Tracks der Woche #48/18 Frittenbude, Sure Sure, Deadmau5 feat. Lights, Impala Ray, Little Simz
Die Tracks der Woche wie im Rausch: im Kampf mit der Sucht, benommen von der kalifornisches Sonne, in Trance durch verzerrte Realitäten, im Bann von Kenia und auf einem verdienten Ego-High.
Frittenbude – Süchtig
Der Morgen nach einem Gig von Frittenbude läuft für gewöhnlich so ab: Man wacht auf in den verschwitzen Klamotten vom Vorabend, braucht dringend eine Magnesiumtablette gegen den Muskelkater in den Beinen und hat mindestens noch eine der vielen prägnanten Textzeilen im Kopf. Das Trio versteht es hervorragend, punkige Anti-Haltung und politische Statements mit elektronischen Beats zu verschmelzen. Die neue Single "Süchtig“ überrascht mit soften Bläsern, ungewöhnlichem Gitarreneinsatz und vergleichsweise wenig Geschepper. Was den in lethargischem Sprechgesang vorgetragenen Text angeht, erkennt man aber sofort die Handschrift der Wahlberliner. Ihr erstes Album "Nachtigall“ ist vor mittlerweile zehn Jahren erschienen, die Jungs können also schon auf eine beachtliche Diskografie zurückschauen. Heißt aber nicht, dass das Lebenswerk schon abgeschlossen ist. Gut möglich, dass da bald ein neues Album ansteht.
Sure Sure – Idiot
“Who is this idiot walking around? He looks a lot like me in my shorts. Staring thousand miles into the ground”, heißt es in der ersten Strophe der neuen Single von Sure Sure. Wenn man den Anfang von "Idiot“ hört, möchte man den Jungs sofort eine aufbauende Nachricht schicken. Irgendwas wie: "Kopf hoch, wir sind doch irgendwie alle Loser und Idioten." Aber genau darum geht es in dem Song ja: Nicht immer gleich alles verurteilen, wenn man selbst auch längst nicht fehlerfrei ist. Ziemlich makellos allerdings ist der warme, fuzzy Sound von Sure Sure, der direkt unter der kalifornischen Sonne entstanden ist und auch so klingt: Sänger Chris Beachy taumelt zwischen Höhen und Tiefen, als wäre er noch etwas benommen von der Hitze. Dazu gibt es dezente und sehr abwechslungsreiche Surf-Rock-Reminiszenzen. Das Ergebnis klingt ziemlich tiefenentspannt – und passt damit perfekt zu den vier Indie-Boys, die ihre Musik komplett selbst von zu Hause aus produzieren.
Deadmau5 feat. Lights – Drama Free
Deadmau5, der Typ mit der überdimensionalen Maske, die an eine verballerte Version von Mickey Mouse erinnert, hat vor einigen Monaten eine neue EP rausgehauen. Und weil's so schön war, legt er jetzt mit "Mau5ville: Level 2" gleich die nächsten neun Tracks nach. Eröffnet wird die EP mit einem Feature der kanadischen Künstlerin Lights. Auf "Drama Free" bearbeitet und verzerrt Deadmau5 die Stimme der Alt-Pop-Sängerin so, dass sie in seine düstere Glitch-Musikwelt passt. Auch wenn der Gesang noch einen Rest tröstliche Empathie vermittelt, "Drama Free" hat mit Easy Listening nichts zu tun. Viel eher ist das Feature ein düsterer House-Track, dem es nicht an Morbidität fehlt. Morbide ist übrigens auch das zugehörige Musikvideo mit trippy Animationen, herumfliegenden Gliedmaßen und seltsam entgleisenden Gesichtern – und mittendrin in dieser Kulisse performt Lights, die ihren Ausflug auf die dunkle Seite der Musik sichtlich genießt.
Impala Ray – Splash Mathare
Rainer "Ray" Gärtner ist zwar im bayerischen Altmühltal geboren, aber seine Band hat er nach einer afrikanischen Antilopenart, den Impalas, benannt. Das kommt daher, dass der Musiker bereits nach dem Abitur für einige Zeit nach Kenia gegangen ist und ihn diese Zeit nachhaltig geprägt hat. Mit seiner neuen Single "Splash Mathare" bekundet der Musiker erneut seine Zuneigung zu diesem Kontinent: Mathare heißen nämlich die Slums am Rand des Stadtzentrums von Nairobi. Der Track handelt aber nicht – wie man jetzt ganz klischeehaft denken könnte – von Armut und Elend. Im Gegenteil: Der Song kommt ganz leicht mit akustischer Gitarrenmelodie und Drums daher, wird dann kurz ganz ruhig und steigert sich anschließend mit anspornendem Refrain zum Feelgood-Song. Diese Art Indie-Folk ist wie gemacht dafür, sie live zu hören. Und genau deshalb spielt Impala Ray auch auf dem PULS Festival in Erlangen und München.
Little Simz – Boss
Ja, diese Frau ist ganz definitiv ein Boss. Little Simz wirbelt seit ein paar Jahren mit ihrem experimentellen Hip-Hop-Sound ordentlich Staub auf. Auf ihrem zweiten Album "Stillness in Wonderland“ hat die britische Rapperin bewiesen, dass sie, wenn es um atemlosen Flow und kluges Texten geht, in ihrer eigenen Liga spielt. Snoop Dogg, Lauryn Hill und Kendrick Lamar überschütten die 24-Jährige dafür mit Lob. Little Simz selbst weiß ebenfalls um ihr einmaliges Talent und haut mit "Boss“ eine gekonnte Ansage an alle chancenlosen Neider raus. Dabei ist sie angriffslustig, aber gleichzeitig auch ganz besonnen - und genau das macht sie auch so treffsicher. Als musikalischer Unterbau dient ein verzerrtes Bassriff, den Rest erledigt sie mit dem kreativen Einsatz ihrer Stimme. Simbiatu Ajikawo, wie Little Simz mit bürgerlichem Namen heißt, ist übrigens auch im wörtlichen Sinne ein Boss: Mit gerade mal 20 hat sie schon ihr eigenes Label "AGE: 101 Music“ gegründet.
Sendung: Freundeskreis, 26.11.2018 - ab 10.00 Uhr