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Ruhmeshalle David Bowie - Ziggy Stardust

Mit "Hunky Dory" schuf David Bowie 1971 einen ersten Klassiker. Mit seinem darauf folgenden Konzeptalbum "Ziggy Stardust" sollte er aber nicht nur bei Kritikern, sondern auch kommerziell abräumen.

Stand: 19.12.2008 | Archiv

David Bowie | Bild: EMI

"Ziggy Stardust" ist ein Konzeptalbum. Daran merkt man, dass es aus den Siebzigern stammen muss. Ein Album voller Aliens und Freaks. David Bowies alter Ego Ziggy Stardust nimmt Kontakt zu Außerirdischen auf. Der Mann hat ein Problem: Er ist dazu verdammt, ein messianischer Popstar zu werden. Ziggy scheitert allerdings an seiner übersteigerten Egozentrik. Die gute Nachricht: Ziggy Stardust funktioniert auch ganz hervorragend ohne den psychedelischen Klimbim. Musikalisch ist Bowie ein Phänomen. Experimentelle Sounds und Mitgröl-Hymnen schließen sich bei ihm nie aus. Ziggy Stardust funktioniert sowohl in intellektueller Runde als auch bei der Uni-Party auf dem Mainstream-Floor. Hard-Rock-Riffs, viel bombastisches Klavier, ein singend-swingender Bass. Und der Beweis, dass Saxophon und Popmusik kein gottgewollter Widerspruch sind.

Jeder einzelne Song ein verdammter Welthit

Bei Liveshows tragen David Bowie und seine Bandmitglieder The Spiders From Mars bunte Federboas, Superman-artige Ganzkörper-Spaceanzüge und Plateauschuhe, die in den Himmel reichen. The Birth Of Glam Rock, Baby. Großspurig, grell, flamboyant. Aufgeladen und überladen, Bowie hat Marc Bolan zu Ende gedacht. Ziggy Stardust erfindet ganz nebenbei auch Queer Pop. David Bowie gibt sich androgyn und spielt mit dem Sexus. Geschlechterrollen werden nicht nur auf der Bühne aufgelöst. Gerüchte von Orgien mit Mick Jagger und Iggy Pop machen die Runde. Bei einer Pressekonferenz in Texas erscheint Bowie in Frauenkleidern. Und als Höhepunkt des Skandals outet sich der frisch Verheiratete in einem Interview als "schwul".

Beeinflusst hat "Ziggy Stardust" ungefähr jeden: Glam-Rocker von The Sweet bis zu den Scissor Sisters. Von Moby über die Smashing Pumpkins bis zu Marilyn Manson zitieren immer wieder Bands das Album. Selbst Bob Marley nannte seinen Sohn Ziggy. Jeder einzelne Song auf dem Ziggy-Album ist ein verdammter Welthit. Und jeder ist anders. Die Stücke schwanken von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt. Apokalyptische Weltuntergangsphantasien wechseln sich ab mit einer der schönsten Errettungsphantasien des 20. Jahrhunderts: Ein Außerirdischer meldet sich übers Radio und verspricht der Jugend der Welt baldige Erlösung.

Schon ein Jahr nach seiner Geburt killt David Bowie sein alter Ego Ziggy Stardust. Am 3. Juli 1973 verkündet er bei einem Konzert in London ohne Vorwarnung das Ende von Ziggy - und feuert spontan gleich mal seine komplette Band. Aufhören wenn's am schönsten ist. David Bowie hat bewiesen, dass man ein Erfolgsmodell nicht bis zum Erbrechen weitertreiben muss.

Der Untergang ist nicht das Ende

Ziggy Stardusts Untergang war aber nicht das Ende von David Bowie. Der widmete sich zunächst der Produktion von Lou Reeds "Transformer" und formte "Raw Power" von den Stooges, bevor er selbst noch viele weitere Klassiker-Alben aus dem Hut zauberte. Und auch seine homoerotische Glamrock-Phase wurde bald ad acta gelegt. Als andere noch als bunte Pfaue unterwegs waren, trug Bowie – seiner Zeit wie immer eine Nasenlänge voraus – schon schwarze Anzüge und Popper-Frisur mit ausrasiertem Nacken.

Interessante Facts zu "Ziggy Stardust"

- Das Cover von Ziggy Stardust zeigt die Londoner Heddon Street. Der Straßenzug wurde zur Pilgerstätte für viele Fans, ähnlich wie der Abbey-Road-Zebrastreifen der Beatles. Die Telefonzelle, in der David Bowie auf der Rückseite der Platte abgebildet ist, wurde nach ihrem Abbau später durch ein Replik ersetzt.

- In dem Wes Anderson Film "Die Tiefseetaucher" (mit Bill Murray) spielt der brasilianische Musiker Seu Jorge einen Seemann, der mit seiner Gitarre das halbe Ziggy-Stardust-Album und weitere Bowie Songs auf Portugiesisch singt.

- Der Film "Velvet Goldmine" spielt offen mit Referenzen zu David Bowie bzw. Ziggy Stardust. David Bowie verweigerte aber aufgrund von inhaltlichen Differenzen eine Zusammenarbeit. Deshalb enthält der Film auch keine Musik von Bowie.

- Dafür hielt aber der berühmte Dokumentarfilmer D.A. Pennebaker das Ziggy Stardust- Spektakel 1973 mit der Kamera für die Nachwelt fest. Der Film dokumentiert das legendäre Abschlusskonzert der Welttour von 1973 im Londoner Hammersmith Odeoen, zeigt zugleich auch das Ende von Ziggy Stardust.


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