Tracks der Woche #27/17 Faber, Parcels, Kakkmaddafakka, Andrew Applepie feat. Bjurman, Marteria
Die Tracks der Woche gehen mit gutem Beispiel voran: immer ehrlich, ziemlich mutig, seit Jahren gut gelaunt, fleißig und neuerdings sogar abstinent.
Faber – Nichts
Ja, zum Nichtstun! Nein, zum kollektiven Feierzwang! Wer könnte diese Botschaft besser rüberbringen als der Schweizer Liedermacher Faber? Letztes Jahr hat der 23-Jährige mit "Alles Gute" ein unfassbar starkes Debüt rausgehauen. Seine gnadenlos ehrlichen Texte und seine ungeschliffene Stimme wurden damit zu seinem Markenzeichen. Und auch auf seiner neuen Single "Nichts" nennt der Musiker die Dinge beim Namen: "Lasst mich in Ruhe mit dem Scheiß. Ich lieg seit Jahren auf der Couch. Mach’s mir nur noch, wenn ich’s brauch." Das Paradoxe daran ist, dass Faber diese missmutigen Textzeilen mit fröhlichem Tamburin, Saloon-Klavier und schlagerartigem Refrain kombiniert - was gleichzeitig auch den Charme des Tracks ausmacht. Seine Vorliebe für Refrains zum Mitsingen ist wohl noch ein Überbleibsel aus der Zeit, als Faber noch Julian Pollina hieß und auf Hochzeiten italienische Gassenhauer von Adriano Celentano gesungen hat.
Parcels – Overnights
Der Postbote klingelt und liefert ganz spezielle Pakete aus Übersee: die Parcels. Diese fünf Jungs haben eine Menge Style im Gepäck - sieh sich nur einer diese geballte Haarpracht an! Außerdem haben die Australier großen Mut bewiesen und sind kurzerhand von Byron Bay nach Berlin gezogen, um dort ihren schicken Mix aus Funk und Disco unter die Leute zu bringen. Dass wir es hier mit Ausnahme-Talenten zu tun haben, hat sich schnell bis nach Frankreich rumgesprochen und zack - hat das Pariser Label Kitsuné die Herren unter Vertrag genommen. Und als wäre das nicht schon genug Ritterschlag, wurde ihre neue Single "Overnight" auch noch von den French-House-Legenden Daft Punk produziert! Diese Kollaboration passt grandios: reibungslos gleitet die Stimme von Sänger Jules Crommelin über die trockenen Gitarrenriffs und geschmeidigen Keyboardmelodien.
Kakkmaddafakka – All I Want To Hear (ÅÅÅ)
Wer seiner Band einen Namen gibt, der verdammt nach Beleidigung klingt, aber angeblich 'Partytiere' in einer selbst ausgedachten Sprache bedeuten soll, hat offensichtlich Sinn für Humor. Die Jungs von Kakkmaddafakka sind aber nicht nur lustig, sondern auch extrem erfolgreich. 2011 gelang den Norwegern mit Songs wie "Restless" und "Your Girl" endgültig der internationale Durchbruch. Seitdem haben sie so gut wie jede Festivalbühne in Deutschland mit ihrem rasanten Indie-Pop zum Wackeln gebracht. Die Band mit dem Hang zum Chaos kann aber auch anders - wie sie auf ihrem letzten, etwas ernsteren Album "KMF" gezeigt haben. Ihre aktuelle Single "All I Want To Hear (ÅÅÅ)" ist zwar entspannt, versprüht dank prominentem Schlagzeugbeat und Festival-tauglichem Refrain aber trotzdem noch jede Menge gute Laune. Und ganz nebenbei nehmen sich KMF noch die Zeit, jedes Instrument gebührend in Szene zu setzen.
Andrew Applepie feat. Bjurman – Drowning World
Der in München geborene Produzent Andrew Applepie beherrscht etwas, was Viele in seinem Fach nie gelernt haben: elektronische Musik in Handarbeit herzustellen. Anstatt nämlich einfach nur fremde Samples zu verarbeiten, spielt der 27-Jährige jeden seiner Parts selbst ein und verwendet dafür alles, was ein schönes Geräusch hergibt - egal ob Instrument oder Küchengerät. Das heißt aber nicht, dass sich Applepie nicht auch mal von anderen Musikern inspirieren lässt. Im Gegenteil: Als er Sandra Bjurmans Track "Drowning World" zum ersten Mal gehört hat, war klar, dass er davon nicht lassen kann. Also hat er zusammen mit der schwedischen Sängerin an einer neuen Version des Songs gebastelt: Der Piano-basierte Anfang bleibt noch sehr nahe am Original, aber schon nach wenigen Sekunden kommt mit den verspielten Ukulelen-Licks Applepies Handschrift zum Vorschein. Außerdem hat der Wahlberliner dem Track einen neuen Refrain verpasst, der an Intensität kaum zu überbieten ist.
Marteria – El Presidente
Marteria for President? Ne, darauf hat Marten eigentlich gar nicht so viel Bock. Aber er kennt da - neben dem orangefarbenen Heini aus den USA - scheinbar noch ein paar andere Wichtigtuer, die sich für den Chef halten. Und genau von denen handelt sein neuer Track "El Presidente". Den spanischen Refrain steuert sein Langzeit-Buddy Kid Simius bei, der Rostocker selbst haut die gesellschaftskritischen Strophen raus und dazwischen mogeln sich immer wieder Bollywood-Sounds und Gejodel. Im zugehörigen Video verbringt Marteria mit seiner Crew einen klassischen Festivaltag. Allerdings wird nicht mehr ganz so ausgelassen gefeiert wie früher, denn der Rapper hat dem Alkohol und harten Drogen abgeschworen. Dafür hat er jetzt das Angeln für sich entdeckt. Kann er gerne machen, solange er noch so nice Anti-Hymnen wie "El Presidente" raushaut. Der Track ist übrigens schon die dritte Singleauskopplung von Marterias achtem Solo-Album "Roswell".