Bayern 2

     

Bayerisches Feuilleton Die Comic-Übersetzerin Erika Fuchs

Donald Duck | Bild: DISNEY/Egmont Ehapa Media/Egmont Comic Collection

Samstag, 12.03.2022
08:05 bis 09:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

"Dem Ingeniör ist nichts zu schwör"
Die Comic-Übersetzerin Erika Fuchs
Von Markus Metz und Georg Seeßlen

Wiederholung am Sonntag, 20.05 Uhr, Bayern 2
Diese Sendung hören Sie auch in der BR Radio App und ist als Podcast verfügbar.

Entenhausen - für die einen Ort der verlorenen Kindheit, für die anderen Vision unserer Zukunft. Klar ist, dass Erika Fuchs unser Bild von Entenhausen geprägt hat. Aus purem Zufall bekam die promovierte Kunsthistorikerin 1951 die Aufgabe, erstmals eine Ausgabe von "Micky Maus" ins Deutsche zu übertragen - um dann fast 40 Jahre lang die Sprechblasen von Disneys Entenhausenern auf höchst sprachartistische Weise zu füllen. Erika Fuchs verpasste Dagobert, Daisy, Donald und seinen Neffen jeweils eine spezielle, charakteristische Sprache, legte ihnen Goethe- und Schillerzitate in die Schnäbel und erfand die "Grübel! Ächz!"-Lautmalereien. Ihre Devise: Ein populäres Medium verdient eine sorgfältige Übersetzung, um das Interesse am Faszinosum Sprache zu wecken. Ihre korrekten Konjunktive und Genitive führten die deutsche Schmutz-und Schund-Kampagne gegen Comics ad absurdum. Ihre subversive (Um-)Deutung der Entenhausener Gesellschaft, z.B. die Rollen von Eltern und Kindern auf den Kopf zu stellen, half Generationen aufmüpfiger Jugendlicher durchs Leben.

Der Bild- und Sprach-Kosmos von Entenhausen ist dem vergleichbar, was Umberto Ecco das "offene Kunstwerk" genannt hat. Es ist offen für die Alltagserfahrungen und Zeiterscheinungen. Jede Mode, jede Verrücktheit unserer Zeit tauchte irgendwann einmal auch in Entenhausen auf. Und dieses Kunstwerk ist offen für das Wissen und das Erhabene, zum Beispiel aus der Literatur. 2001 erhielt Erika Fuchs den Sonderpreis zum Heimito von Doderer-Literaturpreis für ihren "Beitrag zur Entwicklung der deutschen Sprache". Im gleichen Jahr bekam sie auch den Roswitha-Preis der Stadt Gandersheim verliehen und steht damit in einer Reihe mit großen Autorinnen des 20. Jahrhunderts. Ihre Sprachschöpfungen sind allgegenwärtig: obwohl Erika Fuchs immer nur übersetzt hat, hat sie die Alltagssprache wohl mehr verändert als etwa die Preisträgerinnen Marie-Luise Kaschnitz oder Ilse Aichinger.

Im oberfränkischen Schwarzenbach an der Saale, wo sie fünf Jahrzehnte lebte, ist 2015 das "Erika Fuchs-Haus - Museum für Comic und Sprachkunst" eröffnet worden. Das Feature würdigt die Verdienste der Grande Dame der deutschen Comics, die 2005 im Alter von 98 Jahren in München starb.

BR 2016

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