Tracks der Woche #28/17 Chuckamuck, St. Vincent, Afrob feat. Max Herre & Joy Denalane, Romano feat. MastaMic, Cage The Elephant
Déjà-vu bei den Tracks der Woche: ein bekannter Sound, eine Ballade mit Wiedererkennungswert, ein vertrautes Trio, ein ganzer Haufen perfekter Kopien und eine gelungene Coverversion.
Chuckamuck – 20.000 Meilen
Lässig wie ein junger Wolfgang Ambros zählt Sänger Oska Wald den Takt ein. Danach folgt ein Lo-Fi-Track par excellence: "20.000 Meilen" klingt, als hätte man einfach unbemerkt ein Mikro in den Proberaum der Berliner gestellt und das Ganze ohne jegliche Nachbearbeitung spontan hochgeladen. Und vielleicht war es ja auch so. Jedenfalls versichert die erste Single nach der mehrjährigen Kreativpause, dass Chuckamuck ihrem ungeschliffenen Sound - bestehend aus Gitarre, Bass, Schlagzeug und prägnanter Stimme - treu geblieben sind. Auch wenn Oska Wald nicht mehr ganz so arg nuschelt wie noch auf der Single "Ostsee" vom ihrem 2011 erschienen Debütalbum "Wild For Adventure". Für ihre neue Single hat sich die vierköpfige Band auch noch weibliche Unterstützung geholt: Saba Lou Khan, die mittlerweile erwachsene Tochter von King Khan, verleiht dem abgeklärt daherkommenden Track eine wehmütige Nuance.
St. Vincent – New York
Gefühlt gibt es keine Stadt, die öfter besungen wird als New York. Multi-Instrumentalistin St. Vincent reiht sich mit ihrem ersten Track nach zwei Jahren Pause in diese Riege ein. Allerdings ist "New York" nicht direkt ein Loblied auf die Metropole. Vielmehr geht es um eine Trennung und die Erkenntnis, dass dieses Gequatsche von anderen Müttern und ihren Söhnen Schwachsinn ist. Oder um es in den Worten der Sängerin St. Vincent zu sagen: "You’re the only motherfucker in the city who can handle me". Auf "New York" tauscht die 34-Jährige die kantigen Gitarrenriffs von ihrem letzten Album "St.Vincent" gegen ein gedämpftes Piano. Ein radikaler Wechsel, denn die Gitarre war bisher der ständige Begleiter der Texanerin – sie hat sogar ihre eigene Linie designt. Mit "New York" liefert St. Vincent also nicht nur eine fesselnde Ballade, sondern bricht auch etwas ihr Image als unverwundbare Kämpferin auf.
Afrob feat. Max Herre & Joy Denalane – Ruf deine Freunde an
Afrob, Max Herre und Joy Denalane – dieses Dreier-Team sang und rappte bereits in den späten 90er-Jahren unter anderem als FK Allstars zusammen. Damals wie heute steht dieses Trio für HipHop-basierte Tracks mit Einflüssen aus Reggae, Soul und Funk. Für seine Single "Ruf deine Freunde an" hat Reimemonster Afrob also seine alte Crew zusammengetrommelt: mit der Devise endlich mal wieder so zu feiern wie früher – inklusive der alten Hits. Und ganz neu ist dieser Song ja auch nicht. "Ruf deine Freunde an" ist eigentlich der siebte Track auf Afrobs Album "Push" von 2014. Aber das Akustik-Remake ist gelungen - auch dank der grandiosen Backing-Band Tribes of Jizu. Im Refrain gewinnt der Track durch Joy Delananes Stimme noch mal mehr an Leichtigkeit. Die Frau ist nicht umsonst Deutschlands Soulsängerin Nummer Eins. Im Oktober gibt es dann noch mehr Songs dieser Art, denn dann erscheint Afrobs Live-Album "Beats, Rhymes & Mr. Scardanelli".
Romano feat. MastaMic – Copyshop
Der Eine wühlt sich durch den Thrift Shop, der Andere fantasiert von Orgien im Candyshop. Für Romano ist der Ort, an dem alles möglich ist, der Copyshop. Wenn man der gleichnamigen Single des Berliners Glauben schenkt, hat er hier mit perfekten Kopien von Gucci, Adidas und Rembrandt unter der Hand die ganz große Kohle gemacht. Das 10-minütige Video zu "Copyshop" ist mit den sehr unterhaltsamen Interviewsequenzen schon eine Art Mini-Doku: MC Romano läuft durch Hongkong, lässt sich die Zukunft vorhersagen, singt Karaoke und trifft seinen Buddy MastaMic – der dann auch gleich mal ein paar Lines auf Kantonesisch raushaut. Aber trotz seiner Liebe für Kopien: Romano ist ein Original. 2015 ist der 40-Jährige mit den langen, blonden Flechtzöpfen mit seiner Single "Metalkutte" auf den Plan getreten. Seitdem zieht er sein Ding durch – was das genau ist, lässt sich schwer sagen. Aber einen realeren Typ gibt es vermutlich selbst in Berlin nicht.
Cage The Elephant – Whole Wide World (Unpeeled)
Cage the Elephant sind begnadete Liebeslied-Schreiber. Das haben die drei Jungs aus Kentucky 2012 mit ihrem wirklich herzzerreißenden Song "Teflon Heart" unter Beweis gestellt. Bei ihrer aktuellen Single "Whole Wide World (Unpeeled)" gehen die Credits allerdings an einen anderen: der Song stammt eigentlich von Wreckless Eric, einem englischen Rock-Sänger. Die Cover-Version ist bei ihrer letzten US-Tour entstanden. Relativ untypisch für die Synthie-Liebhaber haben Cage The Elephant ihre Tracks unplugged und mit Streich-Quartett performt – und das Ganze erfreulicherweise zu einem Album verarbeitet. Ein guter Song muss sich schließlich nicht hinter technischen Sounds und Effekten verstecken. Und dass auch von einem simplen Track eine immense Energie ausgehen kann, hört und sieht man: Im Video zu "Whole Wide World (Unpeeled)" hüpft Sänger Matt Shultz ekstatisch über die Bühne und scheint dabei jeden einzelnen Takt intensiv zu fühlen.