Bayern genießen Gold - Bayern genießen im Dezember
"Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles" heißt es in Goethes Faust. Wir wollen bei Bayern genießen im gold- und silberstrahlenden Weihnachtsmonat einmal einen objektiven Blick auf die glänzenden Metalle werfen.
Hier unsere Genuss-Themen aus den bayerischen Regionen rund ums Motto "Gold"
Oberbayern: Der Glanz. Ein Essay. Von Julie Metzdorf
Niederbayern: Hallertauer Hopfengold. Von Sarah Khosh-Amoz
Oberpfalz: Kirchenmaler und Vergolder. Von Thomas Muggenthaler
Oberfranken: Goldschmätzchen aus Coburg. Von Susanne Roßbach
Mittelfranken: Der Nürnberger Brautbecher. Von Tobias Föhrenbach
Unterfranken: Die "Goldene Badewanne" von Balthasar Neumann. Von Christiane Scherm
Schwaben: Augsburger Gold und Silber. Von Barbara Leinfelder
Der Glanz
Gold, Gulden, Geld - es liegt auf der Hand, dass all diese Wörter ursprünglich miteinander verwandt sind. Nicht auf den ersten Blick ist aber klar, dass auch gelb und gellen zu dieser Wortfamilie gehören. Die uralte Wortwurzel gel- bedeutet ursprünglich soviel wie schreien, aber auch strahlen, glänzen. Schon in der Steinzeit haben die Menschen die Menschen die Goldkörner geschätzt, deren Glanz sie aus dem Flusssand angestrahlt, quasi angeschrien hat. Und die Faszination ist durch alle Zeiten geblieben.
Hallertauer Hopfengold
Das Porzellan aus Bayerns Norden oder das Salz aus dem Süden Bayerns wurde und wird gern als weißes Gold apostrophiert. Auch schwarzes und braunes Gold solls ja nicht wenig geben. Und auch wenn der Hopfen in einem halben Liter Bier heute grad einmal soviel kostet wie der Kronkorken auf der Bierflasche, nennt man das Produkt aus dem aus der Hallertau, dem größten zusammenhängenden Hopfenanbaugebiet der Welt, bis heute Grünes Gold. Wobei der Ausdruck nicht ganz stimmt. Grün sind zwar die Hopfendolden. Der eigentliche Wirkstoff darin aber, das sogenannte Lupolin, auch Hopfenbittere genannt, schimmert tatsächlich golden. Und das kann man nicht nur fürs Bier verwenden. Auch als Arzneimittel wird es eingesetzt - und zusammen mit weiteren Kräutern dient er als Grundlage für den goldgelben Hopfenlikör; das sogenannte Hopfengold. Eine mehr als zweihundertjährige Tradition in der Hallertau. Wer die Hallertau für einen Ausflug entdecken und die Heimat des Hopfens kennenlernen will, der findet hier mehr.
Kirchenmaler und Vergolder
Bodenschätze. Das Wort muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Gold und Silber sind nur die lange Zeit bedeutendsten Schätze aus dem Untergrund. Der römische Unterweltgott Saturn, mit dem auch unsere deutschen Wörter Saat und satt zusammenhängen, lässt aus dem Boden noch viele andere Gaben hervorquellen und –sprießen: Das Wasser, das hell aus dem Untergrund, der Hölle springt, ganz besonders die Früchte des Bodens, die sich schließlich wiederum versilbern lassen. Wer solche Gaben, solche Bodenschätze besitzt, lebt im Wohlstand, zieht möglicherweise aber auch Neid und Missgunst auf sich. Zwietracht, Streit, Krieg sind die Folgen. Das ist die Ambivalenz, das Teuflische an den Schätzen. Teufel – der Name des christlichen Herrschers der Unterwelt kommt nicht von ungefähr von griechisch diabolos, was soviel bedeutet wie Durcheinanderschmeißer, Verwirrer. Gretchen im Faust ist verwirrt ob des Geschmeides, das ihr Mephisto in die Stube gelegt hat. Gretchens Mutter aber riecht den teuflischen Braten und weiß was zu tun ist. Mephisto ist empört darüber:
"Denkt nur, den Schmuck, für Gretchen angeschafft, den hat ein Pfaff hinweggerafft!"
Mephisto
Damit Gold und Silber keinen höllischen Schaden anrichten können, hat man es im Zweifelsfall schon immer den himmlischen Mächten zukommen lassen und Heiligtümer, Tempel damit ausgestattet. Unsere bayerischen Kirchen, ausgestattet von Heerscharen von Kirchenmalern und Vergoldern zeugen davon. Dieses Handwerk gehört zum immateriellen Kulturerbe Bayern.
Goldschmätzchen aus Coburg
Wie zu allen Festen, so stehen Gold und Silber auch zu Weihnachten hoch im Kurs. Die heiligen Nächte der finsteren Jahreszeit sind ja schon seit Jahrtausenden die Nächte des Lichts. Eines Lichts, das noch einmal verstärkt, veredelt wird durch den Glanz der Metalle. Nur gut, dass die erfindungsreichen Drahtzieher und Goldschläger in Franken schon früh auf die Idee gekommen sind, dass man güldene und silbrige Glanzpunkte auch mit Hilfe von Ersatzmetallen setzen kann. Fein gewalztes Zinn und Messing werden zu silbernem Lametta oder Rauschgold für den massenhaften Einsatz. Aber nicht überall lassen sich Gold und Silber ersetzen. Vor allem wenn es weniger um den Effekt geht als vielmehr um das Bewusstsein: Echtes Gold. Die berühmten Coburger Schmätzchen wären vielleicht ein Gebäck, ein weihnachtliches Lebkuchengebäck wie viele andere, wär nicht der findige Coburger Lebküchner draufgekommen die Schmätzchen mittels echtem Blattgold zu Goldschmätzchen zu veredeln.
Der Nürnberger Brautbecher
Gold und Silber, höchste Pracht - das war in allen Zeiten hauptsächlich was für hohe Herrn. Es gibt aber auch Momente im Leben, da wollen auch die einfacheren Leute was von dieser Pracht haben, einmal im Leben was vom Glanz abkriegen. Die großen Übergangsriten gehören dazu. Wer es sich leisten konnte, hat früher zur Taufe silberne oder goldene Löffel geschenkt. Die goldene Uhr war früher das Firm, beziehungsweise Konfirmationsgeschenk. Und zur Hochzeit tauscht man heute noch goldene Ringe. Aber noch eine andere Tradition hat einmal zu diesem schönsten Tag im Leben gehört. Sie hat eine besondere, märchenhafte Legende, in der es um die große Liebe geht, um funkelndes Edelmetall, aber auch um handwerkliches Geschick. Und sie ist mit dem Namen Nürnbergs verbunden, Bayerns zweiter großer Gold- und Silberstadt.
Die "Goldene Badewanne" von Balthasar Neumann
Das goldene Zeitalter war in der Antike ein mythischer Begriff. Man hat sich darunter eine vergangene Zeit vorgestellt, in der ewiger Frieden und Überfluss geherrscht hat, Soviel wie Schlaraffenland und Paradies in einem; unter der Regentschaft des Gottes Saturn, der, wie schon erwähnt, zuständig war für alle Sorten von Schätzen, für Wohlstand und Glück. Saturns großer Festtag war der 24. Dezember, ein Tag, an dem bereits die Römer kostbare Geschenke ausgetauscht haben. Die römisch-christliche Tradition hat aus diesem Tag den Festtag von Adam und Eva gemacht - unser Heiliger Abend. Das Goldene Zeitalter wandelt sich hier ins christliche Paradies. Die Gegenwart haben die Griechen und Römer dagegen als Ehernes Zeitalter gesehen, in dem das Eisen der Technik und der Kriegsrüstung den Ton angegeben hat. Es ist halt schon immer so, dass bestimmte Zeiten erst in der nostalgischen Rückschau zu guten alten Zeiten, zu goldenen Zeiten werden: Die Goldenen Zwanziger oder die gute alte Prinzregentenzeit. Und oft vergisst man, dass es sich dabei eigentlich bloß um kurze Zeiten des Wohlstands und Friedens gehandelt hat, eingerahmt von viel sogenannter schlechter Zeit. Das gilt besonders auch für den Barock. Eine Blütezeit der Kunst und Kultur, kontrastiert von schlimmen Kriegen. Doch deren Not ist nahezu vergessen. Was bleibt ist die Erinnerung an eine große goldene Zeit und ihre Protagonisten: Musiker, Maler, Bildhauer, Architekten, deren Werke bis heute die bayerischen Städte prägen. In Unterfranken ist das Balthasar Neumann, der Erbauer der großartigen Würzburger Residenz. Was liegt da näher, als ihm ein goldenes, wenn auch kurioses Denkmal zu setzen? Die Rede ist von Balthasar Neumanns goldener Badewanne im kleinen mainfränkischen Weinort Randersacker; ganz in der Nähe des Grundstücks, auf dem der berühmte Barock-Architekt gewohnt hat. Es gibt auch noch andere Sehenswürdigkeiten in und um Randersacker zu entdecken.
Augsburger Gold und Silber
Bayern ist ein reiches Land. Nicht bloß Milch und Honig fließen hier, sondern auch Gold und Silber. Im Wortsinn: In vielen Flüssen Bayerns hat man früher Gold gewaschen, um Münzen draus zu schlagen und die bayerischen Herzöge und nach ihnen die Fugger haben Silberbergwerke betrieben. Verarbeitet wurden die Edelmetalle von kunstreichen Goldschmieden - fast in allen Städten; kaum irgendwo aber so viel und so exquisit wie in Augsburg. Die reiche Handelsstadt am Lech war jahrhundertelang eines der Goldschmiedezentren Europas. Im Maximilianmuseum Augsburg finden Sie herausragende Werke. Die berühmte Ingolstädter Lepanto-Monstranz ist derzeit in der Bayerischen Landesausstellung in Regensburg zu sehen.
Die saturnalischen Gaben mögen gefährlich sein - ohne sie geht es aber auch nicht. Gold und Silber sind ja nur die klingende Münze, die Tauschobjekte für alles, was wir dringend zum Leben brauchen. Und das, was der Mensch sich mühsam das Jahr über erarbeitet hat, zu genießen, dafür waren die Festtage rund um die Wintersonnenwende schließlich da. Wichtig war dabei schon immer: Genießen kann man nicht allein. Das geht nur in der Gemeinschaft, wenn man mit anderen teilt. Besonders schön sichtbar am uralten Brauch der Gabenbescherung. Man lässt andere selbstlos am eigenen Wohlstand teilhaben. Ein himmlisches Ritual, bei dem der große Verwirrer, der Teufel draußenbleibt - hoffentlich!