Bayern 2

     

Bayern 2 am Feiertag Hans Magnus Enzensberger

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Freitag, 01.11.2019
11:05 bis 12:00 Uhr

BAYERN 2

Weltmarke und Wegweiser
Der intellektuelle Tausendsassa Hans Magnus Enzensberger
Von Knut Cordsen
Wiederholung um 18.05 Uhr

Hans Magnus Enzensberger wird am 11. November 2019 90 Jahre alt. Er selbst witzelt nur darüber: "Naja, turning ninety". Und sagt dann, wenn man ihn trifft, das sei doch denkfaul von uns Journalisten, Geburtstage zu feiern. "Der Kalender ersetzt die Idee" - ein typischer Enzensberger-Satz, mehr noch: eine Aufforderung, nicht in Routinen zu erstarren, Neues auszuprobieren, ungewohnte Wege zu gehen, sich von niemandem etwas diktieren zu lassen, kurz: beweglich zu bleiben. Diese Beweglichkeit zeichnet Hans Magnus Enzensberger seit jeher aus. Sie ist ihm häufiger zum Vorwurf gemacht worden: ihm, dem international einflussreichsten Intellektuellen der Bundesrepublik, der als Übersetzer, Zeitschriftengründer, Herausgeber, Verleger sowie luzider Lyriker und Essayist seine Unterstützer, Fans und Feinde gelehrt hat, nicht im Lagerdenken zu verharren.
Beweglichkeit als Haltung charakterisiert auch Enzensbergers Gedichte. Mit "heiterer Stirn", con brio und einem "gewissen Unernst" begegnet HME den Zumutungen dieser Welt und kommentiert die Zeitgeschichte. In brillanten Bänden wie "Einzelheiten" oder "Mittelmaß und Wahn" analysierte er das Zeitgeschehen.
Er hat mit "Tumult" eine autobiografische Selbstbefragung veröffentlicht und mit "Eine Handvoll Anekdoten. Opus Incertum" dem eigenen Gedächtnis misstrauende Miszellen mit Kindheits- und Jugenderinnerungen. Früh schon hat er den deutschen Nachkriegslesern die weite literarische Welt erschlossen, mit Anthologien wie dem "Museum der modernen Poesie". Eine Arbeit, die er später als Herausgeber der "Anderen Bibliothek" fortsetzte.

Enzensbergers Hausheiliger ist Denis Diderot. Wie der französische Aufklärer arbeitet er gern mit anderen zusammen: ein Netzwerker, ein Coworker avant la lettre. Und vermutlich der einzige Schriftsteller, der souverän genug ist, ein Buch mit seinen "Lieblingsflops" herauszubringen: lauter gescheiterten Projekten, die jeder andere lieber verschweigen würde statt sie auszustellen. Auch das zeugt von seiner Größe. Knut Cordsen porträtiert HME und spricht mit einigen Weggefährten wie Tilman Spengler, Irene Dische und Michael Krüger.