Feier und Feuer Feier und Feuer - Bayern genießen im Januar
Das ganz große Feiern scheint vorbei zu sein. Dennoch haben wir Bayern genießen im Januar diesmal unter das Motto Feier und Feuer gestellt. Mit hochinteressanten Ergebnissen aus allen sieben Ecken Bayerns.
Das Ende des alten und der Anfang des neuen Jahres ist schon seit der Steinzeit Feiertagszeit. Das Monatsbild des ältesten bayerischen Kalenders aus dem 8. Jahrhundert zeigt einen Mann, der untätig am Feuer hockt und sich wärmt. Und auch unsere heutigen Wörter "Feier" und "Feuer" zeugen von dieser Geschichte. Die jahrtausendealte Wortwurzel ph---,die in fast allen Sprachen zwischen Indien und dem Atlantik vorkommt, bedeutet blasen, ein Feuer anblasen. Später dann auch das Feuer selbst und die Feier und das Fest, das drumherum stattfindet. Im Winter braucht man ja das Feuer, um sich zu wärmen und was zu sehen auch am Tag. Andererseits hatten schon die ersten Bauern im Winter viel weniger Arbeit, konnten genießen, was sie im Herbst geerntet hatten. Schon für die Steinzeitleute war klar, was gemeint war, wenn einer phr- gesagt hat: Man hat ein Feuer gemacht, sich zusammengesetzt, gegessen, getrunken - gefeiert eben. Jeder einzelne Abend des Jahres nach getaner Arbeit ein Feuerabend, ein Feierabend. Und besonders um die Wintersonnwend herum ganze Feuertage - Feiertage. Ganz ähnlich, wie wir sie bis heute genießen.
Hier unsere Genuss-Themen aus den bayerischen Regionen rund ums Motto "Feier und Feuer"
Oberbayern: Der Feuerwerker in Oberbayern. Von Sarah Khosh-Amoz
Niederbayern: Das Feuersteinbergwerk Arnhofen. Von Thomas Muggenthaler
Oberpfalz: Der Holzherd im Wirtshaus in Frath. Von Renate Roßberger
Oberfranken: Das Lichterfest Pottenstein. Von Anja Bischof
Mittelfranken: Die Feuerspatzen. Schmalzgebäck aus Franken. Von Marion Christgau
Unterfranken: Die jungen Weine aus Mainfranken. Von Jürgen Gläser
Schwaben: Das Lagerfeuer. Im Augsburger Märchenzelt. Von Barbara Leinfelder
Das Feuersteinbergwerk im niederbayerischen Arnhofen
Am Anfang war das Feuer. Seine Beherrschung hat in der Altsteinzeit - erstmals bereits vor vier Millionen Jahren - eine zuerst ungemein langsame, dann aber immer schneller werdende Kulturentwicklung des Menschen in Gang gesetzt - bis schließlich vor 12000 Jahren die ersten Menschen sesshafte Landwirte geworden sind. Die hatten im Herbst geerntet und deshalb im Winter Nahrungsmittel und Grund genug zum Feiern. Längst hatte der Mensch auch gelernt, Feuer selbst herzustellen. Mit Feuerstein, Schwefelkies und Zunderschwamm. Den Feuerstein brauchte man auch noch für alle mögliche Schneiden, Messer, Sicheln und Äxte. Man holte ihn sich einfach aus dem Boden. Das beste und größte Feuersteinvorkommen Mitteleuropas fand sich in Arnhofen im heutigen Landkreis Kelheim. Über 3000 Jahre lang haben dort die Menschen den begehrten Rohstoff abgebaut und weitum exportiert. Den Feuerstein aus Arnhofen findet man vom Rhein/Main Gebiet bis ins Prager Becken. Es gab einfach nirgends einen härteren. Heute erinnert in Arnhofen fast nichts mehr an das Bergwerk, das vor Jahrtausenden halb Europa versorgt hat. Funde von dort sind im Archäologischen Museum Kelheim zu sehen. Und wenn Sie genau wissen wollen, wie mühsam das Feuermachen einmal war, dann probieren Sies halt mal selber mit den Kindern aus. Kurse dazu gibt's in vielen archäologischen Museen Bayerns. Sie könnens aber auch daheim versuchen. Hier eine kleine Anleitung
Feuerschlagen wie die Steinzeitmenschen
Wenn Sie diese kleine Anleitung befolgen, wissen Sie, dass die Wendung ein Feuer schlagen nicht von ungefähr kommt. Feuermachen war schon immer mühsam Bis ins 19. Jahrhundert hat es so – und nur so – funktioniert: Drei Dinge brauchen Sie dazu:
Pyrit. Auch Schwefelkies genannt. Im Pyrit steckt pyr, das griechische Wort für Feuer.
Feuerstein. Er besteht vor allem aus Silizium. Weil er extrem scharfe Schlagkanten bildet, hat man aus hochwertigem Feuerstein vor allem Klingen aller Art gemacht.
Zunder. Eigentlich handelt es sich dabei um einen Baumpilz, den Zunderschwamm. Er hat im Inneren zahlreiche kleine Röhren, brennt daher leicht. Ein ideales Mittel um aus einem kleinen Funken ein Feuer zu machen. Daher der Ausdruck Zunder geben.
Zum Feuermachen schlägt man Feuerstein und Pyrit aneinander. Durch die Reibung entstehen auf dem Pyrit kleine Funken, die es mit Hilfe des Zunders aufzufangen gilt. Hat es funktioniert, beginnt der Zunder zu glühen, es entstehen kleine Flammen. Die brauchen nun mehr Sauerstoff und müssen deshalb vorsichtig angeblasen und ggf. mit Stroh und feinem Reisig weiter genährt werden. Beim Blasen entsteht das berühmte Geräusch ph, aus dem das indoeuropäische Urwort phu-, pha- oder phe- wurde, das in den Wörtern Feuer, Feier, Fest, Ferien usw. steckt.
Das Zubehör, das Zeug zum Feuermachen (Feuer-Zeug!) finden Sie entweder mit aufmerksamen Augen selbst in der Natur oder Sie bestellen es sich einfach im Internet, zum Beispiel hier.
Ewiges Feuer. Das Lichterfest in Pottenstein in der Fränkischen Schweiz
Ein Feuer brennt, wandelt einen festen Stoff um in Asche, wobei Licht und Wärme entsteht. Weil man nicht begriffen hat, was da passiert, aber auch, weil es so extrem mühsam herzustellen war, hat das Feuer schon immer als heilig gegolten. Im Tempel der Herdgöttin Vesta beispielsweis auf dem römischen Forum, brannte ein ewiges Herdfeuer, das nie ausgehen durfte. Ein heiliges Symbol des römischen Staates. Während seine Wärme eher den praktischen Nutzen des Feuers bedeutet: Man muss nicht frieren, kann damit Nahrung zubereiten, wilde Tiere vertreiben - man kann es sich also alles in allem gemütlich machen -, hat das Licht eher überirdische Aspekte: Vor der Erfindung des Feuers kam das Licht nur vom Himmel - Sonne, Mond, Sterne. Der Blitz brachte es auf die Erde. Schließlich hat der Mensch selbst einen Geistesblitz und lernt dieses himmlische Licht selbst herzustellen und damit die Finsternis weitum vertreiben. Die Erleuchtung der Welt beginnt. Auch das symbolisieren seit uralten Zeiten die Tage um die Wintersonnenwende. Epiphanie heißt das kirchliche Fest, das wir am 6. Januar begehen. Auch darin steckt die uralte pha- Wurzel wie in Feuer und Feier. Griechisch epiphania heißt wörtlich Aufleuchtung, Erscheinung. Der 6. Januar ist ja sowas wie das zweite Weihnachtsfest: Erscheinung des Herrn. Bei der Ewigen Anbetung in Pottenstein in der Fränkischen Schweiz leuchtet an diesem Datum buchstäblich der ganze Ort. Ein Brauchtum, das ins Jahr 1759 zurückgeht.
Heiliger Herd. Holzherd im Wirtshaus in Frath in der Oberpfalz
Die Göttin Vesta wachte, wie gesagt, bei den Römern über das göttliche Herdfeuer, das nie ausgehen hat dürfen. naja, in Wirklichkeit ham natürlich die Vestalinnen darüber gewacht. Das waren gewissermaßen Nonnen auf Zeit. Sie mußten für diese heilige Aufgabe jungfräulich bleiben und genossen höchstes Ansehen. Nach der göttlichen Theorie der Vesta und ihrer theologischen Vertreterin, der Vestalin, kam auch schon bei den Römern die ganz normale Praxis, vertreten durch die Hausfrauen, die daheim am Herd gestanden sind. Erst im 19. Jahrhundert ist das Feuer auf dem heimischen Herd durch das Feuer im heimischen Herd, dem in München erfundenen Sparherd abgelöst worden. Und erst im 20. Jahrhundert ist elektrische Konkurrenz aufgekommen. Allerdings hat sich die noch bis heute nicht überall durchgesetzt. Im Gutsgasthof Frath bei Drachselsried in der Oberpfalz zum Beispiel wird alles noch aufs echte Feuer gestellt.
Fetter Genuss. Die Feuerspatzen. Schmalzgebäck aus Franken
Zum Feiern gehört schon immer die Üppigkeit. Das Zuviel des Guten, der Überfluss. Und der Inbegriff davon: Süß und vor allem fett. Gerade an den winterlichen Festtagen. Der große Gott der Unterwelt hat ja aus der Erde all die Kostbarkeiten wachsen lassen, die jetzt, nach der Ernte, genossen werden konnten. Und nach der Ernte des Fleischs der Tiere, die erst kurz vor den Festtagen erfolgt ist, nach dem Schlachten also, war Schmalz war reichlich vorhanden. Schmalzgebackenes, Symbol des Überflusses schlechthin, ist zu allen Festtagen im Jahr der Leckerbissen der Wahl. Ganz besonders natürlich im Winter: Zu Weihnachten, Neujahr, im Fasching. Und solche Spezialitäten gibt's in unterschiedlichen Formen - sauer und süß und je nach Region unter den unterschiedlichsten Namen. In Mittelfranken beispielsweis gibt’s Feierspotzn. Hier das Rezept.
Vergangener Sommer. Junge Weine aus Mainfranken
Zum Feiern gehört aber nicht bloß das gute und reichliche Essen, sondern - vor allem - das gute und manchmal noch reichlichere Trinken. Auch dafür, dass Bier und Wein im Überfluss vorhanden waren, war in der Antike der Herr der Unterwelt zuständig, der die Gerste sprießen lässt und den Wein wachsen. Bei den Griechen hieß dieser Herr unter anderem Dionysos, bei den Römern Bacchus und er galt als göttlicher Sorgenbrecher, tatsächlich als Erlöser. Im griechischen Delphi war Dionysos das Gegenstück zu Apollon: Ein Gott, der als sein eigener Sohn alle Jahre im der Wintersonnwende neu zur Welt kommt. Und Sinnbild dafür war der Weinstock, dessen erstes Exemplar auf dem Grab des Dionysos gewachsen sein soll. Unter dem Schutz des Gottes wurde bei den alten Griechen im November und im Januar/Februar der junge Wein probiert. Und so wie in der Antike, so ist es in Mainfranken heute noch: Im Keller reifen die jungen Weine. Manche von ihnen sind schon oder werden grad jetzt getrunken, andere werden gerade gepflegt und warten auf den ganz großen Auftritt.
Großer Krach. Feuerwerk aus Oberbayern
Wenn viel getrunken wird - kein Wunder, dass es da auch einmal hochhergeht. Lärm gehört schon seit ältesten Zeiten zu jedem Fest; dass mans einmal so richtig krachen lässt. Einer der zahlreichen Beinamen des griechischen Unterweltgottes Dionysos war bromios, Lärmer - das heißt den Lärm haben natürlich seine Anhänger gemacht, vor allem nach dem Genuss der göttlichen Gaben; Wein vor allem. Und dabei wurde schon in der Antike alles das genutzt, was laut ist, Glocken und riesige Schellen zum Beispiel und vor allem was knallt: Goaßln, Peitschen. Das Knallen gehört zu den Feiertagen des Winters eben schon immer. Schon seit der Erfindung des Schießpulvers im 14. Jahrhundert hat man dafür natürlich auch alle möglichen kleinen und großen Büchsen und Böller genutzt. So wie heute oft noch in orientalischen Ländern vor Freude in die Luft geschossen wird. Die Berchtesgadener Weihnachtsschützen böllern ja heute auch noch bei uns in der Heiligen Nacht und zu Silvester. Aus diesem Schießen hat sich dann die europäische Variante Feuerwerk entwickelt. Obwohl es heute schwer in der Kritik steht - Feuerwerk, nicht bloß zu Silvester - ist eine jahrhundertealte europäische Kultur. Selbstverständlich reden wir da nicht von Supermarktraketen aus fernöstlicher Massenproduktion. Aber für künstlerisches Feuerwerk zum Beispiel aus Unterhaching oder Gersthofen wollen wir durchaus eine Bresche schlagen…
Alter Zauber. Am Lagerfeuer im Augsburger Märchenzelt.
Gemütliches Feuer, Zusammensitzen, gut essen, gut trinken, Spass, Spiel, Lärm, kurz Feiern - all das geht nicht ohne Kommunikation. Und zwar in mehrerlei Hinsicht. Im lateinischen Communicatio - steckt ja das Wort communio und das bedeutet nichts anderes als Gemeinschaft. Ein großes Wort, das so unterschiedliche Sachen wie die politische Gemeinschaft - die Kommune - und die Gemeinschaft mit Gott in der Kommunion unter ein und denselben Hut bringt. Die ist übrigens auch ein gemeinschaftliches Essen - Brot und Wein. Und die Urform dieser Communio, dieser Gemeinschaft findet sich bereits am steinzeitlichen Feuer, um das zu sitzen die Menschen schon immer als besonders erstrebenswert erachtet haben: Der Inbegriff von Gemütlichkeit eben. Und wie kommt diese Lagerfeuer-Kommune zustande? Durch Kommunikation. Gemeinschaft geht nicht ohne reden, ebensowenig wie die Feier ohne das Feuer. Wie wichtig die Herstellung und das Bewachen des Feuers für die Entwicklung der Sprache war, wird erst seit kurzem von amerikanischen Wissenschaftlern erforscht. Doch im rein technischen Austausch erschöpft sich die Sache nicht. Am Feuer, beim Feiern wird über viel mehr geredet, buchstäblich über Gott und die Welt. Zahlreiche unserer Märchen, Mythen und Sagen variieren Motive die in der ein oder anderen Form auf uralte Geschichten zurückgehen, wie sie schon an den steinzeitlichen Feuern erzählt worden sind. Motiv kommt ja von bewegen. Es sind Sachverhalte, die die Menschen schon immer bewegt haben - Geschichte und Geschichten. Am Lagerfeuer im Augsburger Märchenzelt da kommen das Feuer und die Feier, die Kommune und die Kommunikation wieder zusammen.
Gut, dass es das Augsburger Märchenzelt gibt. Sehr gut sogar. Noch besser wärs aber an langen Winterabenden: Sich selber Geschichten erzählen untereinander. Nicht unbedingt bloß den Kindern. Und wenn das dann vielleicht bloß heißt: Fernseher aus und miteinander reden. Wir wünschen Ihnen jedenfalls viele große Feuertage, Feiertage und viele kleine Feuer-, Feierabende im Neuen Jahr!