Tracks der Woche #06/18 Tom Grennan, Dexter, George Fitzgerald & Lil Silva, Jesper Munk, Vök
Die Tracks der Woche blicken zurück auf betrunkene Karaoke-Nächte, benebelte Musik-Sessions, die verbrachte Zeit in Berlin, unvergessene Musiklegenden und auf das erste eigene Album.
Tom Grennan – Sober
Wenn auf einer Party genug im Alkohol im Spiel ist, werden früher oder später auch die schüchternsten Gäste zu Performern: lauthals mitgrölen, peinliche Tanzmoves auspacken oder notfalls halt die Luftgitarre machen. Alles schon erlebt und meistens am nächsten Tag ganz schnell wieder vergessen. Bei Tom Grennan lief es etwas anders: Der hat nämlich mit seiner betrunkenen Karaoke-Darbietung derartig Eindruck bei seinen Freunden geschunden, dass sie ihn ermutigt haben, dieser Begabung nachzugehen. Hat er gemacht, sich eine Gitarre gekauft, auf Open Mic Abenden gesungen und 2016 mit „Something in the Water“ seinen ersten Hit gelandet. Wenn man die Geschichte des Londoners liest, ist die Themenwahl seines neuen Songs nicht erstaunlich: „Sober“ erzählt von dem Teufelskreis, in den einen der Alkohol ziehen kann. Verkörpert werden die beiden Gegenspieler von der bluesig-rauen Stimme des Sängers und den opulenten Orchesterparts.
Dexter feat. Liquid, Maniac & Keno – G. H. M. M.
Noch bevor auch nur das erste Wort auf "G.H.M.M." gefallen ist, ruft der Beat einem schon förmlich "Dexi!" entgegen. Und auch mit Dexters Rap-Part geht es erstmal so weiter wie wir es von ihm kennen und lieben: witzige Reime, ganz entspannter Flow und eine Bemerkung über seine Socken. Wenn dann aber Liquid mit seinem harten Oberpfälzer-Dialekt einsteigt, ist man erstmal einmal gelähmt – dann aber schnell begeistert, denn die Sache funktioniert wunderbar. Keno bringt den Track kurz später wieder zurück in die Hochsprache, bevor Maniac mit seinem Signature-Move – eine freshe Mixtur aus Englisch und Dialekt – das Ding nach Hause fährt. Außerdem beantworten die vier Rapper mit dem Refrain die Frage, was sie denn so gerade umtreibt: "I’ll be gettin‘ high making music". Das fette Feature ist auf Dexters brandneuer EP "Nicht auf Arbeit, sondern auf Tour" zu finden –der Titel dieses Mixtapes ist auch wörtlich zu nehmen.
George FitzGerald & Lil Silva – Roll Back
Von seiner Wahlheimat Berlin ging es für Produzent George FitzGerald kürzlich wieder zurück nach London. Nur eine von zwei schwerwiegenden Veränderungen im Leben des Künstlers – er ist nämlich auch zum ersten Mal Vater geworden. Und was macht man als Musiker, wenn es etwas gibt, dass einem im Leben beschäftigt? Genau, man schreibt ein Album darüber. Das heißt in diesem Fall "All That Must Be" und soll im März erscheinen. Die zugehörige Leadsingle "Roll Back" ist ein gedankenverlorener Track, der auf gefallene Entscheidungen zurückblickt. Das bedächtige, elektronische Musikbett bleibt die meiste Zeit dezent im Hintergrund und gibt der ausdrucksstarken Stimme von Lil Silva den nötigen Raum. Der wiederum ist selbst als Produzent für Acts wie Banks und Adele aktiv und weiß daher genau, wie man mit Vocals Stimmung erzeugt – auch mit der von George FitzGerald.
Jesper Munk – Happy When I’m Blue
Eine Hochzeit in Paris – das muss die Krönung des Kitsches sein. Auch wenn es zunächst den Anschein hat, Jesper Munk bedient sich im Video zu seiner neuen Single „Happy When I’m Blue“ nur bedingt dieses Klischees. Eigentlich tänzelt der Münchner da nämlich durch die chinesische Kleinstadt Tianducheng – der Eiffelturm dort ist nur ein Nachbau. In Sachen Inszenierung macht ihm jedenfalls so schnell keiner was vor: im Vintage-Anzug Radschlagen, neckisch an der Zigarette ziehen, in der Badewanne heulen – alles auf den Punkt getroffen. Der ganze Song schwenkt dabei zwischen Schmerz und Leichtigkeit. Er hat etwas von Frank Sinatra, von verlorener Seele, von alleine an der Bar Martini trinken. Jesper Munk selbst hegt eine Vorliebe für die alten Swing- und Blueslegenden, die dieses Image so perfekt verkörpern. Seinen super-minimalistischen Stil der Anfangstage hat er scheinbar abgelegt und dafür jetzt hörbar Freude am größer angelegten Arrangement.
Vök – Breaking Bones (Rephlekt Remix)
In gewisser Weise erfüllen Vök alles, was man so bekanntermaßen über Isländer zu wissen meint: Sie geben sich ein wenig geheimnisvoll, wirken verträumt und sehr bescheiden. Dieser mystisch-nordische Hauch allein macht die Band schon ziemlich interessant. Dass die Vier auch noch atmosphärischen Elektro-Pop machen, passt da gut ins Bild. Ihr Debütalbum „Figure“ vom April 2017 hat in der Indie-Szene ordentlich Lob eingesackt. Die Isländer würden aber wohl gerne noch einen draufsetzen. Nur, wie lässt sich aus ihren Tracks noch mehr rauskitzeln? Ganz einfach: Vök haben sich fünf Songs von ihrem Album ausgesucht und von verschiedenen Produzenten remixen lassen. Glanzstück der EP ist der "Breaking Bones"-Remix von Rephlket, einem aufstrebenden Landsmann der Band. Das Musikbett ziemlich düster und drückend, die Stimme von Sängerin Magrét Rán zerbrechlich und gleichzeitig stark, das Ergebnis sehr gelungen.
Sendung: Freundeskreis, 05.02.2018 - ab 10.00 Uhr