Ruhmeshalle Foyer des Arts - Die Unfähigkeit zu frühstücken
Mit "Wissenswertes über Erlangen" sind Foyer des Arts auf unzähligen NDW-Samplern verewigt. Darüber hinaus ist die Band von Max Goldt nur wenigen ein Begriff. Dadaistisch veranlagter Deutschpop ist halt nicht jedermanns Sache.
Irgendwann hat sie jeder. Die Phase, in der man sich fragt: Warum eigentlich? Warum soll ich mich anpassen, mit der Masse schwimmen, nur nicht aus dem Rahmen fallen? Bei mir passiert es mit 15. Zwar mutiere ich nicht über Nacht zum Punk, aber ich distanziere mich. Von all den anderen Dorfbewohnern, vom morgendlichen Zwang, brav auf den Schulbus zu warten und mit einer lärmenden Meute durch die fränkische Pampa zu gondeln. Lieber lege ich die zehn Kilometer mit dem Fahrrad zurück und hänge meinen eigenen Gedanken nach.
Mindestens genauso gern lausche ich auf meinem Schulweg den Gedankengängen von Max Goldt. Seine Band Foyer des Arts existiert zu diesem Zeitpunkt schon gar nicht mehr. Aber mein großer Bruder hat das Album "Die Unfähigkeit zu frühstücken" auf Kassette. Und die höre ich auf meinem Walkman rauf und runter.
Aber Mainstream? Nein danke.
Den Subtext durchblicke ich zwar nur zur Hälfte, aber ich merke: Diese Band ist etwas Besonderes. Die Texte sind so klug wie schräg, die Stimmung ist so ernst wie überdreht, die Musik klingt ebenso arrangiert wie improvisiert. Ihre Linie ist es, keine zu haben. Und damit haben Foyer des Arts ihrer Plattenfirma die Stirn geboten. Die Denkerstirn.
Foyer des Arts - Unfähigkeit zu frühstücken (Cover)
"Die Unfähigkeit zu frühstücken" erscheint 1986 - eigentlich Jahre zu spät. Denn viele Stücke sind schon lange fertig. Aber das Major Label weigert sich, die nonkonformen Werke zu veröffentlichen. Und legt Foyer des Arts auf Eis. Nach Auslaufen des Knebelvertrags nimmt das Duo aus Max Goldt und Gerd Pasemann die Dinge selbst in die Hand. Ein Indielabel wird ihre neue Heimat. Und das Album wird Kult. Plötzlich werden ihre Refraintexte in Mädchentoiletten gekritzelt, und der legendäre Radio-DJ John Peel lädt die so wunderbar undeutsche Gruppe zu einer BBC-Session ein. Dennoch kommt die Band aus der brotlosen Geheimtipp-Existenz nicht heraus. Foyer des Arts sind zu düster für die Neue Deutsche Welle und zu witzig für den Wave. Bewunderer haben sie viele. Plattenkäufer jedoch kaum.
Zöllner an der Grenze zum guten Geschmack
Dabei verstehen die beiden Berliner die Mechanismen der Musikindustrie wahrscheinlich besser als jede andere Band zu dieser Zeit - trotzdem oder gerade deswegen halten sie an ihrem Konzept der scheinbaren Konzeptlosigkeit fest. Statt ihre Eigenständigkeit aufzugeben, geben sie 1989 lieber die ganze Gruppe auf.
Nachfolger hat die Band ohne Vorbild nie gefunden. Für mich allerdings wurde sie zum Vorbild in Sachen Selbstständigkeit. Max Goldt, der später als Titanic-Kolumnist und Schriftsteller die Kunst des Abschweifens perfektionierte, ist seitdem mein Zöllner an der Grenze zum guten Geschmack. Und wird es auch immer bleiben.