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Plattenkritik Trümmer – Trümmer

Schrammelgitarren, große Melodien und der Wille, mit Musik die Welt zu verändern: Drunter machen's Trümmer aus Hamburg nicht. Mit ihrem Debüt-Album zeigt die Startrampe-Band, dass tanzen und denken prima zusammengehen.

Von: Hardy Funk

Stand: 21.08.2014 | Archiv

Paul, Tammo und Max von Trümmer | Bild: BR

Manchmal verliere ich ihn: Den Glauben daran, dass man die Welt noch verändern kann. Dass man die vielen Krisen und Ungerechtigkeiten, die Armut in anderen Ländern und die Verödung unserer Städte noch aufhalten kann. Erst recht, dass Musik dabei eine Rolle spielen könnte. Und dann kommt eine Band wie Trümmer. Eine Band, die all diese Zweifel mit nur einem Song wegfegt. Keine Frage, Trümmer wollen mehr, als nur den nächsten Sommerhit abliefern.

"Ich bin einfach der festen Überzeugung, dass man mit Musik die Welt zu einem besseren Ort machen kann. Wenn ich diese romantische Vorstellung nicht hätte, dann könnte ich gleich meine Gitarre verkaufen."

Trümmer-Sänger Paul Pötsch

Diesen Glauben an die Kraft der Musik hört man dem selbstbetitelten Debütalbum der Band aus Hamburg in jeder Sekunde an: Mitreißende Schrammelgitarren treiben die Songs an, mal ungestüm und düster, mal in bester Britpop-Manier. Und dann wieder leise und verspielt. Dazu gibt's markante Bässe (Tammo Kasper), ein zackiges Schlagzeug (Maximilian Fenski) und den verrauchten, aber auch zärtlichen Gesang von Paul Pötsch.

Dass die Songs manchmal etwas gefällig klingen, davon sollte man sich nicht täuschen lassen. Trümmer regen sich auf: Über die Gleichgültigkeit der Menschen, über die viele Langeweile. Und immer wieder über die Zustände in der Stadt.

"Unorte verschwinden, Freiräume verschwinden, Clubs machen zu, Innenstädte werden unbezahlbar - ich habe den Eindruck, dass Städte immer weniger von den Bewohnern der Stadt mitgestaltet werden, sondern von oben herab. Und das ist sehr problematisch."

Paul Pötsch

Trotz aller Wut und Kritik rutscht die Band aber nie in plumpe Schwarz-Weiß-Malerei ab - es bleibt sogar Zeit für Selbstkritik:

"Es ist ja auch eine Selbstbeobachtung, dass man sich fragt: Bin ich der, der ich mal sein wollte, führe ich das Leben, dass ich führen wollte, als ich Teenager war? Oder bin ich nicht selbst schon so konform geworden und muss mich daraus befreien?"

Paul Pötsch

Sänger Paul Pötsch verschont also nicht einmal sich selbst: Trümmer üben Kritik in schlau. Und das in einer klaren Sprache, die man auch im Chaos einer wilden Clubnacht noch versteht. Und sie liefern Parolen. Parolen, die wie gemacht sind, um sie auf Häuserwände zu schmieren und auf T-Shirts zu drucken. Zum Beispiel "Du bist viel zu schön um jetzt schon schlafen zu gehen" . Oder "If you want to fight the system you have to fight yourself".

Trümmer haben mit ihrem Debüt ein Album gemacht, das vielen aus der Seele sprechen dürfte, zu dem man aber auch hervorragend tanzen kann. Vor allem aber ein Album, das einen wieder an die rebellische Kraft von Popmusik glauben lässt.


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