Tracks der Woche #25/18 Shawn The Savage Kid, Pho Queue, Christina Aguilera feat. GoldLink, Yuno, Milliarden
Wer ist Jürgen? Wie klingt vietnamesische Suppe? Was macht eigentlich Christina Aguilera? Was ändert sich durch einen Plattenvertrag? Gibt es noch Punks in Berlin? All diese Fragen klären die Tracks der Woche.
Shawn The Savage Kid - Juergen
Klassischerweise läuft es im HipHop ja so: Ein Rapper sucht sich einen Produzenten und flext dann auf den gelieferten Beat. Es gibt aber auch ein paar Künstler, die wie Shawn The Savage Kid beide Aufgaben selbst übernehmen. Das Mitglied der Regensburger RC Gäng greift dabei aber keineswegs auf Standard-Beats zurück, sondern haut sehr durchdachte Dinger mit eigener Handschrift raus. Das liegt daran, dass sich der MC nicht davor scheut, artfremde Stilrichtungen in seine Tracks zu basteln. Wenn er zum Beispiel von seiner Begegnung mit dem "Goamädchen" erzählt, dann braucht es dazu eben auch einen hippiesken Beat mit lieblichem Gezupfe. Seinen neuen, atmosphärischen Trap-Song mit dem eher biederen Titel "Juergen" richtet Shawn The Savage Kid ganz bewusst übrigens an alle: "Das ist für alle, die bangen. Für die Hater, für die Gang", rappt STSK in den ersten Zeilen. Und damit ist eben auch Jürgen gemeint, der am Niederrhein Modeblogger ist.
Pho Queue -Sweet
Was haben Vanilla Ice, The Cranberries und Pho Queue gemeinsam? Musikalisch zugebenermaßen nicht besonders viel. Aber: Sie alle tragen Lebensmittel in ihren Namen. Bei der Pho Queue Band ist die Liebe zum namensgebenden Nahrungsmittel aber besonders groß: Die Münchner stehen so sehr auf die vietnamesische Pho-Suppe, dass sie auch bereit sind, dafür Schlange zu stehen. Und genau bei dieser Gelegenheit haben die drei Jungs festgestellt, dass sie nicht nur eine Leidenschaft für gutes Essen teilen, sondern auch Bock hätten, eine Band zu gründen. Das geschmackvolle Ergebnis dieses Vorhabens ist auf der neuen Single "Sweet" zu hören: Pho Queue geben darauf elektronischen Funk mit souligen Vocals zum Besten. Dabei hat "Sweet" dank des Zusammenspiels von karibisch angehauchter Gitarre und geschmeidigem Synthesizer mindestens so viel Substanz und Exotik wie eine gut gewürzte Suppe.
Christina Aguilera feat. GoldLink - Like I Do
Es ist schon eine Weile her, dass sich Christina Aguilera und Britney Spears Ende der 90er-Jahre einen Unschuldsengel-Wettbewerb geliefert haben, um sich dann ein paar Jahre später mit knappen Outfits im Boxring zu prügeln oder verschwitze Tanzorgien zu feiern. Ja, es ist nicht leicht, wenn man im Rampenlicht aufwächst. Klar, dass man davon auch mal eine Pause braucht. Die hat sich Christina Aguilera ausgiebig genommen und gleichzeitig ihr Comeback geplant. Xtina ist offiziell zurück! Erstes Lebenszeichen war die Single "Accelerate" mit Ty Dolla $ign und 2 Chainz. Jetzt legt die 37-Jährige mit dem betörenden "Like I Do" nach, auf dem Rapper GoldLink zum Einstieg einen Part beisteuert. Da scheint jemand über die Jahre eine ausgeprägte Vorliebe für Rap entwickelt zu haben. Die Hauptrolle spielt die Sängerin aber immer noch selbst, wenn sie begleitet von Flöten, Marvin Gayes "Lets Get It On" zitiert und ordentlich Schlafzimmerstimmung verbreitet.
Yuno - Amber
Vor kurzem ist Yuno noch in seinem Schlafzimmer in Florida gesessen und hat ganz unbedarft die selbst eingespielten Instrumente zu seiner Debütsingle "Sunlight" zusammengefügt. Anfang 2018 dann gelingt dem 27-jährigen Musiker der große Wurf: Er wird vom absoluten Kult-Label Sub Pop unter Vertrag genommen - das sind die Typen, die auch Nirvana und Soundgarden groß gemacht haben. Yuno passt auf den ersten Blick nicht so ganz in das Beuteschema des Garage-Rock-Labels. Aber seit den 90ern hat sich auch bei Sub Pop einiges getan und Genregrenzen gibt es eh schon nicht mehr so wirklich. Auf seiner neuen Single "Amber" kombiniert das Multitalent mal lässigen, mal abgehackten Sprechgesang mit fluffigem Indie-Pop. Dazu streut er Passagen ein, die klingen wie Ausschnitte aus Youtubevideos. All das gibt "Amber" einen collagenhaften Charakter. Der DIY-Aspekt ist für Yuno eben unverzichtbar - fettes Label hin oder her.
Milliarden - Baukran
Die Band Milliarden verkörpert eine bereits ausgestorben geglaubte Figur der deutschen Musikszene: den abgebrannten Punker-Nihilisten zwischen Ekstase und Selbstzerstörung. Sänger Ben Hartmann schreit sich heiser die Seele aus dem Leib, ganz wie sein Vorbild Rio Reiser von Ton, Steine, Scherben. Die Texte auf dem neuen Album "Berlin" erzählen von einem faszinierenden Leben am Limit: mit alles verzehrender Liebe, einer zugrunde gehenden Stadt und Krankenhausaufenthalten. Und wo, wenn nicht in Berlin, findet man diesen Schlag Mensch, der versiffte Kneipentoiletten irgendwie romantisch findet. Der Song "Baukran" hat die sehnsüchtige Aufbruchstimmung einer jeden guten Punk-Hymne: Alles liegt in Schutt - der perfekte Moment also, um endlich einen Abgang zu machen. Musikalisch weniger zornig als andere Tracks der Berliner, liefert "Baukran" dafür naives Keyboard, pushende Gitarre und einen Moment Glückseligkeit.
Sendung: Freundeskreis, 18.06.2018 - ab 10.00 Uhr