Gruppe vor Gericht
Immer wieder sind in den letzten Jahren Männer aus dem Raum Weiden nach Syrien zu Terrorgruppen ausgereist. Zwei mutmaßlichen Rückkehrern wird nun der Prozess gemacht. Einer von ihnen soll für den Dschihad rekrutiert haben. Die Verhandlung vor dem Oberlandesgericht München ist trauriger Höhepunkt eines Familiendramas.
Ende Mai 2017 nehmen Spezialkräfte der Polizei in Neustadt an der Waldnaab den 38-jährigen Türken Fatih K. fest – ein mutmaßlicher Ex-Kämpfer einer Terrorgruppe in Syrien. Mehrere Wohnungen werden durchsucht – auch in Österreich, wo die Mutter von Fatih K. lebt. Mit dem Vorgehen der Sicherheitsbehörden ist die Frau offensichtlich gar nicht einverstanden. Sie meldet sich in einem Facebook-Video zu Wort. In diesem wirkt die ältere Dame gebrechlich, weint und klagt an: "Mein Sohn Fatih ist ein braver. Warum seid ihr hinter ihm her?"
Bei den "Soldaten Syriens"
Seit der Aktion vom Mai sitzt der 38-jährige Fatih K. in Untersuchungshaft. Er muss sich seit heute gemeinsam mit dem 26-jährigen Türken Abdullah Ka. vor Gericht verantworten. Abdullah Ka., der sich auf freiem Fuß befindet, kommt ebenfalls aus Neustadt und soll sich 2013 mit Fatih K. in Syrien aufgehalten haben - bei der "Junud al Sham", zu deutsch "die Soldaten Syriens", eine Al-Kaida-nahe Dschihadisten-Gruppe.
Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland, Vorbereitung einer staatsgefährdenden Gewalttat und unerlaubter Besitz von Kriegswaffen legt die Generalstaatsanwaltschaft München den Männern zur Last. Ihnen drohen langjährige Haftstrafen.
Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft München ist Fatih K. noch einmal 2014 ohne Abdullah Ka. in Syrien gewesen. Er habe, so der Vorwurf, den Umgang an der Kriegswaffe gelernt und auch an Kampfhandlungen teilgenommen.
Fatih K. ein Rekrutierer?
Beim Prozess dürfte es auch um die Frage gehen, aus welchem Grund die beiden Angeklagten Abdullah Ka. und Fatih K. in Syrien waren. Wurden sie zum Dschihad verführt oder waren sie selbst Verführer?
Um diese Frage zu beantworten, braucht es auch Verständnis, wer hinter der "Junud al Sham" in Syrien steckt. Führer der Gruppe ist Muslim Margoshvili, der den Kampfnamen "Muslim Abu Walid al-Shishani" trägt. Einst absolvierte der Georgier in der russischen Armee eine Ausbildung. Später kämpfte er in Tschetschenien gegen die Russen. Seit 2012 tötet der Terrorfürst in Syrien und bildet sich ein, er mache das alles im Namen Allahs. Auf einem Video zeigt er sich mit Kindern im Grundschulalter, die schwere Waffen tragen und den Terroristen feiern.
Der Dschihadist mit dem langen roten dichten Vollbart ist für militante Salafisten weltweit ein Vorbild - eine Vaterfigur, der junge Männer und Kinder zu Kämpfern machen will.
Eine Moschee in Weiden und der Syrien-Konflikt
Auch Fatih K. aus der Oberpfalz soll nach BR-Informationen ein großer Fan von Terrorfürst Muslim Abu Walid al-Shishani gewesen sein. Fatih K. versuchte offenbar, Mitglieder für die "Junud al-Sham" zu rekrutieren. Doch wo hat er rekrutiert? Im Fokus der Ermittler war und ist auch eine Moschee in Weiden, die der Verfassungsschutz als salafistisch einstuft. Der Bayerische Rundfunk recherchiert schon länger im Umfeld des "Islamischen Zentrums Weiden".
Der BR traf bereits gut zwei Jahren Fatih K. vor der Moschee. Bereits zu diesem Zeitpunkt stand er im Verdacht, in Syrien beim Kämpfen gewesen zu sein. Ein Interview lehnte er ab.
Fatih K. und auch Abdullah Ka. verkehrten immer wieder im Islamischen Zentrum - offensichtlich kein Zufall, wenn man die Entwicklung der Moschee und einiger Personen in den letzten Jahren betrachtet.
Der "liebe Schwager" Mehmet
Im Frühjahr 2017 trifft der BR den Imam der Weidener Moschee. Der junge Mann nennt sich Ibrahim und ist Teil eines Familienclans. Er hat quasi in Strukturen eingeheiratet, die auch beim Prozess eine Rolle spielen könnten. Sein Schwager Mehmet ist zur Junud al-Sham gereist und vor gut vier Jahren dort getötet worden.
Der Imam vermisst Mehmet und bedauert, dass ein junger Mensch mit fast Mitte 20 sein Leben in Syrien lassen musste - aufgerieben in einem Kampf weit weg von der Lebensrealität in der Oberpfalz. "Ich denke, wir hätten ihm klarer machen müssen, dass seine Familie ihn braucht", sagt der Imam. Sein Schwager Mehmet leitete in Syrien das "deutsche Haus" der "Junud al-Sham" – ein Trainigscamp mit vielen deutschen Kämpfern. Der begeisterte Fußballer Mehmet, berichtet Ibrahim, sei ein lieber, hilfsbereiter Mensch gewesen, aber der Syrien-Konflikt habe seinen Schwager aufgewühlt.
Laut einer Zeugenaussage während eines Dschihadistenprozesses hatte Mehmet gute Kontakte zu Schleusern. Er habe, so der Zeuge im Dezember 2017, nach Orientierung in seinem Leben gesucht und habe diese bei der "Junud al-Sham" gefunden. Allerdings soll er im Umfeld von Killern wie Terrorfürst Abu Walid al-Shishani auch verroht sein und die Auspeitschung von Mitkämpfern befohlen haben, die Befehle missachtet hätten.
Imam distanziert sich von Terror
Als Mehmet noch lebte, war der bewaffnete Kampf in Syrien auch Thema in der Weidener Moschee. Das geht aus dem Buch "Der Dschihadist" des Aussteigers Irfan Peci hervor. "Als ich dort die Moschee besuchte, merkte ich schnell, dass einige Brüder fehlten. Die kämpfen in Syrien, erzählten mir die anderen stolz", berichtet Peci in dem Buch.
Nach dem Tod Mehmets soll nach BR-Informationen aber nicht mehr über den bewaffneten Kampf gesprochen worden sein. Fürchteten die Angehörigen des Islamischen Zentrums verstärkt in den Fokus von Verfassungsschutz und Polizei zu geraten? Hatten sie Angst vor Abhöranlagen? Möglicherweise werden auch solche Fragen beim Prozess gegen Fatih K. und Abdullah Ka. eine Rolle spielen. Im Gespräch mit dem BR jedenfalls hat sich der Weidener Imam Ibrahim von Terror und Gewalt distanziert.
Ein Angeklagter mit getötetem Mehmet verwandt
Die familiären Bindungen sind sehr eng. Der Angeklagte Abdullah Ka. ist Stiefbruder des getöteten Mehmet. Mehmets Stiefvater wiederum ist der Neffe der Mutter des in Untersuchungshaft sitzenden Fatih K.. Auch der Neffe hat sich kurz nach der Festnahme im Mai 2017 auf Facebook geäußert: "Die Wohnung der 70-jährigen schwer behinderten Mutter des angeblichen Dschihadisten wurde von schwer bewaffneten Beamten gestürmt. Die arme alte Frau wurde gedemütigt und liegt jetzt im Krankenhaus."
Eine gesamte Familie, so scheint es, steht hinter den Angeklagten. Der Grund liegt im komplexen Syrienkonflikt selbst, der bis in die tiefste bayerische Provinz hineinwirkt. Für das Umfeld der beiden mutmaßlichen Syrien-Rückkehrer aus der Oberpfalz leistet die "Junud al-Sham" Widerstand gegen den Despoten Assad. Zudem hätten Fatih K. und Abdullah Ka. niemals vorgehabt, Anschläge in Deutschland zu verüben.
Nur gilt die Junud al-Sham ganz offiziell als Terrorgruppe. Nach Angaben deutscher Sicherheitsbehörden ist diese "getrieben von radikal-islamistischen Anschauungen". Sie wolle unter Inkaufnahme ziviler Opfer, den Staat Syrien in seiner jetzigen Form zerschlagen und einen islamischen Gottesstaat unter Geltung der Scharia errichten.
Auch Deso Dogg einst bei Junud al-Sham
Zudem sind im Laufe des Syrien-Konflikts nicht wenige Kämpfer der Junud al-Sham zur Terrormiliz IS übergelaufen. Als prominentestes Beispiel gilt der Ex-Rapper Deso Dogg alias Denis Cuspert, der offenbar inzwischen getötet wurde.
Kommentieren
Menstruationtasse, Dienstag, 27.März 2018, 11:23 Uhr
13. Nicht so pingelig
Ja die arme Mutter.
Was hat sie nur falsch gemacht?
Das ganze mit dem Dscihad ist ja eh alles nur Folklore.
Bestimmt wurden die auch alle schlimm behandelt und vielleicht sogar abgelehnt !
Das darf man doch nicht.
Islamisten sind ja immer die Opfer, das weiss man doch.
Antwort von Blechmann13, Mittwoch, 28.März, 07:28 Uhr
Viele Mami's können beim eigenen Sohn, welcher ein Mörder oder Schwerverbrecher ist, oft, selbst nach der Verurteilung, immer noch nicht glauben, das er "solche Sachen" getan hat...
"Er war doch immer so zuvorkommend und ruhig..." (^^)
mfg
Alexander K., Dienstag, 27.März 2018, 11:07 Uhr
12. Tränendrüsendrückerei ??
Ich muss hier mal als Kommentar was zu den anderen Kommentaren schreiben:
Manche unterstellen diesem Artikel Tränendrüsendrückerei. Dürfen Sie machen. Dann begehen sie aber den Fehler, einem im Internet gelesenen Bericht wegen vermeintlicher gefühlsbetonter Ausdrucksweise falsch zu interpretieren.
Wenn die Intension des Herrn Röhmel Tränendrüsendrückerei gewesen sein sollte, so lässt mich das völlig kalt. Ich habe den Artikel nur zu analysieren, mit weiteren Information zu bewerten und meinen Standpunkt daraufhin neu zu bewerten.
Und noch ein Wort zur Erziehung:
Fehl-erzogen ist erstens eher die Regel, als die Ausnahme, zweitens nicht auf muslimische Mütter beschränkt und drittens standpunktabhängig ...
Antwort von Ein Schelm.., Dienstag, 27.März, 15:18 Uhr
@ Alexander K.
Zur Erziehung: Bei uns wird noch immer der Stammhalter gefeiert und bei der Geburt eines
Mädchens geht es zur Büchsenmacherei.
Töchter sollen im Haushalt helfen und die Prinzen werden verwöhnt.
Selbst erlebt mit vielen Kindern.
Gut, keine Terroristen ...
Antwort von Blechmann13, Mittwoch, 28.März, 07:57 Uhr
"Echte" muslimische Frauen "erziehen" Söhne nach den Vorgaben des Korans und des Ehemanns, da haben sie wenig zu melden.
Sobald der Sohn dann im Islam als "erwachsen" gilt (wann, ist nicht genauer definiert!), hat sie gar nichts mehr zu melden, sondern muss ihm, genau genommen, sogar gehorchen.
Ich glaube viele haben eine etwas "glattgebügelte" Vorstellung, auch durch viele Muslime die es ebenso wie viele Christen inzwischen nicht mehr so genau mit den religiösen Regeln nehmen, und nur noch auf dem "Papier" einer Religion angehören.
Auch ohne Scharia (wo Mädchen schon mit 9 Jahren verheiratet werden können), ist die "Aussage" einer gläubigen Muslima gegenüber ihrem Sohn praktisch wertlos, da sie nie etwas negatives sagen würde, auch im Hinblick auf die Folgen innerhalb der Familie...
mfg
RobertH, Dienstag, 27.März 2018, 10:34 Uhr
11. über die Kunst eines Verfassers augenscheinliche Straftaten weichzuspülen
ja was will ich sagen, die meisten Kommentatoren hier denke ich lesen öfter Beiträge im BR. Infolgedessen braucht man auch keinen Kommentar zu verfassen, welcher sich damit befasst wenn oben genannter "Journalist" , versucht hier auf die Tränendrüsen der Leser zu drücken. Wer schon mehrmals Beiträge vom Verfasser gelesen hat weiß das er sich auf relativ einseitige und mitleiderregende Artikel bezüglich des Themenspektrums "islamische Religion" einlässt. Insofern hat mich dieser Artikel eigentlich gar nicht erstaunt. Mich hat nur erstaunt wie dieser freigeschalten werden konnte...na ja das hohe Gut in Deutschland...freie Meinungsäußerung....Meines Erachtens hat dies nichts mit Qualitätsjournalismus zu tun...mehr so um eine Mischung aus Kommentar...Verniedlichung...Fakten subjektiv beurteilen...hohlen Wortphrasen....moralischer Überheblichkeit...so ungefähr sehe ich das.
Squareman, Dienstag, 27.März 2018, 10:05 Uhr
10. Salafisten.....
....mehr braucht man nicht zu sagen, mehr darf man hier auch nicht sagen.
Antwort von Nachfrage, Dienstag, 27.März, 12:03 Uhr
4 Kommentare reichen nicht ?
Dieter, Dienstag, 27.März 2018, 09:28 Uhr
9. Terror
So, Herr Gauland hat also die Fakten verbogen, als er behauptete, die Einwanderung ginge ungebremst weiter, dabei ist die Zahl der Asylanträge (leicht) rückgängig! Die Staatsmedien machen sich selbst lächerlich. Dazu noch die Aussage von Frau Merkel, sich zu wenig Gedanken über Kriegsflüchtlinge gemacht zu haben. Das ist doch genau eins der Hauptprobleme: dass immer so getan wird, als ob jeder Asylbewerber ein Kriegsflüchtling aus Syrien wäre. Damit lässt sich die Moralkeule gut schwingen, wer will diesen schon Asyl verwehren? Aber was ist mit den ganzen Kleinkriminellen Nordafrikanern a la Anis Amri etc? Da verschließt man halt die Augen und lässt sie solange wie möglich als Syrer durchgehen.
M.f.G.