radioWissen Ovid und die Metamorphose
Dienstag, 23.09.2014
09:05
bis 10:00 Uhr
- Als Podcast verfügbar
BAYERN 2
Ovid
Der Dichter der Metamorphosen
Autorin: Susanne Tölke / Regie: Irene Schuck
Gestaltwandler
Metamorphosen in der Literatur
Autor: Rolf Cantzen / Regie: Susi Weichselbaumer
Das Kalenderblatt
23.9.1846
Neptun vorhergesagt
Von Leo Hoffmann
Als Podcast verfügbar
Seine Liebesgedichte sind zeitlos. Die “amores” und die “ars amatoria” zeichnen sich dadurch aus, dass der Autor die Geliebte als gleichberechtigte Partnerin ansieht- eine große Ausnahme im alten Rom. Deshalb sprechen uns Ovids Texte auch heute noch an. Berühmt wurde der Dichter jedoch vor allem für seine “Metamorphosen”. In 250 Geschichten, die alle durch das Motiv der Verwandlung verbunden sind, stellt er die Weltgeschichte von der Urschöpfung bis zur Herrschaft Cäsars dar. Durch die “Metamorphosen” blieb dem Abendland die griechische Mythologie erhalten und wurde als höchst lebendiges Erbe immer wieder von Künstlern bearbeitet, sei es die Geschichte von Orpheus, die vielen Affären des Zeus oder die Liebe des alten Ehepaars Philemon und Baucis. Ein großes Rätsel ist bis heute, warum Ovid im Jahre 8 nach Christus von Kaiser Augustus ans Schwarze Meer verbannt wurde. Ovid deutete nur an, dass er “etwas gesehen habe, das er nicht hätte sehen dürfen” .Im Jahre 18 n. Chr. ist er im Exil gestorben.
Spontane Verwandlungen geschehen in der Literatur recht häufig. Die Grenzen des Menschseins verflüssigen sich und meisten Menschen merken es zunächst gar nicht. Sie fühlen sich nur irgendwie anders. Sie runden sich hintenherum, schnarchen merkwürdig, essen die Blumensträuße, statt daran zu riechen. Doch dann ist es beim besten Willen nicht mehr zu ignorieren: Sie haben sich verwandelt: Kafkas braver Versicherungsvertreter Gregor Samsa erlebt seine Verwandlung zum Käfer als Alptraum. Die Verwandlung in Schweine sind traditionsgemäß erfreulicher, weil die Betroffenen unkontrolliert "die Sau 'rauslassen" können. Literarische Regressionsphantasien können sich aber auch in anderen Tieren austoben. Im Roman des chinesischen Literaturnobelpreisträgers Mo Yan wird die Seele eines üblen Großgrundbesitzers zunächst als triebhafter Eselhengst wiedergeboren, um dann wiederholt als Schwein, Hund und Affe in das Rad der Wiedergeburten zu geraten. Nicht immer sind also Hexen, Zauberer und Götter am Werk, wenn es zu Gestaltwandlungen kommt. Nicht selten sinken die Verzauberten auf niedrigere evolutionäre Stufen und verwandeln sich in Vögel oder Insekten.
Redaktion: Petra Herrmann
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