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Feministische Comics Starke Bilder, starke Frauen

Die schale Debatte, ob Feminismus auch in cool geht, ist hiermit entschieden: ja, unter anderem in diesen vier Comics. Damit können sich auch männliche Männer blicken lassen. Versprochen.

Von: Katja Engelhardt und Judith Dauwalter

Stand: 22.08.2016 | Archiv

Feministische Comics: Heldinnen mit Botschaft

Frauen und Comics, ein leidiges Thema. Warum gibt es von der weiblichen Heldin bei den "Guardians of the Galaxy" weniger Merchandise-Artikel als von dem Kerl und diesem vorlauten Waschbären? Wieso macht Marvel lieber Thor zu einer Frau, als eine neue, glaubwürdige Superheldin zu entwickeln? Immerhin gibt es mit Ms. Marvel eine facetten- und nicht kurvenreiche Fahnenträgerin für das Marvel-Universum.

Spannender sind aber sowieso Comics, in denen die Heldinnen erstens wichtig sind und zweitens auch mal mit einer Botschaft ausgestattet werden - und das komplett ohne großes Tamtam. Weil das so selten ist, machen wir trotzdem ein großes Ding daraus und stellen euch vier Comics vor, die blendende Beispiele sind und alle Leser unterhalten, egal welchen Geschlechts.

1. Spring Magazin #13: The Elephant In The Room

Die Story
Spring ist ein jährlich erscheinender Comic-Sammelband: Statt einer Story werden hier die oft sehr persönlichen Geschichten von 16 Zeichnerinnen und Autorinnen erzählt. Es geht um das Verhältnis zum eigenen Körper - um zu kleine Brüste, zu große Hintern, ums Rasieren. Es geht um Kinder - die Entscheidung für oder gegen Nachwuchs und die Vereinbarkeit mit dem Beruf. Über all dem schweben gesellschaftliche Erwartungen: Eine Frau muss dem Schönheitsideal entsprechen, eine Frau muss Kinder wollen, eine arbeitende Frau ist eine Rabenmutter.

Girl Power Faktor
Das Spring Magazin ist nicht einfach eine Sammlung feministischer Nörgeleien in Comic-Form. "The Elephant In The Room" - so der Titel der Sonderausgabe - ist auch eine englische Redewendung. Sie steht für offensichtliche Missstände, die aber keinen kümmern. Diese Frauen kümmert es. Ihrem Ärger über diverse Ungleich-Behandlungen verleihen sie dicke Pinselstriche oder feine Linien, knallige Farben oder sanftgraue Töne. Mit ihnen skizzieren sie kraftvolle Alternativen; ihre eigenen Geschichten, ihren Umgang mit gesellschaftlichen Erwartungen. Und all das ist oft geprägt von einer inspirierenden Zufriedenheit. Eine selbstbewusste Erkenntnis jedenfalls scheint die Lebensentwürfe aller Zeichnerinnen zu prägen: "Ohne Shaktu ist Shiva nichts", steht z.B. in einer Geschichte auf den Stufen zum Vaginatempel. Auch der gewaltigste Gott ist nichts ohne die weibliche Urkraft.

Für Fans von...
Autobiografischen Alltagsgeschichten und Reisen in ferne Länder. Denn in "Spring" erzählen Comicmacherinnen aus Indien und Deutschland Geschichten darüber, was es für sie heißt Frau zu sein. Und obwohl sie aus so unterschiedlichen Kulturkreisen kommen, haben ihre Geschichten erstaunlich viel gemeinsam.

2. Sex Criminals

Die Story
Immer wenn Suzie einen Orgasmus hat, bleibt für sie die Zeit stehen. Nicht im poetischen Sinne, sondern als hätte jemand auf die Stopptaste gedrückt. Sex ist für sie deswegen vor allem: ziemlich einsam, zumindest nach dem Höhepunkt. Bis sie Jon trifft, der dasselbe Problem hat. In Robin-Hood-Manier rauben die beiden eine Bank aus - also: Sex, Orgasmus, Zeitstillstand, so weit so gut. Bis die Polizei auftaucht. Eine spezielle Polizei.

Grrl Power Faktor
"Sex Criminals" ist ein sex-positives Manifest. Durch die völlig selbstverständliche Offenheit kritisiert der Comic die mangelhafte Aufklärung, unter der nicht nur Teenager in den USA leiden müssen. Als Teenie-Suzie eigentlich nur wissen will, was mit ihrem Körper los ist, wird sie "Schlampe" genannt. Überhaupt kämpft "Sex Criminals" gegen Diskriminierung. Der gegoogelte Pornostar wehrt sich aus dem Bildschirm gegen Suzies Lästereien, und Nebenfigur Rachel ist sexuell sehr umtriebig, ohne auch nur einmal deswegen attackiert zu werden. Bravo!

Für Fans von...
Romantischer Comedy, mit einem kleinen Sci-Fi-Touch. Letztendlich sind Suzie und Jon nämlich sehr boy-meets-girl, nur wesentlich witziger erzählt und sehr viel cleverer als die Durchschnittshandlung mit Kate Hudson und Matthew McConaughey. Angst vor Skurrilem solltet ihr aber nicht haben, sonst werdet ihr hier verzweifeln. Ach ja und Sex, Leute, Sex.

3. Curb Stomp

Die Story
"Fever" ist eine All-Girl-Gang in "Old Beach", einem ärmliche Außenbezirk einer Metropole. Die fünf Mitglieder erfüllen die Klischees von Gangs aus der Popkultur: Tough, loyal, brutal. Als der Bürgermeister der Stadt einen Pakt mit zwei anderen Gangs abschließt, um vor der Wahl in "Old Beach" ordentlich aufzuräumen, stehen die Frauen von "Fever" gleich zwei verfeindeten Gangs gegenüber.

Grrl Power Faktor
"Curb Stomp" lebt, was von Beyoncé bis Taylor Swift alle als modernen Feminismus predigen: Mädels, backt ruhig mal einen Kuchen, aber haltet zusammen. Die "Fever"-Gang muss sich bewähren, wir wissen, das können sie nur gemeinsam und obwohl die - teilweise sehr - jungen Frauen als einzelne Personen durchaus große Emotionen zeigen, sind sie tough, so bald es um ihre Rolle als Gangmember geht. Bei dem titelgebenden "Curb Stomp" wird der Kopf des Opfer auf den Bürgersteig gelegt, dann von hinten drauf getreten. Der Titel verspricht nicht zu viel.

Für Fans von...
Gang-Stories. Wer auf diese unbedingte Loyalität steht und ein bisschen Taktik verträgt, ist hier genau richtig. Die Charaktere, die zuerst wirken wie eine rebellische Girlband, sind auf lange Sicht dann doch weniger stereotyp, als man zuerst denkt.

4. Bitch Planet

Die Story
In der Zukunft wird die Menschheit technisch so auf Zack sein, dass es statt schnöder Gefängnisse ganze Gefängnisplaneten gibt. Auf dem "Bitch Planet" landen alle Frauen, die irgendwie anecken – und das geht ziemlich schnell. Du hast Übergewicht? Dein Mann hätte lieber seine Affäre zur Frau? Du hast jemandem mal so richtig deine Meinung gegeigt? Tja, blöd gelaufen: Willkommen auf Bitch Planet. Stück für Stück lernen wir die Insassinnen und das perfide System kennen.

Grrl Power Faktor
Die stark überdrehte Messlatte, die in "Bitch Planet" an Frauen angelegt wird, sehen manche schon in der Gegenwart als problematisch. Dieser Comic zeigt uns eine Welt, in der das Frau-Sein bis in die letzte Konsequenz reguliert und sanktioniert wird. Und hält den Mittelfinger in die Luft. "Non-compliant", ungehorsam, werden die Frauen auf "Bitch Planet" genannt und den Slogan haben auch schon Frauen in der echten Welt übernommen - aber nicht als Bewertung, sondern als Schlachtruf. Die Abkürzung NC prangt als Gürtelschnalle an Hosen, aufgedruckt auf T-Shirts oder und eingestochen auf der Haut der Fans.

Für Fans von...
"Orange Is The New Black", die schon immer die Geschichte hinter den Frauenfiguren spannender fanden als die lang hingedeichselten Witze. Wer sich dazu noch ein bisschen mit Science Fiction auskennt, hat auf der Suche nach Referenzen auf Filme und Bücher gleich doppelten Lesespaß.


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