Bayern 2

     

radioWissen Nur nicht die Wahrheit!

Frau hebt die linke Handzum Schwur und kreuzt die  Finger der rechten Hand hinter dem Rücken | Bild: colourbox.com

Mittwoch, 10.02.2021
09:05 bis 10:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Selbstbetrug
Die Flucht vor dem wahren Ich

Die Ausrede
Philosophie des Ausweichens

Das Kalenderblatt
10.02.1942
Glenn Miller erhält goldene Schallplatte für "Chattanooga Choo Choo"
Von Markus Vanhoefer
Als Podcast und in der Bayern 2 App verfügbar

Selbstbetrug - Die Flucht vor dem wahren Ich
Autorin: Prisca Straub / Regie: Martin Trauner
„Erkenne Dich selbst!" - das müsste doch ganz einfach sein. Das eigene Ich zu ergründen, sollte eigentlich keine besondere Schwierigkeit darstellen, schließlich kennt niemand das eigene Wesen so gut wie man selbst. Und doch zeigt sich immer wieder: Selbsterkenntnis ist durchaus mühevoll. Und der antike griechische Philosoph Sokrates hielt sie sogar für mit das Anspruchvollste überhaupt. Er machte „Erkenne Dich selbst!" zu seinem Wahlspruch.
Warum Selbstreflexion so schwierig ist, das erforschen Psychologen, Neurologen, Hirn- und Verhaltensforscher. Sie ergründen das Netzwerk, das unsere Gedanken, Äußerungen und Gefühle bestimmt. Sie fragen nach dem Einfluss unbewusster Ich-Anteile und wollen wissen, warum wir - koste es, was es wolle - so beharrlich an unserem bewussten Selbstbild festhalten: Es scheint offenbar in unserer Natur zu liegen, Erinnerungen, Absichten und Wünsche zu filtern und so lange zu korrigieren, bis sie ein scheinbar rundes Bild ergeben.
Und dann gibt es noch Selbsttäuschungen der besonderen Art: Menschen, die beispielsweise behaupten, ihnen sei über Nacht ein kompletter Arm entfernt und an seiner statt ein fremder angenäht worden. Völlig unmöglich, die Patienten von ihrer Wahrnehmungsstörung zu überzeugen, denn sie spüren ja scheinbar unmissverständlich, dass sie Recht haben: „Dieser Arm ist wirklich nicht meiner!" Wer ist dieses Ich, dem der eigene Arm fremd werden kann?

Die Ausrede - Philosophie des Ausweichens
Autor: Rolf Cantzen / Regie: Christiane Klenz
Wenn Versprechen gebrochen, Abmachungen nicht eingehalten und Verbote missachtet werden, sind sie gefragt - Ausreden, und zwar möglichst glaubwürdige und / oder kreative. Ausreden erlauben uns, auszuweichen und uns einer direkten Konfrontation zu entziehen. Anthropologen geben zu bedenken, dass Menschen oft überfordert sind, die volle Verantwortung für ihre Taten zu übernehmen. Ein Ausweichen öffnet Spielräume für Verhandlungen. Mit der beliebten Ausrede: "Ich war es nicht, Schuld ist ein anderer" begann es bereits bei Adam und Eva im Paradies. Adam versucht sich herauszureden, indem er darauf verweist, dass er den verbotenen Apfel von Eva erhalten hat, Eva ihrerseits versichert: Die Schlange war es! Diese Ausrede ist die erste menschliche Rede überhaupt, von der in der Bibel berichtet wird. Kommunikationswissenschaftler meinen auch deshalb: Ausreden sind "Erzählungen", die nicht unwichtig sind für das menschliche Zusammenleben: Mit einer guten Ausrede können Zweifel gesät, Eindeutigkeiten beseitigt und eine differenzierte Sicht ermöglicht werden. Andererseits: Ausreden hindern uns selbst daran, Verantwortung für uns zu übernehmen.

Moderation: Gabi Gerlach
Redaktion: Bernhard Kastner

Unter dieser Adresse finden Sie die Manuskripte von radioWissen:
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