25. Todestag des Nirvana-Sängers Wie Kurt Cobain die Popkultur noch heute beeinflusst

Vor 25 Jahren ist Kurt Cobain gestorben. Damals waren Nirvana Megastars und Grunge war so beliebt wie aktuell Trap oder Cloud Rap. Heute läuft Nirvana meist auf 90er-Partys. Stellt sich die Frage: Welchen Einfluss hat Cobain noch?

Von: Ferdinand Meyen

Stand: 05.04.2019 | Archiv

Darstellung: Curt Cobain | Bild: picture-alliance/dpa

Zu meinem 14. Geburtstag habe ich mir von meiner Oma Nirvanas "Nevermind" gewünscht. 2009 war das. Ich weiß noch, wie ich mir die Songs damals auf meinen 25-Megabyte-MP3-Player geladen und sie dann auf dem Weg zur Schule in Dauerschleife gehört habe. Natürlich mit dem Gefühl, anders zu sein und nicht verstanden zu werden von den anderen. Witzigerweise wusste ich damals gar nicht, was genau Nirvana war, wofür sie standen und kannte nicht mal die Geschichte von Kurt Cobain.

Ich bin damals im Saturn über das "Nevermind"-Cover gestolpert – dieses schwimmende Baby auf der Jagd nach dem Dollarschein hat mich total angesprochen. Als ich die CD dann an einer dieser vergessenen Teststationen eingescannt und probegehört habe, war klar, was ich zum Geburtstag haben wollte. Besonders "Smells Like Teen Spirit" oder "Territorial Pissings" fand und finde ich nach wie vor Hammer. Underground pur! Erst später habe ich dann alles über Kurt Cobain erfahren, über diese Legende. Dass er der letzte große Rockstar war, die Stimme seiner Generation gewesen ist und sich am 5. April 1994 mit einer Schrotflinte das Leben genommen hat.

25 Jahre ist das jetzt her und ich frage mich: Ist Kurt Cobain noch wichtig? Die meisten Teenager wünschen sich zum Geburtstag ja schließlich keine CDs mehr, sondern ein Spotify-Jahres-Abo. Da streamen sie dann vorgefertigte Playlists – wahrscheinlich ohne Nirvana aber mit Mero und Capital Bra.

Kurt Cobains Einfluss auf HipHop, Cloud Rap und Trap

Aber Cobain ist noch lange nicht verstummt. Wirklich tot ist nur die Grungebewegung. Selbst gute Bands wie Pearl Jam oder die Foo Fighters um Ex-Nirvana-Schlagzeuger Dave Grohl setzen kaum noch Trends, Nirvana-Songs laufen wenn überhaupt, dann nur noch unter dem furchtbaren Label "Classic Rock". Ihre Attitüde allerdings lebt weiter – und zwar in einem Genre, das von Grunge abermillionenmeilenweit entfernt ist: HipHop. Stars wie Jay-Z, Kendrick Lamar oder Lil Wayne feiern Cobain schon lange in Songs und Interviews. Im Zentrum steht dabei immer wieder seine rebellische Haltung. "Holy Grail" von Jay-Z und Justin Timberlake zitiert zum Beispiel den kompletten Refrain von Nirvanas größtem Hit "Smells Like Teen Spirit".

Aber nicht nur klassische HipHopper feiern Nirvana. Besonders die Trap- und Cloud Rap-Szene bezieht sich immer wieder auf Kurt Cobain. XXXtentacion, der vergangenen Juni im Alter von 20 Jahren erschossen wurde, meinte einmal: "Die einzige Person, die mich je inspiriert hat, ist Kurt Cobain." Sein Freund und Kollege Denzel Curry sagt ebenfalls, Cobain sei sein Vorbild. Er habe damals Dinge besungen, die Rapper heute auch beschäftigen: das Anti-Soziale, Bipolare und den Struggle, mit der kaputten Gesellschaft klar zu kommen.

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Denzel Curry - CLOUT COBAIN | CLOUT CO13A1N | Bild: DenzelCurryVEVO (via YouTube)

Denzel Curry - CLOUT COBAIN | CLOUT CO13A1N

Auch Lil Peep hat sich stark von Cobain inspirieren lassen. Wie viele Künstler*innen aus dem Trap Genre war auch Lil Peep zunächst in der Punk-Szene aktiv. Kein Wunder also, dass Vollblut-Punk Cobain in der Cloud Rap-Szene so viel Anklang findet.

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LIL PEEP & LIL TRACY - COBAIN OFFICIAL VIDEO | Bild: BLANCO (via YouTube)

LIL PEEP & LIL TRACY - COBAIN OFFICIAL VIDEO

Cobains Einfluss auf die Modewelt

Dass Cobains Erbe mehr ist als Grunge, zeigt auch ein Blick auf die Fashionwelt. Cobains Stil ist omnipräsent: zerrissene Jeans, übergroße Strickpullis, Flanellhemden und natürlich die berühmte weiße Sonnenbrille, die auch im Denzel Curry-Video zu sehen ist.

Viele Modezeitschriften feiern Cobain und seinen Einfluss auf das Männlichkeitsbild der letzten 30 Jahre. Er sei die Antithese zum Macho mit breitem Kreuz und Lederjacke und stehe für ein viel verletzlicheres, nahbareres und androgyneres Auftreten. Grunge mag also akustisch verhallt sein – der Style lebt aber weiter.

Cobains Einfluss auf die Gesellschaft

Und auch ganz allgemein ist Cobain nie so wirklich verschwunden. Einer aktuellen Statistik zufolge glauben viele, dass sein Einfluss sich gerade nach seinem Tod nochmal gesteigert hat: 31 Prozent der Befragten glauben, Cobains Musik sei nach seinem Tod popkulturell bedeutsamer geworden. 27 Prozent meinen, Cobain sei die Stimme der Generation X. Auch die Musik von Cobain und Nirvana ist nach wie vor extrem beliebt. Das zeigt dieses Ergebnis: 44 Prozent der Befragten sagen, Nirvana habe einen so großen Einfluss auf Musik wie keine andere Band der Neunziger. Außerdem glauben viele, dass Cobains Selbstmord dazu beigetragen hat, wichtige öffentliche Debatten über psychische Erkrankungen und Depressionen anzustoßen. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch ein Blick auf die Selbstmordstatistik unmittelbar nach Cobains Tod: Es gab keinen Werther-Effekt, stattdessen sank in den ersten zwei Monaten nach Cobains Tod die Selbstmordrate im Großraum Seattle - hier lebte Cobain und hier wurde er tot in seinem Haus aufgefunden.

Und der beliebteste Nirvana-Song? Ist laut Umfrage "Smells Like Teen Spirit". Einer der Songs also, die mich damals dazu gebracht haben, "Nevermind" zu kaufen. Schade nur, dass es nicht "Territorial Pissings" geworden ist.

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Nirvana - Territorial Pissings (Live at Reading 1992) | Bild: NirvanaVEVO (via YouTube)

Nirvana - Territorial Pissings (Live at Reading 1992)

Sendung: Plattenbau vom 04.04.2019 ab 19 Uhr