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TV & Serie // Cucumber Jungfrau (46), männlich, sucht Gurke

Henry ist Mitte 40, schwul und Jungfrau. Als seine Beziehung zerbricht, muss er sich neu erfinden. Nach "Dr. Who" widmet sich Russel T Davies wieder seinem Lieblingsthema: queeren Männern in Manchester.

Von: Vanessa Schneider

Stand: 26.07.2016 | Archiv

Cucumber | Bild: Channel 4

Wie ein Fisch auf dem Trockenen steht er da, auf der Straße, in einem nordenglischen Vorort. Henry, Mitte vierzig, Versicherungsagent, schwul und Jungfrau. Seine Beziehung ist gerade, nach neun Jahren, auseinander gegangen. In Rage wirft er seinem Ex-Freund Lance dessen Unzulänglichkeiten vor: Der kann nämlich nicht schwimmen. Und Henry? Naja. Der kann das nicht, was von ihm als schwulem Mann erwartet wird: Analsex. Ein Dreier sollte die Beziehung retten - ist aber der Anfang vom Ende. Und so steht Henry jetzt eben barfuß und orientierungslos auf der Straße und muss sein Leben neu ordnen.

Das Gegenteil von Sex

In "Cucumber" geht es um Sex - oder besser: um das Gegenteil von Sex. Kein Sex. Und das ist für Henry ein riesiges Problem - obwohl seine Fantasie beim Anblick eines heißen Jünglings sofort mit ihm durchgeht. Aber er lebt seine Gelüste nicht aus, sein Sexleben ist eine One-Man-Show. Das findet nicht nur sein Partner seltsam. Seine schwulen Freunde machen sich über die untypische schwule Jungfrau lustig und auch den Nachbarn sind die Bettrituale der beiden Männer schon aufgefallen:

"Henry, ich wollte dir nur sagen, ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, aber wenn du im Dachzimmer masturbierst, sehen wir das durch den Vorhang! Das ist dann wie so eine Art Schattenspiel. Also nicht, dass mir das was ausmacht, aber wegen der Kinder... Ich will dir nicht den Spaß verderben, Bob sagt, du tätest es regelmäßig wie ein Uhrwerk…"

Nachbar von Henry in Cucumber

Mit solchen absurd komischen Situationen entblößt "Cucumber" die tragischen Momente in einem Leben voller festgefahrener Gewohnheiten und unerfüllter Erwartungen. Henry hat eine Lebenskrise. Zu alt für den Spaß der vergangenen Jugend, aber auch nicht bereit, sich fest zu binden - und dann fliegt ihm auch noch sein Job um die Ohren.

Die vier Erektionsgrade von Penissen und die Fragen nach dem Sein

Die ersten Folgen etablieren nur das Setting - ans Eingemachte geht’s erst später: Was heißt es, schwul zu sein? Wie wird man in der Community und außerhalb davon akzeptiert? Wie viele Opfer muss man für eine Beziehung bringen? Und: Was will ich eigentlich vom Leben? Ob hetero oder homo - völlig egal: Die Fragen die sich Henry stellen muss, stellt sich jeder irgendwann. Und dabei ist "Cucumber" auch noch sehr lustig.

Der Name der Serie leitet sich übrigens von einer Studie über die verschiedenen Erektionsgrade von Penissen ab - behauptet Serienmacher Russel T Davies.

"Demnach gibt es vier Kategorien der Steife: Von weich bis hart. Angefangen bei der weichsten - Nummer eins: Tofu. Nummer zwei ist geschälte Banane. Nummer drei: Banane. Nummer vier Gurke."

Henry Best in Cucumber

Und Henry hat andauernd große, lange Gurken im Kopf.

Nur die Stereotype stören

Natürlich denken Schwule genauso wenig permanent an Sex wie Heterosexuelle - dass die Serie trotzdem und vor allem am Anfang so beharrlich auf diesem Stereotyp herumreitet, ist ein bisschen seltsam. Vor allem, wenn man weiß, dass Serienerfinder Russell T Davies es besser wissen müsste – aus eigener Erfahrung.

Eigentlich ist "Cucumber" Teil eines ganzen Serienpaketes. Neben der Serie über eine Gruppe mittelalter Männer in Manchester, gibt es "Tofu", eine Dokuserie, und "Banana", die sich den Nebenfiguren aus "Cucumber" in einzelnen Episoden widmet. Leider hat sich der WDR aber dafür entscheiden erstmal nur "Cucumber" ins Programm zu nehmen. "Banana" wird erst im Herbst in Deutschland anlaufen. Das ist schade, denn erst im Doppelpack damit ist "Cucumber" richtig gut, denn "Banana" gibt den vielen, interessanten Charakteren noch viel Leben und Witz. 

Trotz der kleinen Macken: Einschalten lohnt sich bei "Cucumber" auf jeden Fall - alleine für den wunderbaren Humor der Serie - und eine explizit queere Perspektive, die wir sonst nicht so oft im Fernsehen zu sehen bekommen.

"Cucumber", 8 Folgen im WDR, Samstags um 23:05 Uhr. Die Schwesterserie Banana läuft ab Herbst auf Eins Festival.


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