Ruhmeshalle Pavement - Slanted And Enchanted
Manchmal, wenn er wollte, fand Stephen Malkmus auch deutliche Worte. Etwa, wenn er Weezer als einen bloßen Rip-Off seiner Band Pavement disste. Bei seinen Texten wurde die Sache schon schwieriger.
"Summer Babe", der Opener der Pavement-Debüt-LP – schön, im klassischen Sinne, geht anders. Aber Schönheit hat auch immer mit Gefallsucht zu tun. Eine Eigenschaft, die Anfang der 90er alles andere als verbreitet war unter all den latent deprimierten und ungewaschenen Gitarrenhelden und Slackern.
Nörgelig war der Tonfall, den Pavement anschlugen, sowohl am Mikrofon als auch an der Gitarre. Wie dilettantisch, wie langweilig! Riefen die einen. Die anderen faselten etwas undeutlich von der toll poetisch aufgeladenen Desillusionierung. Aber muss nicht alles Neue, Mutige und Unerhörte zwangsläufig spalten?!
"Teen Spirit" vs. "Summer Babe"
Spulen wir uns kurz zurück. Und hinein in die frühen 90er. Dann landen wir automatisch bei Nirvana, bei "Nevermind" und bei "Smells Like Teen Spirit". Kurt Cobain wollte wohl seinen Weltekel zum Ausdruck bringen. Und verstören. Und hat damit Melodien für Millionen geliefert. Die Generation X liebte ihn mit Haut und Haaren. Und diese Liebe erdrückte ihn schier.
Die Musik von Stephen Malkmus und Pavement hatte einen anderen Ansatz. Irgendwo zwischen dem arty Noise-Rock von Sonic Youth, der intelligenten LoFi-Leichtigkeit der Pixies und der schrägen Scheißegal-Attitüde von The Fall: die Stücke auf "Slanted And Enchanted" klangen wie eine einzige große und - vor allen Dingen - unfertige Probeaufnahme. Tanzen jedenfalls ließ sich dazu schlecht. Fettiges Haar schütteln und seine Wut und Verzweiflung zur Schau stellen funktionierte auch nicht so wirklich. Und dann die Texte.
"Ice baby
I saw your girlfriend
She’s eating her fingers
Like they’re just another meal
She waits there
In the levee wash
Mixing cocktails with
A plastic-tipped cigar"
Pavement - Summer Babe
Malkmus oszillierte immer wieder zwischen Dada und Gaga, lieferte eher eine Spoken-Word-Performance ab, als dass er sang. Und etablierte Poetry Slam, lange bevor dieser salonfähig wurde. Sein Wortsalat hatte nichts Erleuchtetes und taugte nicht zur Hymne, die aus tausend Kehlen in Richtung Konzertbühne zurückgedonnert werden konnte. Alles knirschte und kratzte. Wie eine Handvoll Sand, die sich fein und gemein zwischen Pofalte und Bikinihose gemogelt hat.
Ohne Pavement kein Weezer
Sonnenschein meets sonderbar. Diese Mischung war es dann wohl auch, die dafür sorgte, dass alle Frauen im Publikum gleichzeitig ihren Eisprung bekamen, sobald die Mittelscheitel- und XL-T-Shirt-Träger die Bühne betraten – so zumindest erinnert sich Rolling-Stone-Redakteur Rob Sheffield.
Wie auch immer: Das Eruptive, sorglos Nerdige und manchmal Tieftraurige in ihrer Musik hat bis heute nichts von seiner obskuren Schönheit eingebüßt. Und nicht nur Frauen sind diesem akustischen Aphrodisiakum verfallen. Auch Männer haben sich von Pavement anstecken lassen – und mal früher, mal später Babys in die Welt gesetzt, denen sie dann so schöne Namen gaben wie Sebadoh, Beck oder Weezer.