Ruhmeshalle Aaliyah - Aaliyah
Aliyahs letzes Album markiert 2001 so etwas wie den Höhepunkt des R'n'B. Das versteht zu dem Zeitpunkt kaum einer. Völlig zu Unrecht, finden wir und erklären, wieso das Album in jede Plattensammlung gehört.
Anfang der Nullerjahre waren die Fronten noch klar: Auf der einen Seite der Mainstream, auf der anderen der Underground. HipHop ist cool - R'n'B der klare Feind! Völlig undenkbar, dass man Aaliyahs Sound wirklich gut findet und das auch offen zugibt. Am Wochenende fährt man natürlich trotzdem in den Club, tanzt zu sogenannter "Black Music" und tut so als fände man den Sound in Wahrheit scheiße. Zum Großteil stimmt das zwar auch heute noch, aber eben nur zum Großteil. Die Musik von Aaliyah ist da eine echte Ausnahme. Das merke ich aber erst viele Jahre später, als ich ihr "rotes" Album aus dem Jahr 2001 aus einer Grabbelkiste im Plattenladen ziehe und für lächerliche drei Euro mit nach Hause nehme.
Messerscharfe Kanten und butterweiche Stimmen
Für eine Mainstream-Platte sind die Beats auf Aaliyahs drittem und letzten Album erstaunlich komplex. Was einem beim ersten Hören aber gar nicht weiter auffällt, weil alle Kanten und Ecken von ihrer samtweicher Stimme umhüllt werden, wie Schokoguss auf einer Torte.
Die meisten Leute denken, dass die verstolperten, holprigen Beats auf das Konto von Über-Produzent Timbaland gehen. Der hat zwar mit seiner Art zu produzieren Aaliyahs Musik in die richtige Richtung gelenkt, auf ihrem letzten Album stammen aber nur ganze drei Beats aus seiner Feder. Den Rest bastelt ein Team weitaus unbekannterer Beatbauer zusammen. Bratzige Synthiebeats treffen auf merkwürdige kleine Soundschnipsel – hier ein Schmatzen, dort ein komischer Ton aus dem Innenleben eines Computers. Die Handschrift von Timbaland ist trotzdem unverkennbar. Genau diesen Sound hat er spätestens mit Aaliyahs Hit "Try Again" zur Pefektion gebracht.
Try again und dann nochmal
Der Song vom Soundtrack zum Action-Film "Romeo Must Die" ist natürlich das erste, was man mit dem Namen Aaliyah verbindet. Er erscheint zwar bereits ein Jahr früher und ist ursprünglich gar nicht auf dem Album enthalten. Nach Aaliyahs Tod schafft es der Song aber doch noch auf die Platte. Macht Sinn, schließlich gehört der Track zur letzten und wahrscheinlich auch zur besten Schaffensphase von Aaliyah. So elegant hat noch niemand zuvor aalglatten Soul-Gesang mit verschachtelten Beats zusammengeführt.
Und im Grunde machen Künstler wie The Weeknd oder Frank Ocean zehn Jahre später nichts anderes. Nur eben zehn Jahre und eine Pop-Generation später. Vielleicht begreift man das aber auch erst viele, viele Jahre später.