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Ruhmeshalle Sparks - Kimono My House

Ihre dritte Platte katapultiert die Außenseiter aus L.A. ins Rampenlicht Londons. Mit theatralischem Glamrock, messerscharfen Lyrics und einem Look, der widersprüchlicher nicht hätte sein können, sind Sparks plötzlich Popstars.

Von: Stephan Rehm

Stand: 18.03.2015 | Archiv

Pressefoto Sparks 1975 | Bild: Island

In ihrer kalifornischen Heimat will die Brüder Ron und Russell Mael niemand verstehen. Anfang der 70er Jahre blüht dort die Folkszene, die die Brüder als "verkopft und verschlafen" ablehnen. Zuflucht finden sie an ihrer Uni in Los Angeles, wo sie Grafikdesign, Theaterwissenschaften und Film studieren. Vor allem aber fühlen sie sich zuhause, wenn sie britische Musik wie die Kinks, Pink Floyd und The Who hören.

Sie gründen eine Band, die sich erst Halfnelson, dann Sparks nennt - eine Anspielung auf die Marx Brothers. Nach zwei erfolglosen und stilistisch unentschlossenen Alben explodiert 1973 in England der Glamrock. Nichts hält die Sparks noch in den USA. Sie ziehen nach London, nehmen ihr drittes Album "Kimono My House" auf und der Durchbruch steht unmittelbar bevor.

Freddy Mercury ist Fan

Auf einer ihren ersten UK-Touren haben Sparks die damals noch unbekannten Queen im Vorprogramm. Deren Sänger Freddie Mercury wird kurz darauf, während seines Aufstiegs zum Weltstar, immer wieder betonen, welch großen Einfluss Sparks auf ihn hatten. Bald benötigt das Duo andere Mitstreiter für die Live-Shows. Einen neuen Bassisten findet man über eine Anzeige, die sich wie folgt liest: "Gesucht wird ein Bassist für die Sparks. Er darf keinen Bart tragen und muss aufregend sein." Aufregung, Provokation - darum geht’s im Glamrock. Und um Image.

Sparks perfektionieren diese Mischung: Ihre Band tritt in den Hintergrund, die Mael-Brüder stehen im Scheinwerferlicht. Russell als hyperaktiver Sexgott mit lockiger Mähne und schrillen Outfits, Ron als ausdrucksloser, streng gekämmter Bürokrat in Anzug und mit Millimeter-Schnauzbärtchen. Als John Lennon ihren ersten Auftritt bei "Top Of The Pops" sieht, schreit er auf: "Um Himmels Willen! Sie haben Hitler zurückgebracht."

Goldene Schallplatte und ab in die Charts

"Kimono My House" sollte das erfolgreichste Album von Sparks werden. In England gibt es eine Goldene Schallplatte dafür und die Single "This Town Ain't Big Enough For Both Of Us" erreicht Platz zwei der Charts. Musikalisch stehen Sparks zwischen der revolutionären Geste der Glamrocker von T.Rex, der Divenhaftigkeit von David Bowie und der Verbundenheit zu britischen Traditionen der Kinks. Eine ideale Schnittmenge für britische Teenager, die Sparks bald die Kleider vom Leib reißen. Auf die Texte voller Wortwitz und Sarkasmus hört da niemand: Der Song "Talent Is An Asset" behandelt etwa das Leben des jungen Albert Einstein - nicht gerade Boyband-Material.

1974 haben Sparks ihren großen Lauf: Nur ein halbes Jahr nach "Kimono My House" erscheint der ebenso erfolgreiche Nachfolger "Propaganda". Doch unsere beiden Kunststudenten haben bald genug vom Glamrock. Ende der 70er erfinden sie sich mit Hilfe von Munich-Disco-Erfinder Giorgio Moroder als Synthiepop-Duo neu und bekommen damit auch erstmals in den USA größere Anerkennung. Nach längerer Durststrecke wird 1994 ihr "When Do I Get To Sing 'My Way'" ein europaweiter Hit und einer der am meisten gespielten Songs im deutschen Radio.


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