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Kommentar EU-Gipfel der Trostlosigkeit

Beim EU-Gipfel in Brüssel gibt es nur wenig Bewegung. Weiterhin ringen die Regierungschefs über umfassende Corona-Hilfen. Streitpunkte gibt es viele. Für Kommentator Ralph Sina ist es der Gipfel der Trostlosigkeit.

Stand: 20.07.2020 | Archiv

19.07.2020, Belgien, Brüssel: Leute betreten das Gebäude des Europäischen Rates, in dem ein EU-Sondergipfel stattfindet. Der Gipfel zum mehrjährigen Finanzrahmen und zum Milliarden-Programm gegen die Corona-Wirtschaftskrise geht in die Verlängerung. Foto: Pool Eric Vidal/BELGA/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Bild: dpa-Bildfunk/Pool Eric Vidal

Nach über 60 Stunden Krisengipfel und zermürbenden Streitereien gibt es nur einen Trost: die Europäische Union kann sich ein endgültiges Scheitern der Verhandlungen nicht erlauben. Die Frage der Einigung über den Corona-Wiederaufbaufonds und den EU-Haushalt ist vor allem eine Frage der Zeit und Nerven. Eine Einigung ist programmiert, denn ein endgültiges Scheitern des Sondergipfels wäre der Beginn der Selbstaufgabe der EU. Und diese Selbstaufgabe will niemand, schon gar nicht der niederländische Regierungschef und selbsternannte EU-Obersparkommissar Mark Rutte. Rutte weiß, dass kein einziges Land der Europäischen Union autonom und für sich das Corona-Wirtschaftsdesaster überstehen kann.

Verflechtungen der Absatzmärkte

Bundeskanzlerin Merkel beim EU-Gipfel in Brüssel

Gerade der Exportmeister Niederlande ist nach dem Brexit seines wichtigen Handelspartners Großbritannien stärker denn je auf den EU-Binnenmarkt angewiesen. Auch Österreichs Kanzler Sebastian Kurz, der gerne gegenüber Bundeskanzlerin Merkel den Besserwisser markiert, will eine Einigung. Kurz weiß, dass der österreichische Außenhandel nur dann wieder floriert, wenn der benachbarte Absatzmarkt Italien nicht kollabiert und die für Österreich wichtigen mittelständischen Zulieferbetriebe in der Lombardei nicht reihenweise Konkurs gehen.

Alte Grabenkämpfe blitzen wieder auf

Dieser EU-Sondergipfel in den Zeiten der Corona-Pandemie ist, so aberwitzig es klingt, auch ein Jahrmarkt des Theaterdonners der Eitelkeiten und der Selbstinszenierung. Kleine EU-Staaten wehren sich gegen die als übermächtig empfundenen großen Länder wie Deutschland und Frankreich. Ost gegen West, Nord gegen Süd - alle klassischen Rollenspiele werden auch dieses Mal in Brüssel aufgeführt, obwohl die Zeit drängt und jeder verlorene Tag die noch gar nicht vorhandenen Milliarden im Corona-Wiederaufbaufonds ein Stück entwertet, weil an jedem Tag reihenweise Unternehmen kollabieren und ein Rettungsfonds nur dann hilft, wenn es noch etwas zu retten gibt. Je länger die Streitereien um die Höhe der Zuschüsse an die Corona Krisenzentren in der EU dauern, desto mehr degeneriert dieser Gipfel zum Trauerspiel. 500 Milliarden Soforthilfe für die Corona-Krisenzentren haben Merkel und Macron vorgeschlagen. Es geht ihnen auch um einen psychologischen Befreiungsschlag.

Kein Effekt der Stabilisierung

Merkel und Macron auf EU-Gipfel

Was immer zur Rettung des EU-Binnenmarktes nötig ist, wird getan, lautet die Botschaft. Ganz im Stil von Mario Draghi, dem ehemaligen Präsidenten der Europäischen Zentralbank, der auf dem Höhepunkt der Euro-Krise versprochen hatte, alles Notwendige zu tun, um den Euro zu retten. Und glauben Sie mir, es wird genug sein, hatte Draghi im Juli vor acht Jahren hinzugefügt. Ob nach diesen Gipfel Streitereien genug im Corona Aufbaufonds übrigbleibt, das muss allerdings bezweifelt werden. Ein stabilisierender Draghi-Effekt wird von diesem EU-Sondergipfel der Trostlosigkeit mit Sicherheit nicht ausgehen.


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