Tracks der Woche #35/18 LGoony, James Hersey, Maribou State, Mitski, Aminé
Die Tracks der Woche gehen clubben: Sie nehmen ihre Chains mit, offenbaren tiefe Gefühle, lassen das Smartphone daheim, den Partner sowieso und feiern sich einfach selbst.
LGoony - Eiskalter Sommer
Vom Internet-Hype zum Cloud-Rap-Aushängeschild: Die noch junge Karriere von Ludwig Langer aka LGoony im Schnelldurchlauf. Seit seinem Debüt-Album "Space Tape Vol.1: Goonyverse" mit dem Hit "Millionen Euro" zählt der Kölner zu den wichtigsten Trap-Rappern in Deutschland - und das ohne Label oder Promo-Maschinerie im Rücken. Dem DIY-Konzept bleibt LGoony treu: Auch sein neuer Song "Eiskalter Sommer" erscheint ohne Label sondern über seine neu gegründete Plattform "Lichtgang" - eine Art Künstlerkollektiv, mit dem LGoony "aus dem fließenden Austausch der Kreativität etwas komplett Neues kreieren" will, wie er selber sagt. Teil dieser Gang ist der Karlsruher Rapper Yung Isvvc, der auch in "Eiskalter Sommer" einen Part hat. Im Video zum Song pendeln die beiden zwischen Skihalle und Ostsee-Strand, textlich erinnert der Track schwer an die allseits bekannte Richness-Story: "Trage tausend Ketten wie die Migos, oh yeah, ich stapel Cash wie ein Casino."
James Hersey - Real For You
James Hersey ist ein Kosmopolit: Von seiner Heimatstadt Wien aus zieht er mehrfach um, lebt in London, New York, Los Angeles und Austin. Stets auf der Suche nach musikalischer Inspiration, schreibt er unterwegs neue Songs und spielt in Bars und Clubs. Auf einem seiner Konzerte freundet er sich mit den Jungs von Milky Chance an und geht mit den beiden als Support-Act auf Tour. Von da an geht es für Hersey steil bergauf: Plattenvertrag, Touren und mehr als 135 Millionen Streams für seine Single "Miss You". Dementsprechend heiß erwartet wird seine kommende EP "Innerverse". "Real For You" ist der erste Track daraus: Ein emotionaler Beziehungssong über Offenheit, Akzeptanz und Vertrauen, so wie das eben sein sollte. Zusammen mit seinem langjährigen Freund und Musikproduzenten "narou" hat Hersey die neue Platte in Berlin gebastelt.
Maribou State - Nervous Tics
Geschlagene drei Jahre war es recht ruhig um die beiden DJs und Produzenten von Maribou State. Mit ihrem Debütalbum "Portraits" und diversen Remixes, etwa für Kelis oder Lana del Rey, katapultierte sich das Duo 2015 urplötzlich auf die großen Bühnen und Festivals dieser Welt. Jetzt bringen Chris Davids und Liam Ivory endlich ein neues Album raus: "Kingdoms In Colour" heißt die Platte. Und wie schon für das Debüt, haben die beiden mit der britischen Sängerin Holly Walker zusammengearbeitet, auch für unseren Track der Woche "Nervous Tics". In einem Musikgeschäft in Peking haben Chris und Liam ein Guzheng aufgenommen, ein chinesisches Saiteninstrument, das die Grundlage des Songs bildet. Von hier aus wächst der Track zu einem wunderschönen Klanggebilde aus schreitenden Drums und fröhlich zuckenden Synthies. Nervös klingt das aber nicht, eher heilend und aufmunternd. Im Text beklagen Maribou State sich über die omnipräsenten Smartphones, die uns mit ständigen Schlagzeilen und "hyperrealen Instagram-Bildern" in den Wahnsinn treiben. Insofern kann man den Song tatsächlich als Gegenmaßnahme betrachten.
Mitski - Me and My Husband
Huch, tatsächlich schafft es nur ein einziger Song auf diesem Album über die heiligen drei Minuten hinaus. Mehr braucht sie auch nicht, denn Mitski kommt in ihren Songs auf den Punkt. Bedingt durch den Job ihres Vaters, hat sie als Kind in insgesamt 13 verschiedenen Ländern gewohnt - Freundschaften lassen sich da nur schwer pflegen oder halten. Nachvollziehbar also, dass Mitski ihren besten Freund in der Musik sucht und findet. Auf ihrem neuen Album "Be The Cowboy" klingt auf den ersten Blick alles leichtfüßig. Bis man die Texte hört: In "Me and My Husband" geht es zum Beispiel darum, sich überflüssig und einsam in einer Beziehung zu fühlen - und trotzdem geliebt zu werden: "I’m the idiot with the painted face / In the corner taking up space / But when he walks in / I am loved, I am loved." Mitski übermalt teils trostlose Bilder mit musikalischer Leichtigkeit. Und genau darum geht es ihr auch: Um die Fassaden der Menschen – sind wir nicht alle ein bisschen Cowboy?
Aminé - Blackjack
Eigentlich wollte Adam Aminé Daniel ja professioneller Basketballer werden, dafür war er dann aber doch nicht oft genug beim Training. Stattdessen schrieb er lieber Diss-Tracks gegen die gegnerischen High-School-Teams, wodurch sich kurzerhand ein neuer Karriereplan auftat. Der geht 2016 voll auf, als seine knallbunte Single "Caroline" in den USA völlig überraschend viermal Platin bekommt. Jetzt hat der Rapper aus Portland ohne große Vorankündigung ein neues Album veröffentlicht - oder etwa doch nicht? "Niggas call the albums mixtapes cause if it flops, it’s an EP", scherzt er in einem Video auf Twitter. Aminé entscheidet sich für die Bezeichnung "EP/LP/Mixtape/Album" - sicher ist sicher. "ONEPOINTFIVE" heißt das Projekt mit 13 neuen Songs, die deutlich weniger verspielt und gut gelaunt klingen als ihre Vorgänger. Unser Track der Woche "BLACKJACK" schafft es textlich nicht über die üblichen Egopush-Selbstfeier-Moves hinaus, das muss er aber auch gar nicht: Dieser Track ist nämlich einfach wie geschaffen für den Club.
Sendung: Freundeskreis, 27.08.2018 - ab 10.00 Uhr