Tracks der Woche #07/18 The Weeknd & Kendrick Lamar, Drangsal, Rich Brian, Das Paradies, Digitalism
Die Tracks der Woche haben sich verkleidet: als Superhelden, Farin-Urlaub-Doppelgänger, geheimnisvolle Karusselbetreiber und ganz im Miami-Vice-Look. Nur Einer legt seine alte Maske ab.
The Weeknd & Kendrick Lamar – Pray For Me
Kaum ein Kino-Monat vergeht, ohne einen neuen Superheldenfilm: Marvel und DC hauen seit Monaten raus, was geht, um immer noch einen drauf zu setzen. Der aktuelle Blockbuster "Black Panther" hat vielleicht nicht unbedingt das höchste Hype-Potenzial, aber seiner Konkurrenz trotzdem etwas Entscheidendes voraus: einen Soundtrack, auf dem sich einige Superstars versammeln. Für den Titelsong "Pray For Me" haben sich zwei absolute Giganten des derzeitigen Musikgeschäfts zusammengetan: The Weeknd und Kendrick Lamar. Dank dem aufgekratzten Beat und den unverwechselbar-narkotischen Vocals von R’n’B-Star Abel Tesfaye alias The Weeknd sieht man vor dem inneren Auge schon den Superhelden nachdenklich am Fenster stehen, bevor er sich in die alles entscheidende Schlacht aufmacht.
Drangsal – Turmbau zu Babel
Der "Turmbau zu Babel" ist eine biblische Erzählung aus dem Alten Testament, in der die Menschen einen alles überragenden Turm bauen wollen. Gott aber befürchtet, sie könnten dadurch größenwahnsinnig werden und gibt ihnen unterschiedliche Sprachen, was zum Scheitern des Projekts führt. Warum die neue Single von Drangsal genau diesen Titel trägt, lässt sich nicht so genau sagen. "Turmbau zu Babel" ist ein desillusioniertes Liebeslied, bei dem nicht nur der Gesang an die frühen Ärzte erinnert. War das gefeierte erste Album "Harieschaim" doch ganz klar an englischsprachige Ikonen wie The Cure oder Depeche Mode angelehnt, soll das neue Werk "Zores" vermehrt mit deutschen Tracks glänzen. Dass sich Max Gruber ungern auf eine Stilrichtung festlegen will, zeigt ja schon sein Zweitprojekt "Die Mausis" mit Stella Sommer von "Die Heiterkeit". Und Angst davor anzuecken, hat der Pfälzer eh nicht.
Rich Brian – Kitty
Geschichten, wie sie nur das Internet schreibt: eine Reihe erfolgreicher Rapper überschütten in einem Reaction-Video einen milchgesichtigen 16-jährigen, indonesischen Jungen mit Komplimenten für seine damals erste Single "Dat $tick". Zwei Jahre später ist genau dieser Nachwuchsrapper der erste asiatische Künstler, der mit einem Album auf Platz 1 der iTunes-Hip-Hop-Charts landet. Die Rede ist von Rich Brian – der dankenswerterweise sein ehemaliges, fragwürdiges Pseudonym Rich Chigga abgelegt hat. Mit neuem Namen und dem Debütalbum "Amen" wagt der Rapper den nächsten Schritt: vom Internetphänomen, bei dem man nie so ganz wusste, ob das jetzt satirisch gemeint ist oder nicht, entwickelt er sich langsam zum ernstzunehmenden Künstler.
Das Paradies – Discoscooter
Rummel, Kirmes, Jahrmarkt, Volksfest – egal, welche Bezeichnung man für dieses Spektakel auch verwendet, eins bleibt immer gleich: Sobald man den Fuß auf einen von blinkenden Lichtern erhellten Platz voller Essensbuden, Schaustellerständen und Fahrgeschäften setzt, betritt man eine Parallelwelt zwischen Nostalgie und Ekstase. Um dieses besondere Gefühl geht es auch in der Single "Discoscooter", bei der die Musik sich anfühlt, als würde sie sich karussellartig im Kreis drehen. "Mir wird schwindelig, ich mag es", singt Florian Sievers bedächtig über das anschmiegsame Indie-Pop-Instrumental. Live scheint die Nummer auch gut zu funktionieren, schließlich hat Das Paradies schon Element of Crime und Kettcar auf Tour supportet.
Digitalism – Holograms (Radio Edit)
Es gibt zwei Sorten Lyric-Videos: die, in denen der Songtext wie bei einer Karaokemaschine durchläuft, und solche, in denen der Text gekonnt integriert wird. Das Video zu "Holograms" von Digitalism gehört zu der letzteren. In einer nerdigen 3-D-Animation ploppen Fehlermeldungen mit Textbausteinen auf, Microsoft-Paint-95 öffnet sich und auch die Miami-Vice-Vintage-Palme darf nicht fehlen. Besser hätte man den synthielastigen Track "Holograms" nicht visualisieren können. Früher vor allem bekannt fürs Remixen, haben sich die beiden Hamburger mittlerweile auch mit ihren eigenen Tracks einen Namen gemacht. Die neue Single schließt an alte Meisterwerke wie "Zdarlight" oder "Pogo" an.
Sendung: Freundeskreis, Montag 12.02.2018 - ab 10.00 Uhr