Tracks der Woche #43/17 dvsn, MGMT, Liam X, Rex Orange County feat. Benny Sings, Lilly Among Clouds
Von der Muse geküsst: Die Tracks der Woche haben sich von ausländischen Filmen, The Cure, Schallplatten, der eigenen Freundin und den Weisheiten ihrer Mama inspirieren lassen – und daraus Musik gemacht.
dvsn – Run Away
Seit der Song "The Line“ 2015 aus dem Nichts aufgetaucht ist, umgab die verantwortlichen Künstler dvsn ein mystischer Schleier. Niemand wusste so recht, wer hinter diesen smoothen R’n’B-Klängen steckt, die es sogar auf Drakes Album "Views“ geschafft haben. Aber mehrere Singles und ein Album später hat sich der Nebel gelichtet: Mittlerweile ist klar, dass das talentierte Duo aus Sänger Daniel Daley und dem Produzenten Nineteen85 besteht. Jetzt sorgen die beiden Kanadier mit ihrem neuen Album "Morning After“ für neuen Gesprächsstoff. Für die visuelle Untermalung der Platte haben sich dvsn von dem besonderen Charme von Filmen aus Asien, Europa und Lateinamerika inspirieren lassen. Die Single "Run Away“ kreiert aber auch ohne Bilder eine betörende Atmosphäre – und das innerhalb von gerade mal gut zwei Minuten. Hauptverantwortlich dafür sind der von Beginn an präsente Bass und die orchestralen Elemente.
MGMT – Little Dark Age
OMG, MGMT! Sie sind zurück: DIE Nu-Rave-Band aus New York hat nach vier Jahren Pause und wiederholter Ankündigungen eines Comebacks endlich Wort gehalten und neues Material rausgehauen. Auf ihrer aktuellen Single "Little Dark Age“ zeigen MGMT einmal mehr, was sie berühmt gemacht hat: Ein Sound, der alt und gleichzeitig sehr frisch klingt. Allerdings hat die Band um das Gründer-Duo Ben Goldwasser und Andrew VanWyngarden für die neue Single ein paar einschneidende Änderungen vorgenommen: Vorbei sind die Zeiten, in denen sie mit Neon-Klamotten und exzentrischem Körperschmuck zu psychedelischen Hits wie "Time To Pretend“ durch den Raum schwebten. Immer noch deutlich retro-orientiert erinnert der neue Look der Band eher an The Cure. Das harmoniert ideal mit dem entschleunigten Song "Little Dark Age“, der etwas sehr Düsteres vermittelt und den Fokus klar auf die einzelnen, spannenden Instrumentalparts legt.
Liam X – Vinyl
Was verbinden wir, die wir größtenteils mit MP3 und vielleicht noch CDs aufgewachsen sind mit Vinyl? Für die einen ist Vinyl ein Retro-Trend, mit dem sich vermeintliche Musiknerds schmücken, weil es hübsch im Regal aussieht. Für die anderen steht es für ein besonderes Hörgefühl, das nur eine auf einer Platte kratzende Nadel erzeugen kann. Für Liam X verbirgt sich dahinter eine Metapher für eine Beziehung, die vor dem Aus steht: "Wir laufen auf Vinyl. Jeder Kratzer auf der Haut rauscht so laut. Wir laufen auf Vinyl. Jedes Wort dreht sich im Kreis und der Song ist gleich vorbei“, singt der Wahlberliner auf seiner neuen Single "Vinyl“. Und ja, sein Debütalbum "Morphin“ gibt es natürlich auch als Schallplatte. Seinem verträumten Stil hört man an, dass Liam X bereits mit Künstlern wie Bon Iver, The National oder Damien Rice gearbeitet hat und sich davon auch für sein eigenes Projekt beeinflussen ließ.
Rex Orange County – Loving Is Easy feat. Benny Sings
Rex Orange County ist der personifizierte Nice Guy – alles an diesem Kerl ist irgendwie niedlich. Bestes Beispiel dafür ist sein Debütalbum "Apricot Princess", das größtenteils aus Liebesliedern besteht, die der 19-Jährige für seine Freundin geschrieben hat. Was bei den meisten Teenagern in unbeholfenem Kitsch endet, wird bei dem Engländer aber zu hochwertiger Popmusik. Sein Track "Loving Is Easy" ist damit das ideale Aushängeschild für den Künstler, denn dieser Song ist wie Rex Orange County selbst: leicht zugänglich, enthusiastisch und höchst angenehm. Und bei diesem Song stimmt nicht nur die Akustik, auch das Video kann was. Darin jammen die Puppenversionen von Rex und seinem niederländischen Kollegen Benny Sings in einem orangefarbenen Wohnzimmer – bis ihn ein herzförmiges UFO hochbeamt. Der unbeschwerte Genremix des Newcomers taugt übrigens auch Tyler, The Creator, der ihn glatt für zwei Tracks von seinem Album "Flower Boy" engagiert hat.
Lilly Among Clouds – Listen To Your Mama
Seit ihrer 2015 veröffentlichten EP "Blood & History" ist Lilly Among Clouds zum Vorzeige-Popwunder der Stadt Würzburg geworden. Über den Status 'lokale Bekanntheit' ist die junge Sängerin dank zahlreicher internationaler Auftritte, ihrem Plattenvertrag mit PIAS und dem sehr gelungenen Debüt-Album "Aerial Perspective“ längst hinausgewachsen. Diese Frau hat scheinbar einen Plan: nach Deutschland auch den Rest der Welt begeistern! Ihr größter Trumpf ist dabei ihre eindringliche, warme Stimme, die ihr regelmäßig Vergleiche mit Lana Del Rey oder Lykke Li einbringt. Dazu hat die Sängerin ein zuverlässiges Gespür für die entscheidenden Feinheiten. Ihre Balladen sind zwar sehr emotionsgeladen, aber nicht schmalzig. Nicht einmal dann, wenn wie beim Track "Listen To Your Mama“ mit pompösen Streichern aufgefahren wird. Im Gegenteil: Durch das hohe Tempo ist "Listen To Your Mama“ sogar die fröhlichste Nummer des Albums.
Sendung: Freundeskreis vom 23.10.2017 ab 10 Uhr