Tracks der Woche #34/17 Mine & Fatoni, Jessie J, Wargirl, Cosby, A$AP Twelvvy feat. A$AP Rocky
"Love is in the air" ist diesmal das Motto bei den Tracks der Woche: ein richtig gutes Liebeslied, eine Vorliebe für bunten Süßkram, ein "Love, Peace & Harmony"-Kollektiv, leidenschaftliche Synthie-Liebhaber und echte Crew Love.
Mine & Fatoni – Alle Liebe nachträglich
Fatoni war ja noch nie einer von der ganz harten Sorte, aber so softe Töne wie auf "Alle Liebe nachträglich“ sind wir von dem Rapper nicht gewohnt. Nichts da mit fetten Beats und Wortspielen im Sekundentakt. Stattdessen trägt der Münchner ganz bedächtig seine Zeilen vor – und wir glauben ihm zu 100 Prozent, dass er ernst meint, was er da sagt. Für die fast geisterhafte Atmosphäre des Tracks ist allerdings die Mainzer Musikerin Mine verantwortlich, deren eindringliche Stimme im Raum zu schweben scheint. Auf "Alle Liebe nachträglich“ trifft die Sängerin genau den richtigen Ton: "Ich hab’s nicht verstanden. Ich ging lieber mit mit solchen, die mich nicht toll fanden“. Mine & Fatoni gelingt mit ihrem Track ein echtes Kunststück: ein deutschsprachiges Liebeslied mit Geigen-Outro, das nicht kitschig ist. Vor ein paar Jahren haben die beiden mit dem Song "Ziehst du mit“ schon mal gemeinsame Sache gemacht. Jetzt ist klar: Das zwischen ihnen ist was Ernstes, denn im Oktober erscheint ein komplettes Feature-Album.
Wargirl – Little Girl
"Little Girl“ könnte man problemlos auf Vinyl pressen, im Plattenladen um die Ecke zwischen Sly Stone, Fela Kuti und Chaka Khan einordnen und niemandem würde auffallen, dass diese Band in den 60s und 70s überhaupt nicht aktiv war. Der Vintage-Hauch umgibt aber nicht nur die Musik, sondern auch die Optik der Kalifornier: Niemals haben blaue One-Size-Overalls so gut ausgesehen wie an diesen eindrucksvollen Frauen. Wie sich das für ein ordentliches Hippie-Kollektiv gehört, gibt es bei Wargirl keine festen Strukturen. Die Band besteht aus ein paar Kern-Mitgliedern – darunter Matt Wignall, Produzent von Cold War Kids und Mando Diao – und wechselnden Gästen. Kein Wunder also, dass da ein reger Austausch stattfindet und die Band gekonnt Elemente aus Garage Rock, Afrobeat und Jazz in ihren ganz eigenen Sound einwebt. Auf ihrer aktuellen Single "Little Girl“ knöpfen sich Wargirl verzogene Gören vor – mit Falsettgesang und Disco-Funk-Groove.
Cosby – Get Up
Auf die Do-It-Yourself-Philosophie berufen sich ja viele Musiker. Bei der Münchner Band Cosby ist Selbermachen aber tatsächlich das gemeinsame Kredo der vier Mitglieder. Denn obwohl ihre Musik ziemlich international und durchaus chartstauglich klingt, steckt hier keine professionell-seelenlose Produktionsfirma dahinter. Ihr 2015 erschienenes Debütalbum "As Fast As We Can“ haben Cosby in Eigenregie in ihrem Studio produziert – und auch die Musikvideos drehen und schneiden sie selbst. Was die Instrumentenwahl betrifft, bauen die Münchner auch gerne mal ein paar Raritäten in ihre Songs mit ein – besonders alte Synthesizer haben es Cosby angetan. Diese Passion hört man auch der neuen Single "Get Up“ deutlich an: Von wabernden Synthies getragen, baut sich der Track auf und entlädt sich im euphorischen Refrain. "Get Up“ ist der erste Song nach einer kleinen Kreativpause der Band um Frontfrau Marie Kobylka, aber noch mehr neues Material ist schon in der Mache.
A$AP Twelvyy feat. A$AP Rocky – Diamonds
Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der realste A$AP im ganzen Land? Wenn uns Schneewittchen etwas gelehrt hat, dann, dass Rivalitäten in der Familie nicht gut enden. Dementsprechend wird bei der A$AP Mob-Crew der Fame brav geteilt: 2014 hat das mittlerweile verstorbene Gründungsmitglied A$AP Yams angekündigt, dass sein Schützling A$AP Twelvyy eine der besten New Yorker Rap-Platten der vergangenen Jahre am Start habe. Drei Jahre später ist das Debütalbum "12“ endlich fertig. Ehrensache, dass A$AP Rocky auf der Lead-Single "Diamonds“ ein paar Zeilen beisteuert. Allerdings stiehlt Twelvyy ihm etwas die Show, wenn er zielgenau Lines abliefert wie "I’ma conquer what I vision, bet my time gon‘ come“. Siegessicher geht der Rapper aus Harlem seinen großen Durchbruch an – ganz im Sinne des Crew-Mottos "Always Strive and Prosper“. Als Gegenpol zu den bissigen Rap-Parts verleiht das sanft entschleunigte Gesangs-Sample von Phantograms "Mouthful Of Diamonds“ dem Track einen verträumten Unterton.
Jessie J – Real Deal
Was die Sängerin Jessie J wohl an einen gemütlichen Abend bei sich zu Hause auf der Couch knabbert? Wir tippen auf bunte Schokolinsen. Schließlich ist ihr brandneuer Song "Real Deal“ in Zusammenarbeit mit einer Süßkramfirma entstanden. Der Track ist aber mehr als nur hübsche Begleitmusik zu einem Werbeclip, er verbreitet richtig gute Vibes. Statt auf Girl-Power-Pop à la "Bang Bang“ setzt die 29-jährige Londonerin hier auf entspannte HipHop-Beats und kehrt damit zu ihren musikalischen Anfängen zurück. Allerdings klingt sie heute deutlich versöhnlicher als noch 2009 auf "Do It Like A Dude“. Dafür stellt Jessie J auf ihrer neuen Single einmal mehr ihre stimmlichen Qualitäten unter Beweis – auch wenn an denen mittlerweile sowieso niemand mehr zweifeln dürfte. "Real Deal“ ist eine kleine Erinnerung daran, dass auch 2017 noch mit ihr zu rechnen ist, nachdem sich die Sängerin – auch aus gesundheitlichen Gründen – ein paar Jahre Auszeit gegönnt hat.
Sendung: Freundeskreis, 21. August 2017 - ab 10 Uhr