radioWissen am Nachmittag Literatur mit Ärmelschoner

Das Büro
Schlachtfeld des Alltags
Autorin: Justina Schreiber / Regie: Petra Herrmann

Der Beamte
Stets loyal und zu Diensten?
Autor: Rolf Cantzen / Regie: Petra Herrmann

Das Kalenderblatt
1.4.1894
Lurgrotte entdeckt, dramatischer Schauplatz
Autorin: Regina Fanderl
Als Podcast verfügbar

Sinnlos erscheinende Tätigkeiten, öde verstreichende Zeit: im Büro kann Arbeit zur grotesken Tätigkeit mutieren. Kein Wunder also, dass literarische Texte, die das natürliche Habitat der Angestellten thematisieren, oft satirische Züge tragen; auch wenn sie fast dokumentarisch wirken. Viele der Schriftsteller, die von Büros erzählen, sprechen aus eigener (leidvoller) Erfahrung: Robert Walser etwa, der bei mehreren Banken beschäftigt war, oder der Versicherungsangestellte Franz Kafka. Auch W. E. Richartz, der knapp 20 Jahre in einem Pharmaunternehmen arbeitete, und der niederländische Beamte J. J. Voskuil schildern in ihren Büroromanen wahrlich trostlose Szenarien. Aber selbst wenn es um Gummibäume oder Kaffeemaschinen geht, die Literatur adelt den tristen Un-Ort Büro, indem sie ihn zum Schauplatz existentieller Fragestellungen macht.
Rational, berechenbar, hierarchisch organisiert - so würde Bürokratie funktionieren, wäre da nicht das bürokratische "Menschenmaterial". Es gibt Menschen, die sich hartnäckig weigern, sich zu fügen - zum Beispiel beim Schriftsteller Herzmanovsky-Orlando. Hier weigert sich ein gewisser Käfermacher zu akzeptieren, dass es ihn nicht gibt, obwohl ihm amtlich seine Existenz nicht bestätigt werden kann. Andererseits hat die Seele des erschossenen Jaroslav Hasek vor dem Himmelstor ohne amtlichen Nachweis seines Ablebens keine Chance auf die paradiesischen Freuden. Auch die Vollstrecker der Bürokratie, die Beamten, haben es schwer. Autoren wie Joseph Roth und Siegfried Lenz widmen sich ihren Konflikten des Beamtendaseins: Amt und Privatleben, Pflicht und Gewissen sind nur schwer in Übereinstimmung zu bringen.

Redaktion: Petra Herrmann
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