Ruhmeshalle Prince - Dirty Mind
Prince oder Michael Jackson? In den Achtzigern eine größere Glaubensfrage als der Kalte Krieg. Mit seinem dritten Album "Dirty Mind" hat Prince allerdings bereits zwei Jahre vor Michael Jacksons "Thriller" der Welt gezeigt, wo in den nächsten 30 Jahren der Hase namens Pop lang laufen wird.
Meine erste Prince-Erfahrung geht so: Mein Vetter band mir irgendwann in den Achtzigern den Bären auf, dass Michael Jackson und Prince beide ein Haustier besäßen, ein Reh und einen Goldfisch, die jeweils den Namen des anderen Künstlers tragen würde. Und dann meinte er: "Du musst schon wissen, welchen der beiden du besser findest - Prince oder Michael Jackson". Ein Konflikt, der mich lange gequält hat. Ganz ehrlich - ich fand beide gut. Bis eines Tages zwei Dinge die Sache entschieden haben: Zum einen habe ich erfahren, dass die futuristisch anmutenden Gitarren von Prince am Bodensee gebaut wurden. Und den Rest erledigte ein Plattencover, das mir heute noch die Schamesröte ins Gesicht treibt. Und mit etwas Abstand kann ich sagen: Auch der Inhalt kickt – und zwar bis heute.
Statt Überfrachtung unendlich viele Ideen
Tanga, Trenchcoat, Strapse und High Heels. Der junge Prince sieht 1980 aus wie die afroamerikanische Variante von Dr. Frank-N-Furter aus der "Rocky Horror Picture Show". Genauso geil, genauso provozierend, genialisch durchgeknallt und schwer beschäftigt, ein Meisterwerk zu erschaffen. Nur ist das Labor von Prince sein Heimstudio. "Dirty Mind" ist seine dritte Platte. Er spielt selbst alle Instrumente ein. Die Songs sind so gut, dass er bei der Produktion keine Tricks anwenden muss: keine Überfrachtung, kein lauter Wumms, kein Verzerren. Dafür unendlich viele Ideen. Funky Basslines, trockene Gitarrenlicks und narrische Synthies. Und dann natürlich dieser unfassbare Gesang. In der Mitte der Platte dann kommt der Bruch: Mit der Soul-Ballade "Gotta Broken Heart Again" zieht Prince die Handbremse. Daher also holt sich eine Band wie Phoenix die Inspiration für ihre Schieber.
Von Liebe zu dritt bis zur Geschwisterliebe
Hinter den Kulissen hat Prince immer wieder Künstlern mit seinen Songs zu Weltruhm verholfen. "Manic Monday" zum Beispiel, oder "Nothing Compares To You". Auch das genialische "When You Were Mine" wurde erst durch Cyndi Lauper zum Hit. In punkto "Verve" kann sie dem Original auf "Dirty Mind" aber nicht das Wasser reichen. Das Album war immer auch Provokation. Allein das Cover: Prince posiert extrem aufreizend in knappem Slip, dazu Cowboy-Halstuch und offener Mantel. Der Blick hypnotisch, der Moustache ungemein sexy. Auch die Texte sind - na ja: dirty. Von Liebe zu dritt bis zur Geschwisterliebe - Prince singt über alles, was bis dato nicht in einem Popsong auftauchte. Und er nennt die Dinge beim Namen. Unverblümt explizite Lyrics, verpackt in verführerisch poppigen Melodien.
Prince ist ein kleiner Hexenmeister: Er vermischt Funk, Soul, R&B und Rock'n'Roll und macht daraus etwas verstörend Neues. Ein Urknall in Sachen Pop, der die Soundästhetik der 80er Jahre nachhaltig beeinflussen wird. "Dirty Mind" ist weder das bekannteste noch das erfolgreichste Prince-Album. Aber wer mit dieser Platte startet, bekommt die Codes, um auch alle anderen großen Prince-Werke zu knacken. Keine Musik für Schubladendenker, aber genau deshalb Referenz für so unglaublich viele Musiker verschiedenster Genres. Von Prince lernen heißt siegen lernen.