Spielwiese Is(s)t das noch normal? - So entstehen Foodtrends

Foodtrends sind kein Zufall, sondern knallhartes Marketing. Regierungen bewerben ihre Landesküche, um Touristen anzulocken. Das nennt man „Gastro-Diplomacy“. Mit Kimchi funktionierte das besonders gut – der koreanische Kohl ist im Mainstream angekommen.

Von: Linda Becker und Christoph Gurk

Stand: 20.01.2017 | Archiv

Spielwiese vom 20. Mai: Is(s)t das noch normal? Essen als Popkultur

Südkorea: Die Wirtschaft brummt und das Land ist mittlerweile ein angesehenes Mitglied der internationalen Gemeinschaft. Südkorea ist auch das Land, das uns einen der größten Netzhits bescherte: Den Gangnam Style. Bis auf diesen Ausrutscher verhält sich Südkorea aber eher unauffällig.

Aber Südkorea ist auch das Land, das an Nordkorea grenzt. Da läuft die Assoziationskette sofort an: Mauer, Atombombe, irrer Diktator. Und Südkorea muss imagetechnisch die Suppe auslöffeln.

Um dem schlechten Image ein Ende zu machen, startete die Regierung von Südkorea die Image-Kampagne "Global Hansik". Hansik ist der Sammelbegriff für koreanische Küche. Das Ziel: Die Herzen der Welt über die Mägen der Menschen zu erobern.

44 Millionen Dollar wurden bisher schätzungsweise für die "Global Hansik"-Kampagne ausgegeben, sagt die Food-Expertin Alessandra Roversi. Damit gründete die südkoreanische Regierung zum Beispiel Kochschulen, um koreanische Gerichte wie das landestypische Reisgericht Bibimbap zu promoten. Wer dann im Ausland ein koreanisches Restaurant eröffnen wollte, bekam staatliche Zuschüsse.

"Es gab ein riesiges Marketingprogramm - koreanische Backpacker wurden gecastet und dazu angehalten auf ihren Reisen koreanisches Essen bekannt zu machen."

Alessandra Roversi.

Auch TV Spots und extra komponierte Songs sollten koreanische Gerichte wie Bibimbap und Kimchi weltweit bekannt machen. Kimchi ist scharf gewürzter, fermentierter Kohl und integraler Bestandteil der koreanischen Küche, ein Must-Have. Nur leider nicht besonders sexy. Darum gründete die südkoreanische Regierung das "World Institute of Kimchi", kurz WiKim, wo Wissenschaftler an der "Globalisierung von Kimchi" arbeiten.

"Um mehr Menschen den Genuss von Kimchi zu ermöglichen, will WiKim ganz weit vorne in der Entwicklung und Verbesserung von Kimchiprodukten mitspielen."

WiKim Promovideo.

Um sicher zu gehen, dass Kimchi weltweit wirklich steil geht, stellte man dem sauren Kohl noch ein paar süße Mädchen von der K-Pop Band "Wonder Girls" an die Seite. Ihr Song "K Food Party" schlägt voll in die Super-Food-Kerbe.

"We got Strawberry, Ginseng, love that Kimchi, keeps the skin so beautiful and full of energy."

Wondergirls

Ob Kimchi auch ohne staatliche Subventionierung so bekannt geworden wäre? Was auch immer zum Erfolg führte, es hat funktioniert. Kimchi ist auf internationalen Tellern angekommen und zählte 2016 zu den Top Food Trends. Im Netz ploppen mittlerweile hunderte How-To-Kimchi-Videos auf.

Auf den Image-Trichter ist natürlich auch Nordkorea gekommen und hat die Restaurant-Kette "Pyongjang" gestartet – mit Filialen in Asien und Europa. Was es dort gibt? Kimchi.