Ruhmeshalle The Sonics - Here Are the Sonics!!!
Here Are The Sonics!!! Kein bloßer Albumtitel, ein Statement. Mit kaltschnäuzigem Selbstbewusstsein treten fünf Burschen aus Tacoma, Washington Mitte der Sechziger an, um die Welt aus ihren Angeln zu heben.
1965. Die "British Invasion" ist mit Bands wie den Beatles, den Stones und den Kinks gerade erst in den USA angekommen, da holen fünf Rotzlöffel aus dem Nordwesten bereits zum Gegenschlag aus. Ein paar Singles bescheren ihnen erste regionale Erfolge – dann erscheint ihr erstes Album. Von den 12 Songs auf der Platte stammen nur vier von ihnen selbst, der Rest sind Coverversionen ihrer Helden aus den 50ies und den frühen 60ies: Chuck Berry, Ray Charles, Barrett Strong, Little Richard, The Contours, Richard Berry, Rufus Thomas. Ein Umstand, der sich auch auf ihrer zweiten Platte "Boom" fortsetzen wird. Nicht, dass The Sonics afroamerikanische Rhythm & Blues-, Soul- und Rock'n'Roll-Klassiker covern, unterscheidet sie von ihren britischen Kollegen, es ist das Wie...
Vor allem dieser bis dahin so noch nie gehörte, schnelle und extrem roughe Sound ist es, mit dem The Sonics quasi aus dem Nichts eine Blaupause für alle künftigen Rock 'n' Roll Bands schaffen. Die mit einem billigen Zweispurgerät aufgenommenen Recordings sind dreckig und übersteuert. Roh und kompromisslos. Ein Sound, der ins Mark trifft und den seit dieser Platte Generationen von Bands verzweifelt versuchen zu imitieren – meist erfolglos.
Da ist dieses unerhört treibende Maschinengewehrschlagzeug von Bob Bennett, das eher an den Sound einer Dicken Berta erinnert. Jahre später zeigt sich selbst Kurt Cobain im Interview mit dem kanadischen Radiosender CITR-FM davon immer noch schwer beeindruckt:
"They just used one microphone over the drums and they got the most amazing drum sound I've ever heard. Still to this day, it's still my favorite drum sound. It sounds like he's hitting harder than anyone I've ever known."
Kurt Cobain
Die verzerrten Gitarren sind gefährliche Waffen und selbst Rob Linds Saxophon klingt bei den Sonics nicht samtig-sexy, sondern laut, aggressiv und messerscharf. Über allem thront der hysterisch kreischende Gesang mit den grellen, animalisch bellenden Schreien von Sänger Gerry Roslie. Spitzname: "White Little Richard". Das hier ist definitiv keine Musik für einen Debütantinnenball, sondern ein Faustschlag mitten ins Gesicht. Auch die Texte haben es in sich. Neben klassischen Themen wie Autos und Mädchen singen The Sonics von Hexen, Psychopathen oder dem Kick, den man durch Strychnin-Missbrauch erleben kann.
The Sonics sind wild und unberechenbar. Manche Radisostationen boykottieren ihre Songs, um die öffentliche Ordnung nicht zu gefährden. In ihren Songs spiegelt sich die geballte "Teenage Langeweile" der Sixties wider: junge Leute, die jede Sekunde explodieren könnten. Mit ihrer Musik, die dazu taugt Schallmauern zu durchbrechen, planieren The Sonics förmlich den Weg für Punk in den Siebzigern und alles was danach kommt. Egal ob Iggy Pop, The Cramps oder die Fuzztones. Ob The Fall, die Flaming Lips oder They Might Be Giants: alle coverten sie irgendwann mal The Sonics.
The Sonics sind genau das Gegenteil von "just a band", eine Gallionsfigur für Generationen von Musikern aus den unterschiedlichsten Genres. Oder wie es die White Stripes in einem Mojo-Interview beschreiben:
"Probably the epitome of 60ies punk. Psycho, Cinderella, The Witch - animalistic screams signifying the base thoughts of mid-60s bored teens. Harder than the Kinks, and punk long before punk, now finally getting the recognition they deserve. Life becomes better after buying a Sonics record, or at least more tolerable."
The White Stripes