Bayern 2

     

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Bayern genießen Glück – Bayern genießen im Januar

Das Deutsche ist eine der wenigen Sprachen, in denen Glück mehrere unterschiedliche Bedeutungen haben kann - zwischen dem Zufalls-Glück und dem Lebens-Glück. Wir möchten uns im ersten Bayern genießen dieses Jahres mit allen möglichen Bedeutungen des Glücks beschäftigen.

Stand: 06.01.2022 | Archiv

Bayern genießen: Glück – Bayern genießen im Januar

Hier unsere Genuss-Themen aus den bayerischen Regionen rund ums Motto "Glück"

Oberbayern: Handwerksglück: Die Kunstschmiede Bergmeister in Ebersberg. Von Julie Metzdorf
Niederbayern: Küchenglück: Rezepte die glücken müssen. Von Thomas Muggenthaler
Oberpfalz: Zum Glück: Der Schlupf der Kirche Marienstein in der Oberpfalz. Von Uli Scherr
Oberfranken: Glückauf: Bergbauhistorie im Fichtelgebirge. Von Anja Bischof
Mittelfranken: Glücksstadt: Wo wohnt das Glück in Mittelfranken? Von Olga Henich
Unterfranken: Glücksbrot: Kulinarische Glücksbringer aus Mainfranken. Von Julia Dechet
Schwaben: Glückstreffer: Allgäuer Fotopioniere. Von Doris Bimmer

Eierring und Glücksbrot

Graf und Gräfin Stauffenberg im Schlosshof Irmelshausen. Sie erhalten die Glücksbrot-Tradition aufrecht.

Im Gegensatz zum Deutschen gehört das Englische zu den Sprachen, die genau unterscheiden zwischen to be lucky und to be happy. Die Wurzel von luck steckt auch in unserem Wort Ge-luck, Glück und gehört zur Wortsippe etwa der Luke, dem kleinen Ausguckfenster, aus dem man herauslugt oder -lurt, oder der Lücke. Womit klar ist, was luck, Geluck, Glück bedeutet: Die guten Aussichten, eben den guten Ausgang einer Sache. Wer eine Luck, eine Lücke in einem Zaun gefunden hat, der hat Glück und ist nicht gefangen. Lucke, Lücke, locker hängen zusammen mit lateinisch lux = das Licht. Durch die Lücke, wo die Hecke oder der Zaun locker ist, lockt das Licht, das Erleuchtung bringt. Nun ist es aber leider so, dass seine Zukunft, die der Mensch grad zu Jahresbeginn so gern wissen will, ziemlich zu, will heißen dunkel ist. Es mangelt einfach an offenen, lichten Lücken, durch die man sie sehen könnte. Deswegen versucht der Mensch seit ältesten Zeiten sein Glück in allerhand Losbräuchen, die ihm die Zukunft auftun sollen. Meistens in geselliger Runde, in fröhlicher Gemeinschaft - womit eines schon mal erreicht ist: Er hat sein Glück gefunden - zumindest für den Augenblick und die Zukunft erscheint weniger bedrohlich. So sind die zahlreichen Glücksbräuche grad um Neujahr zu verstehen. Auch das Schenken gehört dazu, mit dem man jemand anderen und letztlich auch sich selbst glücklich macht. In alten Zeiten war Gebäck aus teurem weißen Semmelteig oder anderen teuren Zutaten ein besonders beliebtes Geschenk zu allen möglichen Anlässen. Ganz besonders natürlich zu Weihnachten und Neujahr. In Irmelshausen im mainfränkischen Milzgrund etwa wird Neujahrs-Glücksbrot verschenkt. Und in Kitzingen gibt's auf Neujahr Eierringe.

Der Schlupfstein von Marienstein

Die Lucke, die Lücke, den Ausweg aus einer brenzligen Situation zu finden, also im eigentlichen Sinn des Wortes Glück zu haben, das erfordert eine gewisse Begabung, die nicht jedem zuteil wird. Wer gefangen ist, dem hilft es nichts, hirnlos und sinnlos herumzuirren - weder im konkreten, noch im übertragenen, geistigen Sinn. Er tut gut daran Ruhe zu bewahren. Denn Ruhe ist Voraussetzung für Konzentration der Sinne: das Sehen und das Hören, das Luren und das Lusen - beides Wörter, die mit der leuchtenden Lucke zusammenhängen. Besonders interessant ist dabei das zweite, das Lusen oder auch Losen. Es hängt zusammen mit dem Los, dem Schicksal, respektive dem Lotterielos. Wer seine Sinne zusammennimmt, sich konzentriert, der wird sein künftiges Los erraten, also erluren, erlusen, erlosen. Der sieht vielleicht Licht am Ende des Tunnels. Für den lösen sich die Probleme. In diesem Sinn sind auch die althergebrachten Lostage zu verstehen, wie an Neujahr wieder einer war. Lücke, Los, lusen, erlösen - all diese Bedeutungen fallen zusammen bei den auch in Bayern gar nicht so seltenen Schlupfsteinen, die meistens in Zusammenhang mit alten Wallfahrtskirchen stehen, aber weit in vorchristliche Zeiten zurückweisen. Schlupfsteinen, wie dem bei der Kirche im oberpfälzischen Marienstein, wird Heilkraft zugeschrieben, Erlösung von Beschwerden, körperlichen wie seelischen gleichermaßen. Von Wallfahrern geschätzt wie eh und je…

Glück in Mittelfranken

Kleeblattstadt Fürth

Losen: Hören auf das, was die Zukunft bringt. Deswegen heißt das Glück in der römischen Antike Bringerin, fortuna. Fortuna geht zurück auf lateinisch ferre = tragen, bringen, kann aber auch sich erheben und stürzen heißen. Ursprünglich war Fortuna eine Fruchtbarkeitsgöttin, die Frucht und Leben bringt. Ihr Attribut war das Füllhorn. Aber es konnte natürlich auch Missernten geben. Auch die brachte Fortuna und wurde so zur Schicksalsgöttin. Ihr Wirken hat man sich gedacht, wie den Lauf eines Rades: Auf der einen Seite geht es hinauf, auf der anderen hinunter, das ewige Auf und Ab des Lebens. Sie wurde als Orakelgöttin über die Zukunft befragt und wenn man etwas Außergewöhnliches, Seltenes eintraf, dann glaubte man, dass sie ihre mächtigen Hände im Spiel hat. Immerhin galt Fortuna im alten Rom als Tochter des Jupiter, der Vatergottheit. Im christlichen Mittelalter wandelte sich das. Aber nur ein bisserl. Fortuna blieb ungeheuer beliebt, galt halt jetzt als Dienerin Gottes. Und ihr wiederum dient man, indem man radrunde Münzen in Brunnen wirft zum Beispiel oder Wunschringe am Finger dreht oder halbrunde Hufeisen mit der Lücke nach oben aufhängt, damit sich darin das Glück sammelt. Natürlich muss man sie vorher glücklich gefunden haben, genauso wie vierblättrige Kleeblätter. Überall auf der Welt ist das so. Natürlich auch in Mittelfranken. Am Schönen Brunnen in Nürnberg gibt's zum Beispiel einen Wunschring.

Glückauf in Oberfranken

Goldbergbaumuseum Goldkronach

Jedes Leben braucht Glück und jedes Leben hat Glück, zumindest schon ganz am Anfang. Wer den riesigen Zufall bedenkt, durch den jeder von uns mit seiner ganz eigenen Persönlichkeit auf die Welt gekommen, dorthin gekommen ist, wo er sich jetzt befindet, der weiß, dass es das größte Glück bedeutet, überhaupt geboren zu sein. Aber dann geht's weiter. Das mittelhochdeutsche Wort Gelücke hat nicht nur Glück, Geschick, Zufall bedeutet, sondern auch Beruf, Lebensunterhalt. Wer im Märchen sein Glück sucht und schließlich vielleicht auch sein Glück macht, der will seinen Platz im Leben finden, will, dass sein Leben gelingt, dass es einen guten Ausgang nimmt. Die Lucke findet, durch die Lux, das Licht leuchtet. Kein Berufsstand ist darauf so angewiesen wie der Bergmann, der im Stockfinstern seiner Arbeit nachgehen muss: Er braucht das Licht und er will am Ende jedes Arbeitstages die Lücke wiederfinden, durch die das Tageslicht leuchtet. Bis heute wünschen sich Bergleute deswegen bevor sie in den Stollen einfahren Glück auf! Glück auf der Steiger kommt. Und er hat sein helles Licht bei der Nacht schon angezündt heißt es im berühmten Steigerlied. Auch Bayern hat eine lange Bergbautradition: Kupfer- und Eisenerze, Silber, Kohle, das schwarze und Salz das weiße Gold; und natürlich auch goldenes Gold. Im oberfränkischen Goldkronach zum Beispiel.

Glück in der Küche

Veronika Röll mit ihrem Kochbuch

Für Glück, das ja die Lucke, den Ausgang einer Sache, bezeichnet, gab es im Mittelalter noch ein zweites Wort, das eher den Weg dorthin beschreibt: Linge. Auch das konnte Glück bedeuten, guter Erfolg, eben das Gelingen. Entsprechend gab es auch ein Tätigkeitswort lingen, das vorwärtsgehen, vorwärtskommen, Erfolg haben bedeutet. Wenn etwas gelingt, dann glückt es auch. Das ist eine alte Erfahrung des Menschen: Zu all seinem Tun braucht er glückliches Gelingen. Und wenn wir, wie heutzutage im Zeitalter der Logik, versuchen, Unwägbarkeiten möglichst auszuschließen, dann trifft uns Unglück möglicherweise noch unvorbereiteter, ärger elementarer. Nichts ist davor gefeit. Freilich gibt es heute Tätigkeiten, die sind so genau berechnet, dass eigentlich nichts schiefgehen kann. Und andere, die im wörtlichen Sinn unberechenbar sind. Das Kochen zum Beispiel. Veronika Röll betreibt einen Hofladen, ein Hofcafe und kocht nicht nur für Kunden, sondern mittlerweile auch für Zuschauer des BR Fernsehens. Weil sie auch immer wieder Leute anrufen, die gerade in der Küche stehen und nicht weiter wissen, hat Veronika Röll ein Kochbuch mit ihren Küchengeheimnissen und Rezepten herausgegeben.

Allgäuer Fotopioniere

Fotohaus Heimhuber: Schätze im Keller

Zu der Lucke, der Luke, der Öffnung, durch die man sehen kann, gehört immer auch etwas, das eben diese Öffnung verschließt. Die Wendung Luke schließen meint die Öffnung und den Verschluss gleichermaßen. Deswegen gibt es die mittelhochdeutschen Wörter luchen und liechen, die genauso schließen bedeuten, wie das englische to lock. Auch dieser Aspekt hat mitgespielt beim Glück: Einerseits hat man Glück, wenn man die Lucke findet, andererseits ist der Ausgang einer Sache aber bereits vom Schicksal vorherbestimmt: Die Destination, destination, wörtlich die Feststellung, der Beschluss ist die Bestimmung, das Schicksal. Das Glück halt, das beschlossene Sache ist. Man kann sich das Ganze vorstellen wie einen Fotoapparat: Das Objektiv, die Luke, muss sich zuerst öffnen, damit lux, das Licht hineinfallen kann - solang, bis der Verschluss, die Luke dichtmacht. Das Schicksal des Fotos ist beschlossen. Ist es gelungen? Ist es misslungen? Geglückt? Missglückt? Wenn es was geworden ist, zeigt es einen kleinen, zeitlich und räumlich begrenzten Ausschnitt aus dem großen Ganzen, unserem Leben. Die Fotografenfamilie Heimhuber aus Sonthofen im Allgäu hat das über fünf Generationen lang durchgehalten. Damit sind die Heimhubers zu einzigartigen Dokumentaren ihrer Heimat geworden. Unter dem Titel Allgäuer Fotopioniere läuft noch bis Ende März eine Sonderausstellung im Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg. Aber auch im Fotohaus Heimhuber in Sonthofen sind Bilder ausgestellt. Und Bildbände gibt's natürlich auch.

Kunstschmiede Bergmeister

Nein, zwingen kann man das Glück wahrscheinlich nicht. Aber man kann wenigstens alles dazu tun, damit es eintreten kann. Glücken kann schließlich nur etwas, das getan wird. Was nicht getan wird, hat kein Schicksal, kann nicht glücken, gelingen. Weswegen es schon immer geheißen hat, dass jeder seines Glückes Schmied ist. Und ein solcher Schmied ist nur einer, der mindestens ein Eisen im Feuer hat und dieses Eisen schmiedet, solang es heiß ist. Es ist kein Zufall, dass Glück und Schmiedehandwerk so eng miteinander verknüpft sind. Der ägyptische Schöpfer- und Schicksalsgott Ptah, der alles erschaffen hat, ist Schmied und ebenso wie der griechische Götterschmied Hephaistos oder der römische Vulcanus ein Bändiger des Feuers, ein Erfinder und kunstvoller Zauberer. Früher einmal gab es einen Schmied in jedem Dorf. Heute sind daraus eine ganze Menge Berufe geworden: Vom Heizungsbauer bis zum KFZ-Mechaniker und die echten Schmiede sind selten geworden. Aber es gibt ihn noch, den Inbegriff des Hand-Werkers. Zum Beispiel die Kunstschmiede Bergmeister in Ebersberg. Das Grabkreuzmuseum der Bergmeisters ist pandemiebedingt zwar gerade nicht zu besichtigen. Aber hier kriegen Sie einen Eindruck. Wer Lust hat, kann auch einen Rundgang über den Neuen Friedhof von Ebersberg machen: das parkähnliche, hügelige Gelände bietet einen fantastischen Blick auf den Wetterstein und natürlich jede Menge handgeschmiedete Grabkreuze.

Zum Schluss

Die höchste Form des Glücks ist ein Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit schreibt Erasmus von Rotterdam in seinem Lob der Torheit. Einen Satz wie diesen hätte man dem großen Renaissance-Humanisten wohl nicht zugetraut. Aber es stimmt schon: Wenn alles gelingt, glückt, funktioniert wie am Schnürl im Leben, alles am richtigen Platz ist, man alles auf die Reihe kriegt, ohne dass etwas aus der Reih tanzen darf, dann wird's elend fad. Wir selber und die Dinge und Verhältnisse um uns rum müssen schon ein bisserl unperfekt, imperfekt, sprich: verrückt sein, man muss auch einmal fünf grad sein lassen, damit man spürt, dass man noch da ist. Früher hat man das gewusst - und den Fasching und ähnliche Anlässe für die kleinen glücklichmachenden Verrücktheiten erfunden. In diesem Sinn: Ein glückliches Neues Jahr!


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