Tracks der Woche #03/18 Gabriel Black, Dream Wife, RIN, Blond, Cosby
Folgende Probleme verarbeiten die Tracks der Woche in ihrer Musik: Traurigkeit, nervige Geschlechterrollen, Liebe in Zeiten des Internets, Spinat zwischen den Zähnen und den fortschreitenden Klimawandel.
Gabriel Black – Hurricane
Der US-Sänger, der die Farbe Schwarz bereits im Namen trägt und seine erste Single "sad boy“ genannt hat, ist vielleicht der traurigste Kerl der Musikwelt. Tagebuchartig verarbeitet Gabriel Black seine persönlichen Probleme mithilfe seiner Musik – quasi als Ersatz für eine Therapiesitzung. Dazu kommt, dass er seine Musikvideos selbst zeichnet und darin als blasse, schwarz gekleidete Gestalt ziellos durch die Welt wandelt. Die Vielschichtigkeit seiner Musik wird einem aber erst bei genauerem Hinhören klar: Oberflächlich betrachtet könnte sein neuer Titel "Hurricane“ mit dem flotten Beat und den coolen Gitarrenriffs genauso als gut gelaunter Indie-Track durchgehen. Textlich sieht es anders aus: "Don’t go looking for the girl of your dreams, ‘cause shit don’t work out and it’s never how it seems”. Gabriel Black ist sowas wie die musikalische Reinkarnation von Emily The Strange: nihilistisch, faszinierend und verdammt ehrlich.
Dream Wife – Hey Heartbreaker
Rakel, Alice und Bella von Dream Wife haben tatsächlich immenses Traumfrauen-Potenzial, denn bei den drei Frontfrauen stimmt einfach alles: Style, Attitüde und musikalisches Können. "Hey Heartbreaker“ ist geprägt von verzerrten Gitarren, rotzfrechem Gesang und motivierenden Handclap-Beats. Dem Sound von Dream Wife ist der Einfluss von feministischen Electropunk-Bands wie Le Tigre deutlich anzuhören. Und auch thematisch gibt es da Gemeinsamkeiten: So wie ihre Roboter-Alter-Egos im zugehörigen Musikvideo von "Hey Heartbreaker“ brechen auch Dream Wife aus ihren (Geschlechter-)Rollen aus. Das fängt beim Namen der Band an, der von einer 50er-Jahre-RomCom mit einer emanzipierten Frau in der Hauptrolle stammt, und geht bis zu klaren Statements wie "I’m not a body, I’m somebody“. Für Ende Januar ist das selbstbetitelte Debütalbum der englisch-isländischen Band angesagt.
RIN – Datalove
Wer Cloudrap sagt, der muss auch RIN sagen. Der Schwabe hat letztes Jahr mit seinem Album "Eros“ eines der meistdiskutierten Deutschrap-Alben seit langem rausgehauen. Hochgelobt wurden die findigen Beats von Lex Lugner und Minhtendo, kritisiert dagegen die Lyrics, die gerne mal die Grenzen des Erlaubten austesten. Zusammenfassen lässt sich die kontroverse Debatte wohl mit der althergebrachten Frage: Ist das Kunst oder kann das weg? Tatsache ist: Der Rapper kreiert mit seiner Musik einen einzigartigen Vibe, dem man sich nur schwer entziehen kann. Liebe in Zeiten von Tinder & Co ist dabei ein wiederkehrendes Thema – so auch auf seiner neuen Single "Datalove“, auf der RIN erklärt, wie man eine Beziehung virtuell am Laufen hält. Die lässigen Beats mit einer Prise Tropical Feeling, der wiederholte Autotune-Refrain, die dadaistischen Liebeserklärungen – "Datalove“ zeigt noch mal eindrücklich, warum der Hype um RIN nicht abflacht.
Blond – Spinaci
Spinat kann man mögen oder nicht. Wo Spinat aber definitiv immer nervt, ist zwischen den Zähnen. Deshalb ist es für die Chemnitzer Band Blond der schlimmste Vertrauensbruch in einer Freundschaft, wenn man die andere Person unbehelligt mit dem Grünzeug zwischen den Zähnen rumlaufen lässt. "Spinaci“ ist die einzige deutschsprachige Single auf der zweiten EP namens "Trendy“. Wenn man den gelungenen Text hört, fragt man sich schon mal, warum das so ist. Vielleicht wollten die beiden Schwestern Lotta und Nina Kummer die Parallelen zu ihren Brüdern – Felix und Till von Kraftklub – nicht zu groß werden lassen. Die Gefahr besteht aber eigentlich sowieso nicht, weil Blond mit frechem Indie-Rock und passender DIY-Optik sehr deutlich einen eigenen Weg gehen. Weiteres Markenzeichen des Trios sind übrigens ihre ausschweifenden Choreographien – egal ob in den Musikvideos oder bei Live-Auftritten.
Cosby – Greyblue
Atmosphären zu erzeugen ist die große Stärke der Band Cosby. Um eine so tiefgehende Klangwelt wie auf ihrer Single "Greyblue“ zu produzieren, nutzen die Münchner zum einen seltene Instrumente – besonders Synthesizer in den verschiedensten Ausführungen – und zum anderen die kraftvolle Stimme von Sängerin Marie Kobylka. Dazu kommt, dass sich die Band mit "Greyblue“ nicht scheut, entgegen der gängigen Konvention im Popbusiness die 4-Minuten-Marke deutlich zu überschreiten. Und das ist auch gut so, denn der Track braucht Zeit, um sich Stück für Stück aufzubauen und dann vom ruhigen Piano-Part nahtlos in ein imposantes Ensemble überzugehen. Der stellenweise bedrohliche Unterton von "Greyblue“ ist dabei kein Zufall: Die Ballade soll auf den Klimawandel und die schmelzenden Polkappen aufmerksam machen. Der Track ist außerdem der letzte Song auf dem im Februar erscheinenden Album "Milestone“.