Flüchtlinge in Deutschland Arbeit hilft gegen Langeweile
Viele Menschen suchen in Deutschland Asyl. Manche kommen gerade erst an, andere warten seit Jahren auf eine Entscheidung in ihrem Asylverfahren. Höchste Zeit, um mal nachzufragen wie es denen geht, die schon eine Weile hier sind. Wir haben mit sechs von ihnen gespochen.
Für Yazdan aus Syrien ist die Sache klar: Wer sich in Deutschland integrieren will, muss erst mal Deutsch lernen und sich dann einen Job suchen. Sonst kann man sich schließlich keine neue Existenz aufbauen, meint der 24-Jährige. Auch er will in vier Jahren einen Job haben - spätestens. "Aber vorher will ich erst mal einen Uniabschluss machen", sagt er. In Syrien hat Yazdan sechs Semester Jura studiert, hier in Deutschland muss er wieder im ersten Semester anfangen.
Yazdan nimmt das in Kauf für einen deutschen Uniabschluss. Für die meisten Asylsuchenden kommt ein Studium aber ohnehin erstmal nicht in Frage. Sie haben laut BAMF zwar einen Abschluss der Mittel- oder Grundschule, aber keine Hochschulreife. Allerdings ist der Abschluss momentan eh ziemlich zweitrangig. Obwohl fast 70 Prozent der Asylsuchenden in einem Alter sind, wo sie arbeiten könnten, haben nur knapp sechs Prozent dieses Jahr eine Arbeitserlaubnis bekommen. Wer arbeiten darf, ist meistens nicht sehr wählerisch. Den meisten Menschen, die nach Europa geflohen sind, ist egal, was für einen Job sie machen. Hauptsache sie kriegen überhaupt einen. Dafür gibt es gute Gründe, sagt auch der "Ausschuss für Migration, Flüchtlinge und Vertriebene" vom Europarat:
"For asylum seekers and refugees (including those with subsidiary protection) the right to work is particularly important as it can enhance their sense of dignity, self-respect and self-worth, and brings with it independence and financial self-sufficiency. Employment is also, more broadly, a crucial facet of integration and can help them recover from often traumatic experiences."
Ausschuss für Migration, Flüchtlinge und Vertriebene
Und: Arbeit hilft gegen Langeweile. Offizielle Zahlen vom BAMF sagen, dass Asylsuchende im Durchschnitt "nur" 5,3 Monate warten müssen, bis sie Asyl bekommen. In der Realität sieht das aber meist anders aus: Wer aus Afghanistan kommt, wartet im Durchschnitt rund 13 Monate, Senegalesen sechs Monate und Nigerianer rund 10 Monate. Syrer warten dank verkürzter Verfahren nur rund vier Monate. Die Durchschnittszahlen lassen es nicht unbedingt vermuten, aber tausende Asylsuchende warten schon mehrere Jahre auf eine Entscheidung, zum Beispiel Alioune aus dem Senegal oder John aus Nigeria, die wir getroffen haben.
John macht mittlerweile eine Ausbildung und wird deswegen sehr wahrscheinlich erst mal nicht abgeschoben, trotzdem macht er sich Sorgen und fühlt sich in Deutschland nicht wirklich willkommen. Alioune darf nicht arbeiten. Er muss in seiner Unterkunft auf eine Entscheidung in seinem Asylverfahren warten. Dass man da früher oder später Langeweile bekommt, dürfte jedem klar sein. Helfer berichten, dass einige Geflüchtete daran verzweifeln und ihr Selbstwertgefühl verlieren. Deswegen bedeutet es den Menschen, die in Deutschland Zuflucht suchen so viel, wenn sie hier einen Job haben.
Geld ist für viele Flüchtlinge nicht das wichtigste an einem Job. Said aus Afghanistan zum Beispiel hilft in seiner Freizeit ehrenamtlich in der Münchner Bayernkaserne. Er ist Ansprechpartner für andere Flüchtlinge, schenkt ihnen Kaffee aus oder erklärt ihnen, wo der nächste Deutsch- oder Yogakurs stattfindet. Für den IT-Studenten ist das eine Herzensangelegenheit:
"Ich liebe Menschen und ich will ihnen helfen, egal woher sie kommen. In Afghanistan konnte ich das nicht.[…] Ich will etwas ändern und den Menschen helfen, wenn sie hier ankommen."
Said aus Afghanistan
Aman aus Eritrea ist froh darüber, dank seines Jobs einfach mal aus seiner Flüchtlingsunterkunft herauszukommen. Er arbeitet als Reinigungskraft und putzt Hotels und Büros. Sonst würde er in seinem gut 15 Quadratmeter großen Zimmer zwischen Kuhwiese und Schnellstraße festsitzen. Ein Bus fährt nur zwei Mal am Tag zur Flüchtlingsunterkunft in der Nähe von Miesbach. Mit dem Rad ist der Weg ziemlich weit. Allerdings macht der Job Aman momentan sehr traurig. Der 450-Euro-Jobber würde gerne öfter arbeiten, wurde im Oktober aber nur selten für Schichten eingeteilt. Seine Frau Melitta arbeitet momentan nicht. Sie erwartet gerade ein Kind.
Egal, ob 450-Euro-Jobber, Azubi, Arbeitsloser, Ehrenamtlicher oder Praktikant - vielen Asylbewerbern hilft Arbeit, um wieder in die Normalität zurückzufinden und neue Perspektiven zu bekommen. In einem völlig neuen Umfeld kann Arbeit für sie eine wichtige Hilfe zur Integration sein, auch wenn ihnen manchmal Steine in den Weg gelegt werden.