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UEFA löscht virales Video Warum wir ein Recht auf Remix brauchen

Alle neun deutsche Elfmeter gegen die Italiener konnte man schön in einem Video genießen. Konnte – denn die UEFA hat den Clip des Videofricklers Kurt Prödel aus dem Netz nehmen lassen. Ein schlechtes Zeichen für unsere Netzkultur.

Von: Anna Bühler

Stand: 08.07.2016 | Archiv

Making of Meme: So macht sich die UEFA gerade noch unbeliebter als die FIFA

Es waren 17 Fernsehminuten, die live kaum zu ertragen waren: Das Elfmeterschießen im EM-Viertelfinale gegen Italien, formerly known as Angstgegner. Umso schöner, dass es Leute wie den Videokünstler Kurt Prödel gibt, der diesen Moment nochmal lecker snackable gemacht hat. Nach dem Spiel kam er auf die Idee, die Ausschnitte alle Elfmeterschützen in einem Video übereinander zu legen und gleichzeitig schießen zu lassen. Großartige Idee, großartiger Clip mit großartige Reichweite. Der Clip wurde bei Facebook und Twitter ohne Ende geteilt - bis die UEFA kam.

Einen Tag nachdem Kurt Prödel das Video gepostet hat, lässt die UEFA den Clip von Twitter löschen, weil Prödel kein Recht an den Bildern aus dem Stadion hat. Sogar sein ganzer Twitteraccount ist einige Stunden nicht mehr zu erreichen, Twitter Deutschland hat Prödel wohl kurz mal auf die stille Treppe verdonnert. Klar, dass diese Aktion im Netz zum Shitstorm geführt hat.

Kurt Prödels Account ist mittlerweile wieder zurück – die Diskussion über unser deutsches, wahnsinnig restriktives Urheberrecht, das sogar bei einem etwa zehn Sekunden langen Clip greift, geht weiter. Das Problem in Europa: Es gibt keine Ausnahmeregelung im Urheberrecht, die den Weiterdreh eines bestehenden Werkes rechtlich ok macht. In den USA zum Beispiel ist das anders: Da gibt es die sogenannte Fair Use Bestimmung, die in einigen Fällen auch die nicht autorisierte Nutzung eines geschützten Werkes erlaubt. Prödels Clip wäre da zum Beispiel kein Problem gewesen. Für so ein Recht auf Remix gibt es ein großes Argument, sagt Urheberrechts-Experte und netzpolitik.org-Autor Leonhard Dobusch in der Podcastserie „Jöran ruft an“.

"In Wirklichkeit schadet so ein Mem ja überhaupt nicht irgendwelchen Verwertungsrechten eines Rechteinhabers. Da ist ja kein finanzieller, monetärer sonst wie Verlust damit verbunden, im Gegenteil. Gerade das Beispiel mit den Elf-Metern ist ein Beispiel für gelebte Fußballpopulärkultur im Mainstream."

Leonhard Dobusch in 'Jöran Ruft An'

Und das gilt für viele Meme. Kurt Prödels Clip wurde sogar im ZDF Morgenmagazin gezeigt. Immerhin, meint Leonhard Dobusch, findet was das Recht auf Remix angeht, gerade ein Umdenken statt. Er beobachte, "dass sich selbst bei älteren, konservativen Juristen die Einsicht durchsetzt, dass ein zu restriktives Urheberrecht genauso ein Problem ist wie kein Urheberrecht für Kunst und Kulturfreiheit."

Immerhin. Aber bis es wirklich ein Recht auf Remix bei uns gibt, werden sicher noch einige Elfmeter ins Netz gehen.


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