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Kino machen in der Provinz Wie sich kleine Lichtspielhäuser behaupten

Alles geht mal kaputt und muss ersetzt werden. Das ist schon lästig genug. Umso ärgerlicher ist es, wenn Intaktes mutwillig und ohne jeden Sinn zerstört wird. Diese "blinde Zerstörungswut" wird Vandalismus genannt, und leider gibt es das auch in Bayern. Mit wieviel Herzblut und Fantasie sich Kinos in der Provinz behaupten, zeigen Beispiele in Bamberg, Zeil am Main und Hollfeld in der Fränkischen Schweiz.

Von: Kirsten Zesewitz

Stand: 08.03.2019 | Archiv

Kino machen in der Provinz: Wie sich kleine Lichtspielhäuser behaupten

Kino – das war Faszination und Glanz, aber dann kam das Fernsehen und man versammelte sich im Pantoffelkino statt vor der Leinwand. Das Kino-Sterben bestimmt die 1970er-Jahre. In den 80ern dann begannen Cineasten überall in Franken, kleine Kinos wiederzubeleben. Oftmals nur ein Saal, liebevoll ausgestattet, ein Ort der Subkultur, mit anspruchsvollem Programm.

Das "Roxy" in Kitzingen

Einige dieser Kinos mussten aufgeben – aber die, die überlebt haben, sind lebendiger denn je: "Alive and kicking" wie der Brite sagt, eine trotzige Bastion wider den Mainstream, geführt von Menschen, die dafür brennen: Für den Moment, wenn das Licht ausgeht und der Film beginnt.

Einer von ihnen ist Gerrit Zachrich vom Lichtspiel-Kino in Bamberg. "Für mich ist Kino ein Fenster zur Welt." Für sie öffnet es Neugierigen einen Blick auf andere – auch fiktive – Welten und Menschen. Winfried Hartl, dem Betreiber des Kintopp Hollfeld, würde ohne Programmkinos ein Highlight fehlen, etwas, das "glitzert und strahlt", wie er sagt. Etwas, das Menschen zusammenbringt, die ähnlich denken.

Auch Stefanie Schneyer vom Capitol-Theater in Zeil am Main bedeutet das Kino sehr viel. Sie hat sehr viele Stunden ihres Lebens dort verbracht und sehr viele schöne Dinge erlebt. Dazu gehört Emotionales: "Auch wenn dann Gäste nicht mehr kommen und man erfährt, sie sind verstorben, dann ist das etwas Trauriges. Aber nachdem ich hier schon 60 Jahre bin, erlebt man Höhen und Tiefen".

"Wir leben im Kino."

Gerrit Zachrich

Das Odeon-Kino in Bamberg

Der Erhalt kleiner Kinos fordert den Betreibern Kraft und Zeit ab. "Man kann schon sagen, dass wir im Kino leben", gesteht Gerrit Zachrich. Putzen, Büroarbeit, Ticketverkauf, Filmvorführung. "Häufig kommen wir wirklich nachts nach einer Veranstaltung erst nach Hause. Da bleibt nicht viel eigene Freizeit übrig". Konzerte oder Theater müssen warten, denn im eigenen Kino passiert viel: "Das ist eigentlich ein Luxusproblem, aber ja, wir leben im Kino", schmunzelt er. Ein Leben fürs Kino – im Kino.

Zachrich stopft das Geschirrtuch tief in das Glas hinein, dreht es hin und her, im Hintergrund läuft die Espresso-Maschine. Die erste Abendvorstellung ist rum, seine Partnerin Diana Linz geht durch die Reihen im Kinosaal und sammelt Müll ein. Viel ist es nicht, die meisten Gäste bringen ihre Flaschen selbst zur Theke zurück. Gerrit nickt ihnen zu: wie sie sich aneinander vorbei schieben, ein Gewusel freundlich lächelnder Menschen – im engen Foyer warten schon die Besucher der nächsten Vorstellung.

Seit 1995 führt Gerrit Zachrich das Lichtspiel. Als Student hatte er die Bamberger Kurzfilmtage und ein Dokumentarfilmfest organisiert – und suchte dann nach einer festen Bleibe, für anspruchsvolles Programmkino in Bamberg.

"Ein gutes Kino ist immer ein Kommunikationsort, das heißt, ein Ort, an dem sich Leute treffen und ins Gespräch kommen. Ganz unterschiedliche Menschen unterhalten sich über unterschiedliche Themen", meint der Bamberger. "Gestern lief 'Mein Stottern'. Das heißt, plötzlich haben sich 50 Leute mal überlegt, was bedeutet es, zu stottern und wie kann man damit umgehen, was ist das für eine Welt? Auch das war ein spannender und sehr schöner Abend."

Ein schöner Abend in einem typischen Programmkino: Das Lichtspiel hat nur einen Saal, 110 Plätze, mit weichen, tiefen Sitzen. 1954 hat das Kino eröffnet, in der Blütezeit des deutschen Kinos: Jede Kleinstadt, die etwas auf sich hielt, hatte ein Lichtspielhaus: Gloria, Odeon, Colosseum, Babylon – schon die Namen klangen magisch.

"Das Kino war was ganz Furchtbares"

Historischer Artikel über das Capitol-Kino

Das Capitol in Zeil am Main. Stefanie Schneyer drapiert ein paar Brezen auf der Kino-Theke. In ihrem Fall ist das Wort vom "Leben im Kino" wörtlich zu nehmen: Zwei Drittel ihres Lebens hat die 82-Jährige im Capitol verbracht, sie könnte jeden Kassenschlager der vergangenen 60 Jahre aufzählen: Hans Moser in "Herrn Josefs letzte Liebe" 1959, die Edgar-Wallace-Filme in den 60ern.

Von der Eröffnung des Capitols kann auch sie aber nur vom Hörensagen berichten: "Damals kam der Bürgermeister und es gab ja schon Stadträte, die dann auch kamen. Und das eine weiß ich, dass der Pfarrer eingeladen wurde, aber er kam nicht. Weil das Kino war ja was ganz Furchtbares. Immer wenn die Beurteilungen der Filme von der Kirche sehr negativ waren, dann hatten wir den besten Besuch hier."

Stefanie Schneyer und Bruno Schneyer

Auch Bruno Schneyer, ihr Sohn und mittlerweile Inhaber des Capitols, ist im Kino aufgewachsen: "Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen war, mit dem Dreirad am Montagmorgen, nach den gut besuchten Sonntagsvorstellungen, durch die Reihen zu fahren und die runtergefallenen Bonbons und Süßigkeiten aufzulesen." 1953 hatte Vater Jakob Schneyer – Heimatfotograf und Cineast – das Capitol gegründet. Sieben Jahre später kam Bruno zur Welt.

In den Wehen an der Kinokasse

Es hätte nicht viel gefehlt und Bruno Schneyer wäre sogar im Kino zur Welt gekommen. "In der Nacht vom Ostersonntag auf Ostermontag 1960 wurde er geboren und die Platzanweiserin hatte frei", erinnert sich seine Mutter Stefanie. "Die Wehen fingen schon an." Aber sie musste noch die Karten für die Spätvorstellung um Viertel nach zehn verkaufen. "Naja, die hab ich dann noch verkauft und dann hab ich gesagt, aber jetzt hopp – und vier Stunden später war er da."

1984 hat Bruno Schneyer dann das Kino vom Vater übernommen, samt dem Fotostudio. Denn das Capitol war immer beides: Lichtspielhaus und Foto-Atelier. Vor der Digitalisierung war das Fotostudio das Hauptgeschäft vor dem Kino. "Jetzt haben sich die Vorzeichen umgekehrt, jetzt ist das Fotogeschäft schwächer und das Kino ist stärker", konstatiert Schneyer. Seit der Digitalisierung 2011 kann er ein viel breiteres Programm anbieten, als er es früher auf 35-Millimeter-Film gekonnt hätte.

Kulturarbeit auf dem Land

"Das Kino auf dem Land hat sich nicht nur bei uns, sondern an vielen Plätzen als der kulturelle Treffpunkt einer Gemeinde entwickelt, in dem eben mehr möglich war als nur einen Film zu gucken, denn in den allermeisten Kinos gibt es zum Saal auch noch ein Foyer," sagt Schneyer und fügt hinzu: "Bei uns im Saal spielen auch mal Bands, da gibt’s Theater und Kabarett, aber es gibt eben auch Gesprächsrunden nach dem Film, Podiumsdiskussionen zu den unterschiedlichsten Themen."

Kulturarbeit auf dem Land, nennt Bruno Schneyer das. Denn Programmkino machen, das ist mehr als anspruchsvolle Filme zeigen – wobei das allein schon verdienstvoll genug wäre. Ein Programmkino ist wie ein guter Buchladen: Man genießt nicht nur die Atmosphäre und trifft Menschen ähnlicher Gesinnung; ein guter Buchladen, um beim Bild zu bleiben, sortiert die Medienflut, hat ein Gesicht und Profil. Und "Programm"-Kino, das bedeutet auszuwählen, Massenfilme nicht zu zeigen, sondern den Sinn zu schärfen, für die Kunstform Kino. Soweit die Theorie.

Alle Höhen und Tiefen

Sonntagnachmittag, Kindervorstellung im Kintopp in Hollfeld. Tief verschneit liegt das 5.000-Einwohner-Städtchen in den Hügeln der Fränkischen Schweiz. Während sich die Eltern den Schnee von den Jacken schütteln, wandern die Kinderaugen zum gläsernen Kassenhäuschen. Ein auskragendes Fenster, vollgestopft mit Lakritzschlangen und Gummibärchentüten, oben drüber das alte Blechschild mit der Aufschrift "Stadtlichtspiele".

Das Kintopp hat alle Höhen und Tiefen miterlebt: 1957 eröffnet, musste es 20 Jahre später schließen, das Kinosterben der 70er-Jahre hatte die Fränkische Schweiz erreicht. Anfang der 80er kaufte eine Liebhaberin das kleine Haus, aber die Zahlen blieben rot, 2013 drohte das Ende. Damit wollten sich die Hollfelder Cineasten jedoch nicht abfinden, sie gründeten einen Verein. Der ist Träger des Kinos, der Filmvorführer ist angestellt und gleichzeitig Hausmeister, im Bistro arbeiten Teilzeit-Kräfte, erklärt Winfried Hartl, pensionierter Physiker und Vereinsmitglied.

Langsam schlendern die Familien in den Kinosaal: Ein ehrwürdiges Relikt des deutschen Nachkriegskinos, 250 Menschen fanden hier 1957 Platz, heute sind es 170. Aber die feine, grüne Wandbespannung, die filigranen Lampen, ja selbst der schwere Vorhang sind noch original. An diesem Nachmittag ist es kühl im Kinosaal, die Heizung wurde zu spät angedreht – und so sitzen die Leute in Jacken da.

"Es sind die Kinder, die das Kino tragen"

"Die Kinder haben viele Freiheiten hier im Kino", sagt Ruth Dormann, Geschäftsführerin und Programmbeauftragte des Vereins. Die dürfen auch in den Vorführraum, während Mama und Papa im Bistro sitzen und Kaffee trinken. "Viele Kinder fühlen sich hier wie zu Hause, die kennen alles in- und auswendig", erzählt Dormann. "Es ist nicht gar so dunkel wie in den großen Kinos, natürlich auch nicht so laut, da achten wir drauf, bei den Kleinen vor allen Dingen. Und das macht ihnen Spaß."

Die Karte kostet fünf Euro, mit Stempelkarte ist jede zehnte Vorstellung frei – ein Geschäft ist damit kaum zu machen. Aber es sind auch und gerade die Kinder, die so ein Kino tragen, weiß Ruth Dormann, zumindest bis zum Alter von 16. "Dann sind die Kinder wieder weg bis sie etwa 30 sind, und dann kommen die wieder mit ihren eigenen Kindern, weil sie ja in ihrer Kindheit hier waren und wollen das ihren eigenen Kindern weitergeben. Und dann natürlich viele ab 35, 40 aufwärts" – 97 Jahre alt war die älteste Besucherin des Kintop.

Gute Filme reichen nicht

Kino – das war immer auch Glanz und Magie. Ein Versprechen: Für anderthalb Stunden entrückt sein aus dem Alltag in eine andere, schönere Welt. Ein bisschen glitzern durfte es auch, mit Süßkram und eisiger Cola. Rote Samtsitze, in denen man versank, ein schwerer Vorhang, die Dunkelheit im Kinosaal … Diese Sehnsucht scheint verloren gegangen zu sein im Angesicht riesiger Fernseher und einem Netflix-Abo für acht Euro. Gute Filme allein reichen nicht mehr, um die Leute ins Kino zu locken.

Jedes gute Programmkino hat heute eine Bar oder ein Filmcafé. Hollfeld bietet das angeblich beste Baguette der Gegend und spezielle Biere an, in Bamberg wird das urbane Publikum mit Gummitieren aus dem Tante-Emma-Selbstbedienungsglas und edlem Barbera-Wein becirct. Ein Hauch Nostalgie in Wohlfühlatmosphäre.

Im Capitol-Kino

Bruno Schneyer hat für sein Capitol schon vor 30 Jahren den Pizza-Donnerstag erfunden. Donnerstag ist Filmstarttag, das weiß jeder Kinogänger. "Wir spielen dann den neuen Film mit einer zum Vorzugspreis zu ordernden Pizza", erklärt Schneyer. Der Kunde ordert beim Ticketkauf eine Pizza, die dann beim Italiener bestellt wird. Bei der Lieferung wird der Film angehalten und jeder bekommt seine Pizza. "Manche essen sie im Saal, manche setzen sich draußen hin, trinken ein Glas Wein dazu", sagt Schneyer. Und nach etwa einer Viertelstunde geht’s weiter.

Den französischen Milieufilm kann er da nicht bringen, am Donnerstag. Und auch zur Sonntagsmatinee mit Filmfrühstück ist eher locker-leichte Kost empfohlen, sonst kommt keiner. Bleibt der "Filmkunstmontag": Da versucht Schneyer schon, den einen oder anderen Dokumentarfilm unter das unterfränkische Volk zu bringen – aber Originale mit Untertiteln zum Beispiel, kann er vergessen. Ohne dem ländlichen Publikum zu nahe treten zu wollen: Bestimmte Filme gehen einfach nicht in Zeil. Auch nicht im Programmkino.

Eine Frage des Potenzials

In der Stadt ist da schlicht mehr Potential vorhanden, ist sich Schneyer sicher. "Auch weil es mehr Laufkundschaft gibt, die abends durch die City promenieren und sehen: ach, kuck mal, hier wird der und der Film gezeigt, da haben wir doch neulich den Trailer gesehen." Doch in Zeil promeniert keiner zufällig durch die Nebenstraße, sagt Schneyer. "Hier kommt einer gezielt, weil er weiß, dass wir den Film zeigen. Von daher unterscheidet sich urbanes und Leben auf dem Land grundsätzlich."

Auch die Idee, mit Bus und Tram ins Kino zu fahren, scheidet von vornherein aus: Es gibt am Abend keinen öffentlichen Nahverkehr in Zeil oder Hollfeld. Die Leute müssen eh ins Auto steigen und können dann eigentlich auch gleich weiterfahren nach Schweinfurt oder Würzburg.

In diesem Punkt tut sich Bamberg leichter: Hier wird emsig geradelt und gelaufen und hin und wieder fährt auch ein Bus. Dafür gibt es auch kulturelle Konkurrenz: Theater, Konzertsäle, Clubs und Kneipen. Aber die Studenten sind ja auch noch da, oder? "Das hat sich leider in den letzten Jahren verändert", bremst Gerrit Zachrich.

"Als ich aufgemacht habe, waren hier zu 70 Prozent Studenten und 30 Prozent war der Rest. Inzwischen ist es genau andersherum, weil sich auch die studentische Neugier und das studentische Leben verändert hat. Die Studenten sind nicht unser Hauptpublikum leider, sondern eine Generation, die schon über 40, 50 ist und die noch die Zeit und die Offenheit hat, sich Themen im Kino anzuschauen, wo Studenten nicht kommen." Wer seiner Meinung nach das Kino trägt, ist die Bildungsbürgerschicht. Und die sei umso größer, je größer die Stadt ist.

Kann man leben von Cineasten-Filmen?

Trotzdem muss sie eine Mischkalkulation machen, erklärt Zachrich. "Wir leben von Filmen wie 'Der Vorname' oder 'Sauerkrautkoma', von denen auch die auf dem Land leben, und finanzieren damit sozusagen die kleineren Filme gegen." Ihr Kino kann nicht von Cineasten-Filmen leben, wie in der Großstadt, "wo es Nischenkinos gibt, die nur oder fast nur Dokumentarfilme zeigen oder fast nur Werkschauen machen."

In der Scheinbar, einem Nebenraum des Lichtspiels, schmiert Heike Kettner mit ein paar Leuten Brote. In Häppchen geschnitten und mit Karotten und Paprika verziert, landen sie auf großen Tellern. Die Bamberger Transition-Gruppe zeigt an diesem Abend einen Dokumentarfilm zum Widerstand im Hambacher Forst. Einmal im Quartal findet die Agenda21-Filmreihe statt, meist mit Gästen und anschließendem Filmgespräch.

"Für mich ist es auf jeden Fall ein Ort, wo ich immer wieder Leute treffe, also, in gewisser Weise so ein Ort der Subkultur", sagt Kettner. Da trifft sie Leute, weiß, wo sie in welchen Bereichen aktiv sind.  Treffen sich die grünen Frauen, gibt’s grüne Filmabende. "Verschiedenste Gruppen, die in Bamberg aktiv sind, sind hier in irgendeiner Form verankert. Das ist schön!"

Das Multiplex bestimmt den Markt

Das Kino als Kulturort, als gesellschaftlicher Treffpunkt – die Film-Verleihe interessiert dieses bürgerschaftliche Engagement wenig. Es ist ihnen egal, wieviel Herzblut, Idealismus und Engagement im Kinoprogramm steckt. Sie machen keinen Unterschied zwischen dem kleinen, inhabergeführten Programmkino und dem Multiplex. Und auch davon gibt es eins in Bamberg. Und das bestimmt den Markt.

Das Cinestar gehört zur größten deutschen Kinokette. "Wenn die sagen, den Film wollen wir, dann kriegen die den", sagt Zachrich. Wenn sie dann eine zweite Kopie will, dann können Verleiher die Kinos unter Druck setzen. Wenn das Cinestar den Film dreimal täglich spielt, müssen es die anderen Kinos auch. "Auf die größeren Filme müssen wir immer warten, bis wir die kriegen, weil zum Start will der Verleih alle Vorstellungen haben. Das wollen wir nicht, weil das auch so ein bisschen Monokultur ist."

"Die Schlimmsten in der Branche ist der Disney-Konzern", echauffiert sich Bruno Schneyer. Denn der zwinge die kleinen Kinos, bei neuen Filmen von zehn Euro Eintritt fast sechs Euro abzutreten. "Und von den anderen vier Euro sollen Sie leben und Ihr Personal und Rücklagen bilden, um Reparaturen und Investitionen zu stemmen – das funktioniert in vielen Häusern schon nicht mehr."

Letzte Rettung Filmförderung

20.000 Leute pro Jahr kommen ins Lichtspiel und ins Capitol, das Kintopp hat 8.500 Besucher. Fachleute sagen, unter 50.000 Besuchern kann kein Kino rentabel wirtschaften. In Hollfeld sind es die Mitgliedsbeiträge, die das Kintopp über Wasser halten. Die Bamberger betreiben noch ein zweites Kino, das die Verluste im Lichtspiel etwas abfedert. Das Bistro wirft immer etwas ab, Kino-Werbung natürlich und Sponsoren.

Dennoch ist die Filmförderung ein fester Posten im Budget eines jeden bayerischen Programmkinos. Vor allem der Film Fernseh Fonds Bayern ist für die ländlichen Kinos eine sichere Bank. Aber auch der Bund verteilt Fördermittel an Filmkunsthäuser, für "herausragendes" Dokumentarfilmprogramm, Kurzfilmprogramm und Kinder- und Jugendprogramm. Und dann gibt es noch Geld aus Brüssel, für die Vielfalt des europäischen Films mit dem Preis "Europa-Cinemas".

"Das Lichtspiel als kleines Spezialitätenkino könnte ohne diese Preisgelder nicht existieren", ist Gerrit Zachrich überzeugt. "Die Preisgelder in schlechten Jahren füllen den Kassenstand wieder, so dass das Lichtspiel weiter existieren kann." Und in guten Jahren könne von Preisgeldern auch mal was ins Kino investiert werden. Dafür muss sie aber auch aufwendig darstellen, warum sie dieses Geld verdient hat, erklärt Zachrich. "Überall muss man einen Antrag stellen und hat dann die Chance, Zuschüsse zu bekommen."

Derzeit arbeitet die Filmförderung des Bundes an einem neuen Fördertopf eigens für ländliche Kinos. Das hatten die Regierungspartner bereits im Koalitionsvertrag festgelegt, im Laufe dieses Jahres soll das Programm Gestalt annehmen. Zwei Millionen Euro stehen dafür im Raum – die Frage ist nur: Wie und nach welchen Kriterien verteilt man dieses Geld? Das Prädikat "Landkino" allein wird wohl nicht reichen.

"Ich hab’s im Blut"

Aber auch die Kommunen selbst könnten etwas tun für ihre Kinokultur: Als in den 1970er-Jahren mehr und mehr Kinos schließen mussten, gab es Menschen in den kommunalen Verwaltungen, die es als Pflicht und Aufgabe der Stadt ansahen, das örtliche Lichtspielhaus zu retten: Nürnberg etwa, und München. Die Stadt Bamberg konnte Gerrit Zachrich mit dieser Idee nicht gewinnen, 1995, als es um die Zukunft des Lichtspiels ging. Heute ist das kleine Kino einer der lebendigsten Kulturorte Bambergs, auch ohne städtische Zuschüsse.

Alive and kicking – quicklebendig sind sie, die kleinen fränkischen Kinos. Oder? Haben die Kino-Betreiber schon einmal dran gedacht, aufzugeben? "Ja, es gibt immer mal wieder Zeiten, in denen es nicht so gut läuft und in denen man auch so ein bisschen an seinem Publikum zweifelt", gibt Gerrit Zachrich zu. Doch alle haben ihr Herz ans Kino verloren, wie Winfried Hartl es formuliert: "Ich bin jetzt so lange hier und mein Herz steckt hier drin und ich würde alles versuchen, dass dieses Kino weiterlebt." Bruno Schneyer fasst es kurz und knapp zusammen: "Ich hab’s im Blut."


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