Ruhmeshalle Herbie Hancock - Head Hunters
Herbie Hancocks "Head Hunters" gilt heute als Meilenstein - es erreichte als erstes Jazz-Album Platinstatus. Locker legte es den Grundstein für die Fusion-Welle, und auch Instrumental-HipHop à la DJ Shadow würde wohl auch anders klingen. Trotzdem musste Herbie Hancock beim Release heftige Kritik aus der Szene einstecken.
Wer heutzutage nicht mindestens drei Musikrichtungen vermischt, gilt fast als Langweiler oder Traditionalist. Vor knapp vierzig Jahren war das anders. Mit einer Mischung aus Funk und Jazz hat Herbie Hancock für richtig Furore gesorgt. Anfang der 70er zählt Herbie Hancock, als ehemaliges Mitglied der Band von Miles David, zu den Kronprinzen der US-Jazzszene. Aber die schweren Jazzballaden der klassischen Sextette langweilen ihn.
Hancock taucht lieber in die abgefahrenen Soundwelten der ersten Synthesizer und die Leichtigkeit von Funk ein. Deshalb muss er 1973 für "Headhunters" ordentlich Kritik von der Szene einstecken. Vielen Jazzern ist das Album zu funky und zu poppig. Den Funkern ist das Album wiederum zu jazzy und zu abgedreht - meilenweit entfernt vom hitorientierten Funk à la Motown oder James Brown.
Weg vom Hit-Funk, hin zum Experiment
Hancock geht mit diesem Album seinen eigenen Weg. Es schert ihn nicht, dass er seinen Ruf aufs Spiel setzt. Er begnügt sich nicht mit dem bloßen Einsatz von Synthesizern, sondern lotet deren Grenzen aus. Und versucht, analoges Equipment nachzuahmen. Der Album-Opener trägt den passenden Titel "Chameleon". Darin entlockt Hancock seinem Synthesizer Arp Odyssee die Klänge einer Gitarre, was für damalige Hörgewohnheiten einer Sensation glich.
Der Grundstein für die Fusion-Welle
Sensationell war auch die Chemie im Studio. Aus den damals üblichen Auftragsmuckern wächst eine Einheit, "The Headhunters" entwickeln sich zu einer eigenständigen Band.
Die Platte zählt heute zu den meist verkauften Jazz- und Funkplatten aller Zeiten. Unter Musikwissenschaftlern gilt sie als Grundstein für die bis in die 80er Jahre anhaltende Fusion-Welle: der Kombination unterschiedlicher Musikstile auf Grundlage von Jazz.
Bei Songs wie "Watermelon Man" wird klar, wo sich HipHop-Größen wie The Roots oder J-Dilla Jahrzehnte später ihre Inspiration holten. Für Fans von Instrumental-HipHop der Labels Ninja Tune oder Warp Records ist das Album ebenfalls Honig in den Ohren durch das Wechselspiel zwischen den trockenen Kombinationen aus Drums, Bass und Hancocks Keys mit sphärischen, psychedelischen Parts. Vom Klangbild und der Stimmung könnten sich einige Passagen auch gut auf Platten von DJ Shadow, Kruder & Dorfmeister oder Bonobo finden. Dazwischen blitzt auch immer mal wieder völlig entspannter Cool Jazz durch, garniert mit angenehm reduzierten Soloparts.
Ihrer Zeit um Längen voraus
Wer die Platte heute hört, hat vielleicht nur ein Problem. Unsere Ohren sind seit Jahrzehnten an Synthesizer gewöhnt – auch die Mischung aus Funk und Jazz kann kaum noch überraschen. Die damalige Sensation können wir also kaum nachvollziehen - das macht die Platte aber kein Gramm weniger fett.